Politik

"Pass bei Geburt" – das steckt hinter der SPÖ-Idee

Soll automatisch Österreicher sein, wer hierzulande geboren wird? Der Antrag der SPÖ-Frauen wird hitzig debattiert. Diese Fakten müssen Sie kennen.

Heute Redaktion
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Mit ihrer Forderung haben die SPÖ-Frauen in ein Wespennest gestochen: Geht es nach ihnen, sollen Kinder, die in Österreich geboren wurden, automatisch Anrecht auf die Staatsbürgerschaft haben. Dies, sofern ihre Eltern davor mindestens fünf Jahre im Land gelebt haben.

Sofort hagelte es Kritik: ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer bezeichnete die Idee am Samstag in einer Aussendung als "linkspopulistisch". Und die FPÖ ließ verlauten: „Die österreichische Staatbürgerschaft ist kein Diskontartikel." Das müssen Sie über die umstrittene Forderung wissen:

Wie kommen die SPÖ-Frauen auf die Idee?

Ursprünglich hatten die Sozialistische Jugend, der Verband sozialistischer Student_innen und die Junge Generation der SPÖ den Antrag eingebracht. Sie argumentieren, jedes Jahr kämen in Österreich rund 10.000 Kinder ausländischer Eltern zur Welt. Diese würden "von Anfang an als AusländerInnen stigmatisiert und ausgegrenzt". Dies wollen die Jungsozialisten und die SPÖ-Frauen nun mit dem Antrag ändern.

Gibt es Länder, die eine solche Regelung kennen?

Ja, Fachleute sprechen in dem Fall von einem "ius soli", also einem Geburtsortprinzip. Prominentestes Beispiel sind die Vereinigten Staaten von Amerika: Der 14. Zusatzartikel zur Verfassung regelt, dass alle in den USA geborenen Personen US-Staatsbürger sind. Auch Kinder, die auf kanadischem Boden zur Welt kommen, erhalten in der Regel automatisch die Staatsbürgerschaft.

In einer abgespeckten Version kennen auch andere Staaten eine solche Regelung. So wird in Frankreich und den Niederlanden die 3. Generation von Ausländern automatisch eingebürgert. In Portugal und Großbritannien werden Kindern zu Staatsbürgern, sofern der ständige Wohnsitz der Eltern im Land liegt.

Und auch Deutschland werden Kinder seit dem Jahr 2000 unter bestimmten Voraussetzungen bei der Geburt automatisch Deutsche. So muss sich ein Elternteil vor der Geburt des Kindes etwa seit mindestens acht Jahren in Deutschland aufgehalten haben und dort ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzen. Spezielle Regeln gelten zudem für Doppelbürger.

Welche Argumente sprechen für das Modell?

Ein häufiges Argument ist die politische Mitbestimmung: In Österreich nehme die Zahl der Menschen, die nicht wählen können, Jahr für Jahr zu, heißt es im Antrag der Sozialistischen Jugend. In Wien könne bereits über ein Viertel der Bevölkerung nicht mehr am demokratischen Prozess teilnehmen. Politische Mitbestimmung sei jedoch eine "Grundvoraussetzung für gelungene Integration".

Weiter verweisen die Autoren des Antrags auch darauf, dass die Hürden für eine Einbürgerung hoch seien. Finanziell könnten sich Arbeiterfamilien oder Alleinerziehende das Verfahren oft kaum leisten.

Und was führen die Gegner ins Feld?

Sie verweisen auf den Wert der österreichischen Staatsbürgerschaft. "Wenn die SPÖ die Staatsbürgerschaft quasi verschenken will, dann weiß man, wohin der Weg dieser Partei in den nächsten Jahren gehen wird", lässt sich FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky in einer Aussendung zitieren. Die österreichische Staatsbürgerschaft sei für die FPÖ "von besonderer Bedeutung und wird das auch immer bleiben".

Auch die "Heute"-Leser zeigen sich in einer nicht repräsentativen Kurzumfrage skeptisch. 51 Prozent lehnen den Vorschlag ab, 33 Prozent sind dafür. Die restlichen 16 Prozent können sich eine solche Regelung dann vorstellen, wenn die Eltern des Kindes schon lange im Land leben (Stand Sonntagabend, 1788 Teilnehmer). (red)