Coronavirus

Dieser Frau verdanken wir den Corona-Impfstoff

Die Biontech-Gründer gelten als Eltern des ersten offiziell zugelassenen Corona-Impfstoffes. Doch ohne Katalin Karikó wäre es nicht möglich gewesen.

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Katalin Karikó – diesen Namen sollten wir uns merken. Sie ist die Forscherin, die mit ihrer jahrzehntelangen Arbeit den Weg für die Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna ebnete.
Katalin Karikó – diesen Namen sollten wir uns merken. Sie ist die Forscherin, die mit ihrer jahrzehntelangen Arbeit den Weg für die Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna ebnete.
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Egal wie hart der Gegenwind ist, der einem ins Gesicht bläst: Es lohnt sich, für seine Überzeugungen zu kämpfen. Das beweist der Fall der ungarischen Biochemikerin Katalin Karikó. Denn nur dank ihrer jahrzehntelangen harten Arbeit, Ausdauer und Unbeirrtheit können nun – knapp zwölf Monate nach dem ersten Auftreten des Coronavirus Sars-CoV-2 – die ersten Menschen dagegen geimpft werden, was als wichtiger Beitrag für die Beendigung der Pandemie gewertet wird.

Während ihr Name der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist, wird sie von ihresgleichen bereits für ihre Leistung gefeiert. "Karikó ist ein Superstar", urteilte etwa Neurochirurg David Langer kürzlich auf Twitter. Immunologe Drew Weissman, mit dem sie im Jahr 2005 einen wichtigen Durchbruch erzielte, bezeichnete sie in einem Interview als "brillante Wissenschaftlerin". Und Derrick Rossi, Mitbegründer der US-Biotechfirma Moderna, schlug sie – zusammen mit Weissman – sogar für den Nobelpreis für Chemie vor.

So viel Begeisterung und Aufmerksamkeit ist neu für die Biochemikern, wie sie kürzlich der Nachrichtenagentur AFP erzählte: "Das ist einfach unglaublich." Schließlich habe sie in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur im stillen Kämmerlein gearbeitet, sondern sei auch immer wieder mit Zweifeln konfrontiert worden: Ihre Idee war schlichtweg zu revolutionär.

Von Anfang an ein steiniger Weg

Schon früh hatte sich die Tochter eines Metzgers der Erforschung von Ribonukleinsäure (RNA) gewidmet, zunächst noch in ihrem Heimatland Ungarn, ab 1985 in den USA. Dorthin war sie auf Einladung der Temple University in Philadelphia ausgewandert. Im Gepäck: Ihr Mann, die 2-jährige Tochter und einen Teddybär, in den 900 Dollar eingenäht waren – ihr ganzes Startkapital für Amerika, das aus dem Verkauf des Autos stammte.

Die Ribonukleinsäure, ein Biomolekül, sorgt in unseren Zellen als Boten-RNA (mRNA) dafür, dass genetische Information der DNA in Proteine umgewandelt wird. Im Jahr 1989 erkannte Karikó schließlich, dass man mit künstlich hergestellter mRNA Krankheiten behandeln könnte. "Ich hatte nie Zweifel daran, dass es funktionieren könnte", so die heute 65-Jährige zu TheGuardian.com.

Probleme, Lösungen und eine Kündigung

Diese hatten dafür viele andere. Denn es gab ein großes Problem. Die synthetisierte mRNA sorgte im Körper für Entzündungsreaktionen, was sie für den therapeutischen Einsatz ausschloss. Doch Karikó, die oft tagelang durcharbeitete und im Labor übernachtete, gab nicht auf. Gemeinsam mit Weissman, der heute so lobende Worte für sie findet, gelang es ihr schließlich im Jahr 2005, das Problem zu lösen. Trotzdem fand die Entdeckung zunächst nur wenig Beachtung.

