Gesundheit

Dieses Virus verursacht die meisten Geburtsfehler

Infektionen mit dem Zytomegalievirus sind für die meisten Menschen ungefährlich und verlaufen unbemerkt. Ungeborene können jedoch schwer erkranken.

Sabine Primes
Das Zytomegalievirus verursacht mehr Geburtsfehler und Behinderungen bei Kindern als jede andere Infektionskrankheit. (Symbolbild)
Das Zytomegalievirus verursacht mehr Geburtsfehler und Behinderungen bei Kindern als jede andere Infektionskrankheit. (Symbolbild)
Getty Images/iStockphoto

Die zweite Tochter von US-Amerikanerin Megan Nix, Anna, wurde 2015 nach einer scheinbar komplikationslosen Schwangerschaft geboren. Jedoch war das Baby sehr klein und fiel bei den Hörtests für Neugeborene durch. Als Annas Kinderarzt sagte, er wolle sie auf eine angeborene CMV testen, war Nix erstaunt. Sie hatte noch nie davon gehört. Sie war verblüfft, als sie erfuhr, dass CMV – oder Zytomegalievirus – ein weit verbreitetes Virus ist, das hoch ansteckend ist.

Das Zytomegalievirus gehört zur Familie der Herpesviren. Nach der ersten Infektion bleibt das Virus lebenslang im Körper. Es "ruht" in Körperzellen und kann unter bestimmten Umständen wieder aktiv werden und sich vermehren. Bei Personen mit einem gesunden Immunsystem verläuft die Infektion mit CMV meist ohne Erkrankung. Die Erstinfektion mit dem CMV erfolgt häufig schon im Kindesalter, sie kann aber in jedem Alter auftreten.
Eine Infektion kann im Labor entweder direkt durch den Nachweis des Virus, dessen Bestandteile oder seiner Erbsubstanz oder aber indirekt durch den Nachweis von Antikörpern festgestellt werden.

Zytomegalievirus

Das Virus kann in Tränenflüssigkeit, Speichel, Urin, Genitalsekret sowie Muttermilch und Blut enthalten sein. Somit kann das Virus bei Kontakt mit infektiösen Körperflüssigkeiten z.B. durch Stillen, Küssen, Wickeln, Sexualkontakte, aber auch durch Blutkonserven und Organtransplantate übertragen werden. Während der Stillperiode wird CMV von nahezu allen seropositiven Frauen mit der Milch ausgeschieden und geht mit einer Häufigkeit von etwa 35 Prozent auf die Kinder über.

Insbesondere bei der Erstinfektion, aber auch bei einer Virus-Reaktivierung während der Schwangerschaft kann die werdende Mutter das CMV auf ihr Ungeborenes übertragen. Diese Gefahr besteht vor allem im ersten Drittel der Schwangerschaft. Nach der Geburt kann sich CMV auf unterschiedlichste Weise bemerkbar machen: Taubheit, Blindheit, zerebrale Lähmung, Entwicklungsverzögerungen, Epilepsie, Lungenerkrankungen, Autismus und sogar Tod. Einige dieser Symptome können erst nach Jahren auftreten und werden nie auf CMV zurückgeführt. Dieses eine Virus verursacht mehr Geburtsfehler und Behinderungen bei Kindern als jede andere Infektionskrankheit.

Meist symptomlos, aber nicht immer

In etwa 40 Prozent der Fälle wird bei einer Primärinfektion während der Schwangerschaft auch das ungeborene Kind infiziert. In den meisten Fällen bleibt diese Infektion symptomlos, jedoch sind in etwa 10 Prozent der Fälle mit Komplikationen beim Kind zu rechnen. Dabei können unter anderem Hörschäden, geringes Geburtsgewicht, Leber-Milz-Vergrößerung, Gerinnungsstörungen, abnorm kleiner Kopf, Einblutungen in den Hirnkammern, Netzhautentzündung, Gelbsucht sowie geistige oder körperliche Behinderungen auftreten.

Vielen unbekannt

Und doch wissen viele nicht einmal, dass es existiert. "Die Enthüllung, dass CMV so schädlich ist und so totgeschwiegen wird, hat mich schockiert", sagt Nix gegenüber "The New York Post". Ihre Erfahrungen mit ihrer gehandicapten Tochter hat sie in einem Buch niedergeschrieben.

Hygienemaßnahmen

Hygienemaßnahmen können das Risiko einer Erstinfektion mit CMV in der Schwangerschaft senken. Besonders für Frauen, die beruflich viel Kontakt mit Kindern haben.

- Gründliches und häufiges Händewaschen, vor allem nach dem Wechseln von Windeln, dem Waschen, dem Füttern, dem Tränenabwischen, dem Naseputzen von Kindern und dem Kontakt mit Spielzeug, das von Kindern in den Mund genommen wurde
- Gegenstände und Oberflächen reinigen, die mit Urin und Speichel von Kleinkindern in Kontakt gekommen sind
- Säuglinge und Kleinkinder nicht auf Mund und Wangen küssen  
- Geschirr, Besteck, Handtücher und Waschlappen nicht gemeinsam mit anderen Personen benutzen