Der aktuelle Sachstandsbericht zum Klima in Europa 2024 der Weltwetterorganisation WMO und des EU-Dienstes Copernicus (C3S) liefert ein bedrückendes Bild:
2024 war mit einer Durchschnittstemperatur von mehr als 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau das wärmste verzeichnete Jahr global und in Europa. Es ist der bisherige Gipfel einer Rekord-Dekade! Die letzten zehn Jahre waren die wärmsten zehn Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Gleichzeitig ist Europa auch der Kontinent, der sich am schnellsten erwärmt. Seit den 1980er Jahren ist die Temperatur in Europa doppelt so schnell angestiegen wie im globalen Durchschnitt.
"Hitzewellen werden immer häufiger und heftiger, und in Südeuropa kommt es zu ausgedehnten Dürren. Die Gletscher in allen europäischen Regionen schmelzen weiter. Es wurden Veränderungen in den Niederschlagsmustern, einschließlich einer Zunahme der Intensität der extremsten Ereignisse, beobachtet. Dies kann zu vermehrten Überschwemmungen führen und hat wahrscheinlich zu einigen der katastrophalsten Ereignisse im Jahr 2024 beigetragen", heißt es dazu.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen reagierte Dienstagnachmittag mit einem eindringlichen Appell auf die Veröffentlichung der Wissenschaftler: "Die Klimakrise kennt keine nationalen Grenzen und ihre Lösung duldet keinen Aufschub. Wenn wir unseren Kindern und Enkelkindern einen lebenswerten Planeten übergeben wollen, müssen wir gemeinsam daran arbeiten."
Ex-Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) äußerte sich ebenfalls kritisch: "Was wir brauchen, sind konkrete Lösungen – Bodenschutz statt Beton. Mutlosigkeit und Straßenprojekte aus dem letzten Jahrtausend brauchen wir nicht. Es ist Zeit, milliardenteure Fossilvorhaben wie den Lobautunnel hinter uns zu lassen. Es ist Zeit, die Natur zu schützen!"
Auch GeoSphere Austria-Klimatologe Marc Olefs warnt: "Die Erwärmungsgeschwindigkeit hat mit einem halben Grad pro Jahrzehnt in Europa bereits beängstigende Ausmaße angenommen. Die globale Erwärmung läuft damit 10 bis 100 Mal schneller als bei früheren Massensterben in der Erdgeschichte. Das sollte uns noch mehr Antrieb für wirklich wirksame [Klimaschutz]-Maßnahmen geben".
Zunehmende Hitze, Starkregen und Dürren würden auch einen Wohlstandsverlust im Klimawandel-Hotspot Europa bedeuten. "Wir können das stoppen – wenn wir es wollen", schärft er am Dienstag im "Ö1 Morgenjournal" nach.
Der gesamte Klima-Bericht ist mit mehr als 100 Seiten definitiv keine Zwischendurch-Lektüre. Hier die Zusammenfassung in aller Kürze:
Europa erlebte im Jahr 2024 einen deutlichen Ost-West-Kontrast bei mehreren Klimavariablen, wobei die östlichen Gebiete im Allgemeinen sonnig und warm waren, während die westlichen Gebiete bewölkter und feuchter waren.
Während Europa insgesamt einen Rekord bei den Jahrestemperaturen erreichte, war dies teilweise auf die Bedingungen in Osteuropa zurückzuführen. Hier waren über weite Strecken des Jahres überdurchschnittlich warme oder rekordverdächtige Temperaturen zu verzeichnen. Südosteuropa erlebte außerdem die längste Hitzewelle seit Beginn der Aufzeichnungen.
Die Temperaturen in Westeuropa schwankten stärker, in einigen Monaten herrschten durchschnittliche oder überdurchschnittlich kühle Bedingungen. Das Jahr gehörte für Westeuropa zu den zehn feuchtesten im untersuchten Zeitraum seit 1950, und Europa erlebte die größten Überschwemmungen seit 2013.
Dies wirkte sich auf die Flüsse aus, von denen einige im Frühjahr und Herbst die höchsten Abflüsse aller Zeiten verzeichneten. Mindestens 335 Menschen haben 2024 durch Überschwemmungen und Stürme ihre Leben verloren.
In Osteuropa hingegen war die Wasserführung der Flüsse über weite Strecken des Jahres unterdurchschnittlich und erreichte im November einen Rekordtiefstand.
In Westeuropa war die Bewölkung stärker als im Durchschnitt, während in Osteuropa mehr Sonnenstunden als im Durchschnitt zu verzeichnen waren. Dieser Kontrast spiegelte sich im klimabedingten Potenzial für die Stromerzeugung aus Photovoltaik wider, das im Osten überdurchschnittlich, im Westen jedoch unterdurchschnittlich war. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung erreichte in diesem Jahr mit 45 Prozent einen Rekordwert.