Politik

Doskozil: "schleichende Islamisierung am Balkan"

SPÖ-Verteidigungsminister Doskozil warnt, dass die Türkei und Saudi-Arabien ihren Einfluss in den Balkanstaaten ausbauen.

Heute Redaktion
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SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil warnt vor schleichender Islamisierung am Balkan.
SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil warnt vor schleichender Islamisierung am Balkan.
Bild: Helmut Graf

Der Einfluss der EU in den Balkanstaaten schwindet, warnt Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil im Interview mit der deutschen Tageszeitung "Welt". Dagegen würden die Türkei und Saudi-Arabien ihren Einfluss in Albanien, dem Kosovo und Serbien weiter ausbauen und dabei eine "schleichende Islamisierung" vorantreiben.

"Es wäre wegen dieser Entwicklung aus meiner Sicht nicht vertretbar, dass die Türkei im Rahmen von Nato-Einsätzen demnächst möglicherweise immer mehr Truppen am Balkan stellen wird", sagte Doskozil.

Türkei will Österreich bei Balkan-Einsätzen ersetzen

Österreich ist derzeit im Rahmen der sogenannten Partnerschaft für den Frieden mit etwa 700 Soldaten in Nato-Einsätzen auf dem Balkan vertreten. Da Ankara aber wegen Kritik aus Wien an der Politik Erdogans eine weitere Teilnahme Österreichs an den Partnerschaftsprogrammen blockiert, könnte die Zahl langfristig zurückgehen. Es gibt Hinweise, dass die Türkei versuchen könnte, diese Lücke zu füllen.

Großzügige Moschee-Renovierungen

Die Türkei versucht mit der großzügigen Renovierung zum Teil kriegszerstörter Moscheen in den Städten Banja Luka und Sarajevo (Bosnien), Prizren und Pristina (Kosovo) oder als Großinvestor in verarmten Landstrichen Bosniens und Südserbiens, seinen politischen Einfluss auszubauen.

Im Kosovo sind türkische Unternehmen im Nahrungsmittelbereich, beim Straßenbau und im Energiesektor stark vertreten. In Albanien weitet sich der türkische Einfluss ebenfalls aus. Auch Saudi-Arabien finanziert in Balkanstaaten großzügig Moscheen und Islamzentren.

Stillstand bei Beitrittsverhandlungen

Das schwindende Gewicht der EU am Balkan hängt im Gegenzug damit zusammen, dass die Beitrittsverhandlungen nur zäh oder gar nicht vorankommen. Andererseits verweist Brüssel immer wieder darauf, dass die Balkanstaaten Korruption stärker bekämpfen und glaubwürdige Reformen durchführen müssten.

das Engagement der Europäer spielt im Bewusstsein der dortigen Bevölkerungen offenbar keine große Rolle. In Serbien ist die EU beispielsweise mit Finanzhilfen von rund 1,5 Milliarden Euro bis 2020 mit Abstand der größte Geldgeber, um Reformen und wirtschaftliche Projekte zu fördern. Dennoch werden Russland und die Türkei als wichtigste Unterstützer des Landes wahrgenommen. (hos)