Niederösterreich

20 Jahre Haft für Killer nach Ehrenmord in Pizzeria

Eiskalt hatte Gökhan Y. im Jänner die Bluttat an seinem "Bruder" Hasan angesagt, durchgeführt und dokumentiert. Jetzt bekam der Killer die Quittung.

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Angeklagter Gökhan Y. (31)
Angeklagter Gökhan Y. (31)
Lenger Thomas

Am heutigen Dienstag musste sich Familienvater Gökhan Y. aus Mattersburg (Burgenland) in Wiener Neustadt vor einem Schwurgericht verantworten. Er soll laut Anklage seinen langjährigen Freund und Geschäftspartner Hasan Ö. in einer Pizzeria in Pitten (Neunkirchen) mit einem Küchenmesser regelrecht abgeschlachtet und dann ein Foto der Leiche in seinen WhatsApp-Status hochgeladen haben. Die Frau des dreifachen Vaters (Anm.: zur Tatzeit: sieben Monate, fünf und zehn Jahre) musste das schauderhafte Foto ansehen und erfuhr so vom gewaltsamen Tod ihres Gatten.

Elf Jahre in Österreich

Rückblick: Der 1989 in Selcuklu geborene Türke hatte 2008 geheiratet, zog mit seiner Frau 2009 nach Österreich, zeugte zwei Kinder (9, 10). Auf den ersten Blick ist der Angeklagte laut Strafregisterauskunft unbescholten. Jedoch hatte ihn seine Gattin 2011 schon mal wegen Gewalt in der Ehe angezeigt, er hatte seine Gattin an der Kehle gepackt und mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Daraufhin reichte sie die Scheidungsklage ein, welche sie wenige Tage später wieder zurückzog. Weiters hatte der Türke Prozesse wegen gefährlicher Drohung und verbotener Waffen – doch diese bedingten Freiheitsstrafen sind getilgt bzw. wurden diversionell erledigt.

Bei seiner Tätigkeit in einem Supermarkt im Jahr 2009 lernte Gökhan Y. schließlich das spätere Opfer Hasan Ö. (33) kennen. Die beiden Männer aus der Türkei hatten viele Gemeinsamkeiten, entwickelten eine enge Freundschaft, auch deren Familien aus Mattersburg (Bgld.) trafen einander regelmäßig.

Kebablokal lief schlecht

Im Februar 2018 eröffneten die zwei Männer eine Pizzeria in Pitten (Neunkirchen) – formell als Einzelunternehmen, tatsächlich wurde das Lokal jedoch laut Anklage von Gökhan Y. und Hasan Ö. geführt. Wenige Wochen später stieg noch ein dritter Geschäftspartner mit einer Einlage von 10.000 Euro ein. Im März eröffnete Gökhan Y. zudem ein Kebablokal in der Kollonitschgasse in Wr. Neustadt. Gökhan Y. kümmerte sich fortan ums Kebablokal in der "Allzeit Getreue" und Hasan Ö. um die Pizzeria.

Das Kebablokal lieferte jedoch keine Gewinne ab, im Dezember 2019 stellte Gökhan Y. den Betrieb ein und war ab Anfang Jänner 2020 wieder in der Pizzeria in Pitten. Doch immer wieder kam es zwischen den zwei "Brüdern" zu Ungereimtheiten. Beide spielten laut Anklageschrift mit dem Gedanken, die Geschäftsbeziehung zu beenden. Vor allem Gökhan Y. fühlte sich zunehmend hintergangen und betrogen.

Raki mit Salgam bei Freundin

Auch in der Ehe bekam der Angeklagte Probleme, suchte immer wieder außereheliche Abenteuer. So versuchte der 31-Jährige eine Putzfrau in der Pizzeria zu küssen, diese blockte aber kühl ab. Denn die Reinigungskraft befand den 31-Jährigen als viel zu ernst und dass dieser immer ungut den Chef raushängen ließe, die Putzfrau flirtete lieber mit seinem mittlerweile verhassten "Bro" Hasan. Im Jänner 2020 lernte Gökhan Y. eine in Wien lebende Türkin kennen, nannte diese "Schatzi".

Die Nacht auf den 20. Jänner verbrachte Gökhan Y. laut Anklage bei seiner Freundin in Wien, deren Freundin und Baby. Dabei unterhielt man sich angeregt, der Türke trank Raki mit Salgam (Gemüsesaft). Doch selbst bei ihr kam er immer wieder auf Hasan Ö. zu sprechen, steigerte sich zunehmend in das Thema Hasan hinein. Die Frauen versuchten noch, den 31-Jährigen zu besänftigen.

