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Dringt 5G-Strahlung in unsere Körper ein?

Der Mobilfunkstandard 5G ist umstritten. Zum Thema existieren einerseits berechtigte Ängste, aber auch wilde Befürchtungen. Die Antworten.

Heute Redaktion
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Was ist 5G überhaupt?

5G ist der Nachfolger von 4G. Mit dem neuen Mobilfunkstandard können Daten bis zu 100-mal schneller als mit 4G gesendet werden. Dank einer verringerten Reaktionszeit können Prozesse in Echtzeit aus der Ferne gesteuert werden. Das macht neue Technologien wie etwa selbstfahrende Autos in der Zukunft erst möglich.

In welchen Frequenzbereichen bewegt sich 5G?

Für 5G in Österreich werden aktuell die Frequenzen 3,4 bis 3,8 GHz genutzt, die zuvor versteigert wurden. Für 2G, 3G und 4G sind oder waren Frequenzen zwischen 800 MHz und 2,6 GHz im Einsatz. Diese Frequenzen bezeichnet man als sogenannte Zentimeterwellen. Längerfristig könnten hierzulande für 5G zudem Millimeterwellen – über 24 GHz – dazukommen. Zurzeit sind diese aber nicht für den Mobilfunk freigegeben. Auch liegt diesbezüglich kein Zeitplan vor. Die Verwendung der Millimeterwellen für Mobilfunk müsste erst genehmigt und der Frequenzbereich ebenfalls versteigert werden.

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Welche Strahlung ist damit vergleichbar?

Die aktuellen 5G-Frequenzen befinden sich im gleichen Spektrum wie jene von 4G. Vergleichbar sind sie mit Frequenzen von drahtlosen Netzwerken (WLAN). Letztere sind zwischen 2,4 und 5 GHz angesiedelt. Millimeterwellen kommen dennoch schon sporadisch zum Einsatz, auch hierzulande: etwa bei Autoradarsystemen, die vor 2018 verbaut wurden und nun während der Lebensdauer der Autos betrieben werden. Neuere Autoradarsysteme werden auf 77 GHz betrieben. Die Körperscanner am Flughafen werden ebenfalls auf 77 GHz betrieben.

Wo ist die Strahlung stärker: Handy oder Antenne?

Zwar strahlt eine Antenne viel stärker als ein Handy. Doch sind wir unseren Smartphones viel näher als den Antennen. "Für die Handynutzer ist das Gerät die Hauptstrahlungsquelle. Nutzt man das Gerät pro Tag eine Stunde fürs Internet und fünf Minuten, um zu telefonieren, so stammen 90 bis 95 Prozent der Strahlenbelastung vom eigenen Handy", so Martin Röösli, Professor für Umweltepidemiologie des Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Instituts. Er leitet zudem die Beratende Expertengruppe NIS, kurz Berenis, im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (Bafu) in der Schweiz.

Und was kann ich genau dagegen tun?

Je weiter das Handy vom Körper entfernt ist, desto weniger Strahlung kriegt man ab. Dies kann erreicht werden, wenn man fürs Telefonieren zum Beispiel die im Telefon integrierte Freisprecheinrichtung oder einen Kopfhörer nutzt. Helfen kann auch, das Smartphone in den Flugmodus zu schalten und nicht dauernd auf dem Körper, etwa im Hosensack, zu tragen.

Dringt 5G-Strahlung in unsere Körper ein?

Ja, Mobilfunkstrahlung geht durch Mauern und dringt auch in unsere Körper ein. Allerdings gilt: je höher die Frequenz, desto geringer ist die Eindringtiefe. "Millimeterwellen werden praktisch vollständig auf der Haut absorbiert", so Röösli.

Kann 5G-Strahlung Hirnströme beeinflussen?

"Wenn der Kopf sehr stark bestrahlt wird, wie das bei einem Handy im ungünstigsten Fall bei schlechter Verbindung auftreten kann, wurden Effekte auf die Hirnströme beobachtet. Bei tieferen Expositionen sind keine Auswirkungen auf die Hirnströme nachgewiesen worden", so Röösli. Ganzkörperexpositionen, sogenannte Umweltexpositionen, sind typischerweise im Bereich von 0,1 bis 0,5 V/m. Effekte auf Hirnströme beobachtet man typischerweise bei Bestrahlung des Kopfs ab 2 W/kg. "Das ist ungefähr 100.000- bis 1.000.000-mal mehr Strahlungsenergie", so Röösli.

Stimmt es, dass Handystrahlen krebserregend sind?

