Politik

E-Mail im Wortlaut – was Kogler den Grünen schrieb

Heute Redaktion
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Werner Kogler umreißt in einer Nachricht an die Delegierten bereits die Schwerpunkte der türkis-grünen Koalition – Umwelt- und Klimaschutz, sinnvolle Investitionen in die Wirtschaft, Maßnahmen für die "Ärmsten der Armen" sowie ein Informationsfreiheitsgesetz.

Exakt 364 Wörter ist es lang, das geschichtsträchtige Mail, das in der Nacht zum Sonntag, um exakt 0.04 Uhr, ins Postfach der grünen Delegierten flatterte. Und es dürfte am Ende in ziemlicher Hektik entstanden sein. Dafür spricht einerseits, dass es viele Grüne erst nach Mitternacht erhalten haben und eine – nun ja – kreative Beistrichsetzung. Und wenn man schon beim i-Tüpferl-Reiten ist: Streng genommen könnte der Bundesvorstand wegen der vierminütigen Verspätung gar nicht am nächsten Samstag, sondern erst ab Sonntag stattfinden.

Werner Kogler gibt sich staatsmännisch ...

Aber wer will in der Stunde einer geschichtsträchtigen Einigung schon kleinlich sein. Auch Werner Kogler beginnt die Botschaft an seine "lieben Freundinnen und Freunde" mit der Feststellung: "Wir haben ein atemberaubendes Jahr hinter uns". Nach dem Verweis auf das historisch beste bundesweite Wahlergebnis gibt sich Kogler staatsmännisch. Er betont in seinem E-Mail (und schreibt diesen Teil als einzigen fett), dass "das Wahlergebnis das Vertrauen der Menschen in uns ist". Und aus diesem Wahlergebnis wachse eine "neue Verantwortung in uns". Dann folgt ein dezenter Seitenhieb (wohl auf Rot und Blau): "Teile der anderen Parteien sind seit der Wahl mit sich selbst beschäftigt."

... spricht aber von großen Unterschieden zwischen den beiden Parteien

Kogler spricht auch schonungslos ehrlich "von einer Regierung mit einer türkisen ÖVP", die "in vielen Bereichen von sehr vielen inhaltlichen Unterschieden geprägt ist". In den vergangenen Wochen seien aber Brücken gebaut und Kompromisse geschlossen worden. Besonders viel sei in den Tagen vor und nach Weihnachten auf den Weg gebracht worden.

Eckpfeiler des Regierungsübereinkommens lassen sich erahnen

Gleich zwei Mal verspricht Werner Kogler den grünen Parteimitgliedern in seiner Nachricht, dass sie das Regierungsabkommen, "sobald es fertig ist", zugeschickt bekommen. In seinem Mail lassen sich aber schon wichtige Eckpunkte erahnen: Beim Umwelt- und Klimaschutz seien große Schritte erkämpft worden. Freilich "im Einklang mit sinnvollen Investitionen in die Wirtschaft" (das darf als Zugeständnis an die ÖVP und ihre Wähler gedeutet werden). Doch auch ur-grüne Anliegen dürfte Kogler durchgeboxt haben. Er schreibt: "Wir haben Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Ärmsten der Armen in diesem Land sozial abzusichern" – klingt nach einer neuen Mindestsicherung. Zweiter für seine Basis wohl wichtiger Punkt ist eine Abschwächung des Amtsgeheimnisses, oder, wie Kogler schreibt: "Wir machen die Arbeit dieser Republik, dank Informationsfreiheit, endlich transparent für ihre Bürgerinnen und Bürger."

Das Mail endet grußlos (wieder die Zeitnot?), dafür mit einem Fahrplan zum Bundeskongress. Bis 2.1. wird demnach noch (nach-)verhandelt, dann folgen Bundesvorstand- und Klubsitzung sowie der erweiterte Bundesvorstand am 3.1., ehe am 4.1. in Salzburg Tacheles geredet wird.

