Politik

"Meinen Rücktritt zu fordern, ist mehr als skurril"

Nach einem emotionalen Rundumschlag geriet Hans Peter Doskozil im Commerzialbank-Skandal selbst ins Kreuzfeuer der Kritik. Nun spricht er mit "Heute".

Clemens Oistric
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"Heute": Herr Landeshauptmann, wo haben Sie eigentlich Ihr Konto?
Hans Peter Doskozil: Schon seit meiner Polizeizeit bei einem anderen Institut als der Commerzialbank – ich habe keine privaten Kontoverbindungen und Geschäftsbeziehungen dorthin.

Berührt es Sie, wenn Sparer Ihr Geld verlieren?  
Natürlich. Was hier passiert ist, ist eine riesen Sauerei. Mehr noch: Ein Verbrechen. Am Tag nach der Pleite hat mich ein Geschädigter angerufen und unter Tränen gesagt, dass sein ganzes Erspartes weg sei. Wir werden sämtliche juristischen Anstrengungen unternehmen, damit im Rahmen der Amtshaftung hier das eine oder andere Leid gelindert werden kann.

Warum legen Sie Ihre Handydaten nicht offen, um zu beweisen, dass Sie über die Pleite nicht vorinformiert waren?  
Es hat am Nachmittag des 14. Juli Gerüchte gegeben, dass Martin Puchers Frau Verwandte und Bekannte informiert hat. Das ist auch zu uns gedrungen – ohne allerdings zu wissen, was hinter den Kulissen tatsächlich los ist. Ich persönlich wurde dann vor 18.45 Uhr von der Finanzmarktaufsicht informiert. Ich habe zu keinem Zeitpunkt irgendein Telefonat geführt, das den Hintergrund hatte, Geld aus der Bank abzuziehen.

Ihr erster Gedanke?
Wie hoch sind die Einlagensicherungen, was bedeutet das für die Sparer, welche Unternehmen werden in Schieflage kommen – und wie viele Arbeitsplätze sind gefährdet.

Hans Peter Doskozil im Gespräch mit <em>"heute.at"</em>-Chefredakteur Clemens Oistric<br>
Hans Peter Doskozil im Gespräch mit "heute.at"-Chefredakteur Clemens Oistric
Denise Auer

Und welcher Gedanke kommt Ihnen beim Namen Martin Pucher, dem langjährigen Chef der Commerzialbank?
Wie kann man sich in einem Menschen so täuschen? Ich habe Martin Pucher gegenüber jede Achtung verloren. Ich hoffe, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft diese Causa lückenlos aufklären kann. Wie kann es sein, dass offensichtlich in einer gewissen Dimension Geldwäsche betrieben worden ist? Da gibt es bereits ein Geständnis eines Aufsichtsratsmitgliedes. Warum ist es so, dass Martin Pucher persönlich – glaube ich – weit über 30 Konten besitzt, die gar nicht Konten der Commerzialbank sind? Wir reden da jetzt von einem einem 700 Millionen Euro umfassenden bilanziellen Schaden. Der Masseverwalter muss jetzt klären, wie hoch der tatsächliche monetäre Schaden ist.

Rendi-Wagner hat Ihnen zum Krisenmanagement gratuliert. Hat sie Ihnen auch Unterstützung zugesagt?
Ich bin in keiner Krise, ich brauche daher auch keine Unterstützung. Aus meiner Sicht ist es eine Krise der Bankenaufsicht und der gesamten staatlichen Kontrolle. Das ist nicht die erste Bankenpleite. Ich frage mich also: Wann lernt man endlich daraus und stellt sicher, dass so etwas nicht mehr passiert?

Haben Sie sich mit Pamela Rendi-Wagner über die weitere Vorgehensweise abgesprochen?
Pamela Rendi-Wagner und ich tauschen uns regelmäßig aus, aber ich brauche in dieser Situation sicherlich keine Zurufe von außen. Ich weiß ganz genau, wie ich diese Situation bewältigen muss, welche Dinge aus meiner Sicht notwendig sind und was zu tun ist.

Hans Peter Doskozil: "Ich habe in meinem Leben schon viel durchgestanden …"<br>
Hans Peter Doskozil: "Ich habe in meinem Leben schon viel durchgestanden …"
Denise Auer

"Keine Krise" – Ihr Rücktritt wurde gefordert …
Das ist mehr als skurril. Wir haben die absolute Mehrheit errungen. Aber gut: Das ist ein politisches Spiel, die Menschen sehen, wer für den Skandal verantwortlich ist – das ist sicher nicht der Landeshauptmann.

