Politik

Doppelpässe: "Verstehen die Reaktion von Strache"

Heute Redaktion
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Birol Kilic ist der Obmann der Türkischen Kulturgemeinde (Denkfabrik - Thinktank) in Österreich.
Birol Kilic ist der Obmann der Türkischen Kulturgemeinde (Denkfabrik - Thinktank) in Österreich.
Bild: Türkische Kulturgemeinde Österreich

Vizekanzler Strache will Türken in Zukunft die Staatsbürgerschaft kategorisch verwehren. Ein Vorstoß, den auch der Obmann der Türkischen Kulturgemeinde nachvollziehen kann.

In der Causa Doppelstaatsbürgerschaften haben sich in den vergangenen Tagen die Ereignisse überschlagen: Am Montag hatte der Verfassungsgerichtshof (VfGh) entschieden, dass die von der FPÖ eingereichte "Wählerevidenzliste" nicht als alleiniges Beweismittel für den Entzug der österreichischen Staatsbürgerschaft ausreichen kann. Zuvor war diese schon 85 angeblichen Doppelstaatsbürgern aberkannt worden, in rund 100 weiteren Fällen ist der Rechtsweg noch offen.

Während die Stadt Wien umgehend ankündigte, alle Verfahren zugunsten der Betroffenen einzustellen, hält die FPÖ daran fest, dass die Liste "authentisch" sei. FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache legte am Dienstag sogar noch nach: er will Türken vorerst keine österreichische Staatsbürgerschaften mehr verleihen.

Aber was sagen eigentlich die in Österreich lebenden Türken dazu? "Heute.at" hat mit dem Obmann der Türkischen Kulturgemeinde (Anm. der Redaktion: Denkfabrik - Thinktank), Birol Kilic, gesprochen.

Herr Kilic, Vizekanzler Strache will türkischen Staatsbürgern vorerst keine österreichische Staatsbürgerschaft mehr gewähren – "Heute.at" berichtete. Wie nimmt die Türkische Kulturgemeinde so einen Vorstoß auf?

Birol Kilic: Wir verstehen, warum Vizekanzler Strache so reagiert. Davor haben wir als TKG vor Jahren eindringlich gewarnt, weil wir erkannt haben, wohin dieser Weg führen wird. Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Institutionen, Behörden und Politiker hier eine große Verantwortung für die in Österreich lebenden Menschen haben. Hier sollte man als Rechtsstaat, die Spreu vom Weizen – wie der Johannes der Täufer nach einem Bibelzitat von Mattheus gesagt hat – unbedingt trennen. Gott sei Dank leben wir in einem Rechtstaat, wo die Gewaltentrennung hoch steht.

Zahlreichen Personen mit türkischen Wurzeln wurde mit Verweis auf eine FPÖ-Liste die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt. Haben sich Betroffene bei Ihnen gemeldet?

Ja. Es handelt sich zwar nicht um Mitglieder der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich, aber wir haben sehr viele Anrufe bekommen und Gespräche mit Betroffen geführt.

Von wie vielen Fällen sprechen wir?

Bis jetzt sind es 47 Fälle.

Und was haben Sie diesen Menschen geraten?

Ich habe Ihnen gesagt: "Haben Sie Vertrauen in den freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat Österreich und seine Höchstgerichte".

Der Verfassungsgerichtshof hat die Ausbürgerung eines Österreichers mit türkischen Wurzeln gestoppt. Was bedeutet das für Austro-Türken, die auf der umstrittenen FPÖ-Liste stehen?

Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs bezieht sich zwar auf einen Einzelfall, dürfte aber eine Präzedenzwirkung haben, also zum Maßstab für andere ähnliche Fälle genommen werden. Wir respektieren diesen Entscheid des Verfassungsgerichtshofes sehr.

Hat die Regierung vorschnell gehandelt, indem sie mutmaßlichen türkischen Doppelstaatsbürgern den österreichischen Pass entzogen hat?

Das war vermutlich eine emotionale Ursache-Wirkung-Handlung. Denn das letzte Referendum sowie die Präsidenten- und Parlamentswahlen in der Türkei haben leider de facto auch in Österreich unnötig Emotionen geschürt. Fast entstand der Eindruck, als ob Österreich ein Hinterland der türkischen Parteien wäre. Ich denke etwa an die ziemlich unnötigen Pro-Erdogan-Demonstrationen auf Wiener Straßen. Wir haben hier immer gewarnt und viele geben uns jetzt Recht.

Das Hauptproblem ist aus Ihrer Sicht also, dass Erdogans Männer in Österreich Wahlkampf gemacht haben?

Ich sage nur: Es ist etwas sehr Wertvolles, ein Bürger der Republik Österreich zu sein. Deswegen sollten Menschen aus der Türkei ihre Politik nicht nach Österreich importieren. Wir erwarten, dass man bei künftigen Wahlen die Türken in Österreich in Ruhe lässt.

Und wie lautet Ihre Botschaft an die FPÖ? Die Partei bleibt ja dabei: Ihre Liste mit den angeblichen österreichisch-türkischen Doppelstaatsbürgern sei authentisch.

Wir wünschen der FPÖ und ihren Vertreter jetzt frohe Weihnachten und vor allem ein gesundes und glückliches Neues Jahr 2019. Es erwartet uns alle ein sehr schwieriges Jahr 2019 – im Inland, aber auch in Südosteuropa beziehungsweise im Nahen Osten. Als Demokraten wünschen wir uns Frieden im Land und Frieden auf der Welt, wie der Atatürk gesagt hat. Und vor allem Frieden, Erfolg und das Beste für unsere Heimat Österreich.

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