Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz kündigten Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, Landesrat Christian Dörfel (beide ÖVP) und Integrationsexperte Kenan Güngör am Freitag die geplante "Hausordnung" an.
Es werde ein "kleines 1 x 1 des Zusammenlebens" erarbeitet, das der Migration Rechnung trägt. Jede fünfte Person in Oberösterreich habe einen Migrationshintergrund, hieß es. Ziel sei es, einen Leitfaden für das Zusammenleben zu erstellen, der eine Orientierung geben und Verbindlichkeiten schaffen soll, um die Gemeinschaft zu stärken.
Bis Herbst solle die "Hausordnung", an der sich alle orientieren könnten, fertig sein, kündigte Stelzer an. Das Papier werde auf drei Grundlagen basieren: einer Meinungsumfrage zum Thema Integration in Oberösterreich, einer Arbeitsgruppe mit migrantischen Communities und einem Expertenrat, erklärte Dörfel.
Der gesamte Prozess soll 50.000 bis 60.000 Euro kosten. Dörfel betonte, dass man "Realitäten anerkennen und gestalten" müsse. Gutes Zusammenleben könne nur dann gelingen, wenn es Regeln und Grenzen gäbe, die nicht gebrochen werden beziehungsweise überschritten werden. Die Spielregeln sollen für alle Bürger im Land gelten. Zudem forderte Dörfel eine Unterscheidung zwischen "Leistungsträgern und Integrationsverweigerern".
Man müsse Werte wie das Ernstnehmen weiblicher Autorität, etwa in Gestalt von Lehrerinnen, oder dass Höflichkeit kein Anzeichen von Schwäche sei, vermitteln. Dörfel zufolge seien 70 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund gut integriert und 20 Prozent zumindest integrationsbemüht. Allerdings werde man bei den restlichen zehn Prozent "den Druck erhöhen müssen", hielt der Landesrat fest.
Die oberösterreichische "Hausordnung" solle ein Vorbild für andere Bundesländer sein, deren Hausordnungen oder Wertekodizes eher allgemein gehalten seien.
Integrationsexperte Güngör merkte an, dass "Papier geduldig ist". Es komme darauf an, wie gut der Erarbeitungsprozess durchdacht sei und wie die Regeln später weitervermittelt werden, so Güngör. Zudem erklärte der Integrationsexperte, dass kein Land "eine homogene Glocke" sei, "wo alle gleichgetaktet sind". In Syrien und der Türkei handle es sich um eine "hoch polarisierte, globale Gesellschaft". Güngör erwarte sich gleichermaßen Offenheit in der aufnehmenden sowie in der zuwandernden Gesellschaft. Ihm zufolge würde ein Klärungs- und Verständigungsprozess allen guttun.
Ein weiterer Punkt ist, dass Förderrichtlinien des Landes und auch die Voraussetzungen für die Grundversorgung adaptiert werden sollen. Werte für die Werte- und Orientierungskurse sollen durch die "Hausordnung" ergänzt bzw. präzisiert werden. Ziel sei es, auch die Zugewanderten zu erreichen, die schon seit Jahrzehnten hier wohnen. Auch diese Community würde sich verändern, meinte Dörfel. Natürlich solle evaluiert werden.