Eskalation am 20. Jänner 2020

Am 20. Jänner 2020 fuhr der Türke erst in der Früh weg aus Wien, kehrte gegen 6.30 Uhr heim nach Mattersburg, seine Frau konfrontierte Gökhan Y. mit der Frage: "Ist es wahr, dass Du Dich scheiden lassen und mir das Haus wegnehmen willst? Ich habe das von Hasans Frau gehört." Trotz der Affäre in Wien hatte Gökhan Y. laut Anklage panische Angst, dass die Ehe scheitern könnte.

Um 9 Uhr chauffierte Göhkan Y. den dritten Geschäftsmann zum Flughafen Wien-Schwechat. Dieser wollte Heimaturlaub machen. Auf der Fahrt zum Airport wurde wieder Hasan Thema. Der 31-Jährige entwickelte immer mehr Zorn, setzte seinen Geschäftspartner noch am Flughafen ab. Dann fuhr er von Schwechat retour nach Pitten und fasste laut Anklage den Entschluss, Hasan Ö. zu töten und seine vermeintlich verlorene Ehre wieder herzustellen..

Ankündigung der Tat

Auf der Fahrt ins Lokal nach Pitten erstellte der Angeklagte eine Audiodatei und kündigte bereits um 10.52 Uhr den Mord an Hasan Ö. an: "Mein Name ist Gökhan Y. Ich habe den Entschluss gefasst, meinen Teilhaber zu töten. Er hat mich in diese Lage gebracht. Er hat mich dazu gezwungen.... Ich habe mein Brot geteilt. Dieses Hurenkind Hasan...... Ich werde auch wie ein Löwe drinnen (Anm.: im Gefängnis) sitzen. Mit erhobenem Haupt ....Hasan, Allah möge Unheil über dich bringen...hoffentlich wirst Du kein Grab haben.“

Zwei Minuten vor 11 Uhr betrat der gelernte Koch die Pizzeria. Hasan Ö. war ahnungslos, der Angeklagte hängte seine Jacke auf, ging in die Küche und holte ein Küchenmesser (Klingenlänge 20 Zentimeter, 35 Zentimeter Gesamtlänge). Mit diesem Messer hatte Hasan Ö. übrigens erst vor wenigen Minuten noch Pizzazutaten geschnitten. Gökhan Y. drängte den schmächtigen 33-Jährigen zur Tiefkühltrühe und stach immer und immer wieder auf das Opfer ein. Durch die Wucht des Angriffes wurden mehrere Rippen und das Brustbein durchstochen. Der dreifache Vater hatte keine Chance, erlitt 13 Stichverletzungen und war auf der Stelle tot.

Leichenfoto auf WhatsApp

Dann machte der Killer laut Anklage noch Fotos von der Leiche, um die Öffentlichkeit von seinem Akt der Selbstjustiz und seinem Ehrenmord in Kenntnis zu setzen. Das Leichenfoto stellte er in seinen WhatsApp-Status, sodass jeder im Telefonverzeichnis eingespeicherte Kontakt das grauenhafte Bild sehen konnte.

Auch die Ehefrau des Opfers erfuhr so kurz nach der Bluttat vom Tod ihres Gatten. An seine Freundin in Wien übermittelte er zudem die Audiodatei. Dann verließ er die Pizzeria, zündete sich eine Zigarette an und forderte von einem völlig geschockten Mitarbeiter ein Glas Wasser. Einem weiteren Mitarbeiter, ebenfalls Zeuge, gab Gökhan Y. dann die Anweisung, die Polizei zu rufen. Dieser rief, in der Hoffnung Hasan Ö. könne noch leben, indes die Rettung. Wenig später waren Notarzt und Polizei am Tatort – der Killer ließ sich widerstandslos festnehmen ("Heute" berichtete).

"Ist Hurensohn wirklich tot?"

In der Einvernahme bei der Polizei fragte der 31-Jährige mehrmals "ob der Hurensohn auch wirklich tot ist". Laut Gutachter war der 31-Jährige zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig, nahezu nüchtern und drogenfrei.

Beim heutigen Prozess zeigte sich der Türke recht emotionslos und tatsachengeständig. Sein Anwalt, Nikolaus Rast, verwies auf das umfassende Geständnis von Anfang an. Der Advokat zog alle Register: "Mein Mandant bereut die Tat zutiefst, ist aber so nervös, dass er auf die Befragung verzichtet." Mehr als einige, wenige Worte des Bedauerns kamen dem Angeklagten tatsächlich nicht über die Lippen.

20 Jahre Haft

Die Geschworenen waren sich einig: Es war Mord (8:0 Stimmen). Das Urteil: 20 Jahre Haft für Gökhan Y. (nicht rechtskräftig). Der ordentliche Lebenswandel (siehe auch oben) sowie der Beitrag zur Wahrheitsfindung bewahrten Gökhan Y. vor der Höchststrafe.

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