"Heute" hat das ganze Kogler-Mail im Wortlaut

Liebe Freundinnen und Freunde,

liebe Delegierte,

wir haben ein atemberaubendes Jahr hinter uns. 2019 war das wichtigste politische Jahr für die Grünen seit dem Einzug ins Parlament 1986. Nur zwei Jahre nach dem bisher schlechtesten Wahlergebnis, sind wir 2019 mit unserem besten bundesweiten Ergebnis überhaupt, wieder in den Nationalrat eingezogen: Mehr als 660.000 Wähler*innen haben Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, saubere Politik und Menschlichkeit zurück ins Parlament gewählt.

Kogler: "Wir haben begonnen, eine Regierung zu verhandeln. Eine Regierung mit einer türkisen ÖVP, also eine Regierung von zwei Parteien, die in vielen Bereichen von sehr vielen inhaltlichen Unterschieden geprägt ist."

Dieses Wahlergebnis ist das Vertrauen der Menschen in uns. Und aus diesem Vertrauen wächst eine neue Verantwortung für uns. Teile der anderen Parteien sind seit der Wahl mit sich selbst beschäftigt. Wir haben begonnen, eine Regierung zu verhandeln. Eine Regierung mit einer türkisen ÖVP, also eine Regierung von zwei Parteien, die in vielen Bereichen von sehr vielen inhaltlichen Unterschieden geprägt ist.

In den vergangenen Wochen ist uns der Durchbruch gelungen: Wir haben tragfähige Brücken für eine Koalition gebaut. Kompromisse für eine zukunftsfähige Politik für Österreich. In den kommenden Tagen bis zum Bundeskongress werden die noch offenen Fragen fertig verhandelt und Details finalisiert. Sobald das fertige Regierungsübereinkommen vorliegt, werden wir es euch allen zukommen lassen.

"Wir haben Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Ärmsten in diesem Land sozial abzusichern. Und wir machen die Arbeit dieser Republik, dank Informationsfreiheit, endlich transparent für ihre Bürgerinnen und Bürger."

Wir haben immer betont: Wir werden so schnell wie möglich und so lange wie notwendig verhandeln. In den Tagen vor und nach Weihnachten hat sich einiges in den Koalitionsverhandlungen bewegt. Wir haben große Schritte im Umwelt- und Klimaschutz erkämpft – im Einklang mit sinnvollen Investitionen in die Wirtschaft. Wir haben Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Ärmsten in diesem Land sozial abzusichern. Und wir machen die Arbeit dieser Republik, dank Informationsfreiheit, endlich transparent für ihre Bürgerinnen und Bürger.

Wir sind noch nicht ganz fertig, aber ein positiver Abschluss der Koalitionsverhandlungen ist in Sicht.

"Ihr habt die Möglichkeit, dieses Übereinkommen zu diskutieren und den Schritt, erstmals in der Geschichte in eine Bundesregierung einzutreten, mitzutragen oder abzulehnen."

Nun sind die Grünen Gremien am Zug. Seid ihr am Zug. Mit unserem Bundeskongress werden wir zu Beginn des neuen Jahres über das Verhandlungsergebnis beraten und die Grünen Regierungsmitglieder vorstellen. Ihr habt die Möglichkeit, dieses Übereinkommen zu diskutieren und den Schritt, erstmals in der Geschichte in eine Bundesregierung einzutreten, mitzutragen oder abzulehnen.

Sobald das Regierungsübereinkommen fertig ist, schicken wir euch dieses zu, so dass ihr euch vor dem Bundeskongress damit auseinandersetzen könnt.

Fahrplan bis zum BUKO:



Verhandlungen bis einschließlich 02.01.2020

Bundesvorstand- und Klubsitzung 02.01.2020

Erweiterter Bundesvorstand am 03.01.2020

Bundeskongress am 04.01.2020