Die WHO klassiert Strahlung von Handys als möglicherweise krebserregend. Es gibt also noch Unsicherheiten. Zum Beispiel wurde in einer großen amerikanischen Studie bei männlichen Ratten eine Zunahme des Risikos für einen Herztumor beobachtet. Die bestrahlten männlichen Ratten lebten jedoch länger als die unbestrahlten, und es wurde keine Zunahme bei weiblichen Ratten und bei Mäusen gefunden. "Bei Menschen wurde bisher keine Zunahme der Hirntumore beobachtet, die mit der Zunahme der Handynutzung in den letzten 30 Jahren übereinstimmt", so Röösli. Ein Restrisiko lasse sich nie 100-prozentig ausschließen. Ein solches Risiko wäre aber klein im Vergleich zu anderen Krebsrisiken wie Rauchen oder Luftschadstoffe.

Was ist gefährlicher: 30 Minuten Sonne oder das 5G-Netz?

Es ist alles eine Frage der Dosis. "Je nachdem wie stark die Sonne scheint oder das 5G Netz strahlt. Klar ist, dass ultraviolette Sonnenstrahlung von der WHO als erwiesenermaßen krebserregend klassiert wurde. Damit ist UV-Strahlung zwei Klassen höher eingestuft als Mobilfunkstrahlung", so Röösli.

Wird der 5G-Empfang wirklich schlechter bei Regen?

Tatsächlich hat das Wetter einen Einfluss auf das Mobilfunknetz, ganz unabhängig von 5G. Allerdings ist dieser nicht sehr groß. "Wenn es Feuchtigkeit in der Luft hat, etwa bei Niederschlägen oder Nebel, werden die elektromagnetischen Wellen gedämpft, die es zur Datenübertragung braucht", so Armin Schädeli, Sprecher der Swisscom. Damit verringere sich die Reichweite der Sendeantennen, was an einem entlegenen Ort bei starkem Regen tatsächlich zu schlechterem Empfang und geringeren Datenraten führen könne.

Wieso braucht es nun mehr 5G-Antennen?

Die meisten bestehenden Antennen in den städtischen Gebieten nutzen bereits das gesamte verfügbare Strahlungskontingent und den verfügbaren Frequenzbereich aus. Neue Antennenmodelle können für 4G und 5G eingesetzt werden. Auch können sogenannte adaptive Antennen Daten gezielt an Nutzer senden. In andere Richtungen werde dabei die Strahlung reduziert. Für 5G-Antennen gelten die gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie für bisherige Antennen.

Stimmt es, dass Tiere unter der 5G-Strahlung leiden?

"Dazu gibt es kaum qualitativ gute Studien. Bisher hat keine gute Studie bei Tieren unterhalb der Grenzwerte gesundheitliche Effekte nachweisen können. Tiere sind aber im Allgemeinen nur der Umweltstrahlung ausgesetzt und nicht den hohen Strahlungen unmittelbar neben einem Mobiltelefon", so Röösli.

Ist es wahr, dass die 5G-Strahlung Bienen tötet?

Das Magazin "Pro Natura" berichtet in der aktuellen Ausgabe, dass Insekten, insbesondere Honigbienen, die elektromagnetische Strahlung im Bereich der 5G-Strahlung stärker absorbieren. "Es gibt eine reine Modellierungsstudie zu Insekten, die zeigt, dass im Millimeterwellenbereich – nicht das heutige 5G – die Absorption bei Insekten etwas höher ist, da die kleinen Strukturen dann in Resonanz mit der Wellenlänge sind und wie eine Antenne funktionieren. Ob das ein Problem für die Insekten ist, ist aber unklar und konnte noch nie gezeigt werden", so Röösli.

Warum verbreitet 5G so viel Angst?

Das kann eine ganze Reihe von Gründen haben. "Nach meiner Einschätzung hat es viel mit den anderen negativen Aspekten der Digitalisierung zu tun und auch mit einer fehlenden Vorstellung, was eigentlich wie viel strahlt", sagt Röösli. In der Werbung wird die 5G-Technologie zudem oft als schneller und leistungsfähiger bezeichnet: "5G ist damit auch ein Bild für einen Lebensentwurf, den viele Leute ablehnen und als sinnentleert betrachten", sagt Röösli.

Warum gibt es Widerstand gegen 5G?



Da spielt Angst sicher eine Rolle. Röösli dazu: "Man muss sich aber bewusst sein, dass die mobil übertragene Datenmenge jedes Jahr stark zunimmt. Ohne 5G wird es mittelfristig noch sehr viel mehr Antennen benötigen." Dies, weil mit bestehenden Standards wie 3G und 4G weniger Daten übermittelt werden können. "Wenn man die Strahlenbelastung wirklich reduzieren will, müsste sich die Bevölkerung bei der Mobilfunknutzung einschränken. Zum Beispiel kein Streaming und keine Videos über das Mobilfunknetz oder im Innenraum nur noch kabelgebunden kommunizieren. Alte, ineffiziente Technologien statt 5G einzusetzen, ist aber definitiv kontraproduktiv und führt schlussendlich zu mehr Strahlung in der Umwelt."