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Dramatischster Atomunfall Europas vertuscht?

Heute Redaktion
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Als es 2014 im französischen AKW Fessenheim zu einer Überschwemmung kam, stellte die Betreiberfirma das Ereignis als harmlos dar. Nach Recherchen von WDR und "Süddeutscher Zeitung" könnte es einer der dramatischsten AKW-Unfälle in Westeuropa gewesen sein.

Als es 2014 im französischen AKW Fessenheim zu einer Überschwemmung kam, stellte die Betreiberfirma das Ereignis als harmlos dar. Nach Recherchen von WDR und "Süddeutscher Zeitung" könnte es einer der dramatischsten AKW-Unfälle in Westeuropa gewesen sein.

 
Am 9. April 2014 um 17 Uhr meldeten Alarmsignale im Reaktorblock 1 in Fessenheim: Wassereinbruch auf mehreren Ebenen, Defekte an elektrischen Isolierungen, Ausfall eines der beiden Systeme zur Reaktorschnellabschaltung. Der Versuch, den Reaktor ordnungsgemäß herunterzufahren, scheitert - die Steuerstäbe lassen sich nicht bewegen.

Betroffen war der Reaktor-Kern, also die Zentrale der Anlage, so ein Sachverständiger, der jahrzehntelang für die Sicherheit im Reaktor zuständig war. In einem Brief der französische Atomaufsicht wenige Tage nach dem Unfall an die Leitung des Kraftwerks heißt es, dass für etwa drei Minuten die Temperatur im Reaktorkern aus dem Ruder gelaufen sei. Die Mannschaft habe in diesem Moment den Reaktor quasi blind gefahren.

Keine Informationen

Ein eiligst einberufener Krisenstab entschied: Um den Reaktor herunterzufahren, wurde Bor in den Reaktorbehälter geleert. Sowohl die französische Atomaufsichtsbehörde ASN als auch die Betreiberfirma EDF haben seinerzeit die ganze Dramatik der Ereignisse vom 9. April 2014 der Öffentlichkeit vorenthalten. Der Ausfall der Steuerstäbe und die so genannte "Notborierung" wurden nicht einmal der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien mitgeteilt.

Die deutschen Grünen fordern jetzt: Dieser Schrottreaktor gehört abgeschaltet.

Das Kernkraftwerk Fessenheim ist laut Wikipedia das älteste und leistungsschwächste noch in Betrieb befindliche französische Kernkraftwerk. Seine zwei Druckwasserreaktoren leisten zusammen 1760 MW (netto). Seit Inbetriebnahme wurden über 350 TWh elektrischer Energie erzeugt (Stand 2010).

2012 kündigte der französische Staatspräsident François Hollande an, das Kernkraftwerk solle Ende 2016 stillgelegt werden. Im Herbst 2012 benannte er einen „Stilllegungsbeauftragten“.

2015 bezeichnete Ségolène Royal, Umweltministerin im Kabinett Valls II, es als Ziel, Fessenheim 2017 zu schließen.