Sie stehen das also durch?
Mit Sicherheit. Ich habe im Leben schon sehr viel durchgestanden. Ich darf daran erinnern, dass ich als Polizeidirektor auch ohne großartige Unterstützung des Innenministeriums sieben Wochen an der Grenze in Nickelsdorf gestanden bin. Ich habe auch schon parteiinterne Konfrontationen gehabt – mir wurde schon sehr viel vorgeworfen. Ich stehe das durch.

Apropos "parteiinterne Konfrontationen": Würden Sie sagen, dass Sie Ihrer Vorsitzenden Rendi-Wagner gegenüber loyal sind?
Natürlich. Zu sagen, wir dürfen mit 17/18/19 Prozent nicht zufrieden sein, bedeutet doch nicht, illoyal zu sein.

Hans Peter Doskozil übt regelmäßig öffentlich Kritik an der Bundespartei-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner.
Hans Peter Doskozil übt regelmäßig öffentlich Kritik an der Bundespartei-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner.
Picturedesk

Ist ein bundespolitisches Engagement nach den Erkenntnissen der letzten Wochen für Sie eigentlich näher oder weiter in die Ferne gerückt?
Die Diskussionen der letzten Wochen hatten nicht den Hintergrund, bundespolitisch tätig zu werden, sondern auf die Themensetzung hinzuweisen. Die hat im Burgenland nämlich gezeigt, dass wir am Puls der Zeit sind. Pflegende Angehörige in Anstellung zu bringen, der Mindestlohn, Gratis-Kindergarten, Arbeitsplätze abzusichern – dafür gibt es die Sozialdemokratie. Das Wesen der Sozialdemokratie ist es meiner Meinung nach, sich um die Menschen zu kümmern. Mir ging es darum, darauf explizit hinzuweisen, den Finger in die Wunde zu legen, auch, wenn natürlich klar ist, dass ein Mindeslohn nicht im Interesse der ÖVP oder der Wirtschaft ist. In Österreich geht es immer um das Geld.

Muss man inhaltliche Debatten öffentlich führen?
Ja. Wenn die Bevölkerung nicht sieht, um welche Meinung die Sozialdemokratie ringt, dann verlieren wir das Antlitz. Man muss nicht immer einer Meinung sein, die Menschen kapieren durchaus, dass es auch bei Politikern menschlich zugeht.

Also keine Ablöse?
Ich halte mein Versprechen, im Burgenland zu bleiben, ein. Was ich in zehn Jahren machen werden oder wofür ich zur Verfügung stehe, das kann ich heute nicht beantworten. Ich habe mich in meinem Berufsleben immer den Herausforderungen gestellt, die gekommen sind.

"Ich halte mein Versprechen, im Burgenland zu bleiben, ein."
Hans Peter Doskozil stellt in seinem Eisenstädter Büro klar: "Ich bleibe im Burgenland!"<br>
Hans Peter Doskozil stellt in seinem Eisenstädter Büro klar: "Ich bleibe im Burgenland!"
Denise Auer

Wie hat sich der Stress der letzten Wochen auf Ihre Gesundheit ausgewirkt. Sie wirkten Dienstagabend in der ZiB 2 stimmlich etwas angeschlagen.
Mir geht's an und für sich sehr gut. In der ZiB 2 habe ich mich kurz verschluckt, bin dann aber sofort wieder in meinen gewohnten Takt gekommen. Das war eigentlich kein Problem und mir geht es persönlich sukzessive besser, wenngleich ich natürlich noch laufend Logopädie und Stimmtraining betreiben muss.

"Die Hochzeit holen wir spätestens nächstes Jahr nach."
Hans Peter Doskozil mit seiner Verlobten Julia Jurtschak<br>
Hans Peter Doskozil mit seiner Verlobten Julia Jurtschak
Denise Auer

Der dritte Eingriff im März hat also eine Linderung Ihrer Stimmband-Problematik erbracht?
Die OP hat eine merkliche Verbesserung gebracht, ja.

Gehen Sie trotz Bankenkrise auf Urlaub?
Ja, natürlich, es ist auch ganz wichtig, dass man einen gewissen Abstand gewinnt. Wir werden zur Familie meiner Verlobten nach Deutschland fahren, der traditionelle Kroatien-Urlaub ist heuer nicht angebracht.

Und die Hochzeit, die Sie am Höhepunkt der Corona-Krise absagen mussten?
Die holen wir spätestens nächstes Jahr nach. Es wird jetzt an einer Terminfindung gearbeitet, wir werden das höchstwahrscheinlich in den nächsten ein bis zwei Monaten entscheiden. Ich möchte noch ein bisschen abwarten, wie sich im Herbst/Winter die Corona-Thematik entwickelt.

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