Noch nicht einmal an der University of Pennsylvania war man sich ihrer Brisanz bewusst: Statt Karikós Stelle als Research Assistant Professor zu verlängern, stufte man sie auf eine befristete Postdoc-Stelle zurück und kündigte ihr schließlich ganz. "Sie war definitiv enttäuscht über die Ablehnung und auch irritiert, dass andere nicht erkannten, dass die mRNA-Technologie die Medizin revolutionieren könnte", sagt Karikós Tochter, Zsuzsanna "Susan" Francia zu "20 Minuten".

Erneut den richtigen Riecher

Von den Rückschlägen hat sich die Biochemikerin jedoch nicht entmutigen lassen, so Francia weiter: "Sie wechselte von der Forschung in die Industrie – und auf einmal öffneten sich viele Türen für sie. Das war sehr aufregend für sie." Unter anderem fiel die heute als bahnbrechend anerkannte Arbeit von Weissman und Karikó aus dem Jahr 2005 besagtem Derrick Rossi in die Hände, der daraufhin 2010 in Cambridge (US-Bundesstaat Massachusetts) Moderna gründete.

Obwohl die Firma auch um Karikó selbst buhlte, entschied sich die Biochemikern im Jahr 2013 zum von Ugur Sahin und Özlem Türeci gegründeten Konkurrenzunternehmen Biontech im deutschen Mainz zu wechseln, dessen Senior-Vizepräsidentin sie heute ist. Und das, obwohl die Firma damals noch nicht einmal eine eigene Webseite hatte. Doch offensichtlich hat Karikó auch dieses Mal den richtigen Riecher bewiesen: Schließlich erhielt der Corona-Impfstoff von Biontech, der wie der von Moderna, maßgeblich auf der Forschung von Karikó basiert, als erster eine offizielle Zulassung.

"Ich bin stolz, aber nicht überrascht"

Punkto Bekanntheit hatte bislang Katalin Karikós Tochter Zsuzsanna "Susan" Francia die Nase vorn, die als Ruderin 2008 in Peking und 2012 in London Olympische Goldmedaillen sowie fünf Weltmeistertitel für die USA gewann. Dass ihre Mutter nun Aufmerksamkeit für ihre jahrzehntelange Forschung bekommt, freut sie sehr.

Frau Francia, wie haben Sie Ihre Mutter als Kind erlebt?

"Sowohl sie als auch mein Vater haben mit den Wert von harter Arbeit und Ausdauer vermittelt. Dabei waren sie auch ziemlich streng, vor allem was die Schule anging. Das war nicht immer einfach, aber genau richtig. Es hat mich gelehrt, um Dinge zu kämpfen. Außerdem hat mich meine Mutter stets ermutigt, das zu tun, was mich interessiert, sodass die Arbeit sich nicht wie Arbeit anfühlte. Das war wahrscheinlich die wichtigste Lektion."

Haben Sie damit gerechnet, dass die Arbeit ihrer Mutter das Potenzial hat, die Welt zu verändern?

"Ich hatte keine Ahnung. Mein Vater und ich haben zwar immer zustimmend genickt, wenn sie uns davon erzählte. Aber das wirkliche Ausmaß war uns nicht bewusst. Heute bin ich stolz, aber nicht wirklich überrascht. Sie war immer so überzeugt davon, dass mRNA einmal als Therapeutikum oder Impfstoff genutzt werden konnte, dass ich gar nicht anders konnte als ihr zu glauben. Und sie hat Recht behalten."

Wie hat Ihre Mutter reagiert, als sich herausstellte, dass BNT162b2 hochwirksam ist und die Zulassung erhält?

"Das weiß ich nicht. Sie konnte erst mit uns darüber sprechen, als es schon offiziell bekannt war. Vorher unterlag alles strengster Geheimhaltung. Aber dann rief sie mich an und war ganz aufgeregt: 'Schau dir das an! Schau dir die Ergebnisse an!' Für mich war die Phase schwierig, weil ich zu der Zeit meine Hochzeit plante und eigentlich nur wollte, dass sie sich für mein Kleid und die Blumen begeisterte. Aber im Nachhinein verstehe ich natürlich, dass sie abgelenkt war, weil sie schon wusste, welche globalen Auswirkungen die Studienergebnisse haben würde."

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