Der Zuzug von eingeschleppten Arten setzt beheimatete Konkurrenten häufig unter Druck oder verbreiten neue Krankheiten - und gefährden damit die Artenvielfalt. Eine neue, überraschende Studie zeigt nun: Invasive Arten sind in ihrer alten Heimat oft selbst vom Aussterben bedroht.
Vom Menschen eingeführte nicht-heimische Arten gehören zu den Hauptverursachern des globalen Artenrückgangs - bei 60 Prozent der in den vergangenen Jahrzehnten weltweit ausgestorbenen Arten waren sie mitverantwortlich, heißt es von der Uni Wien.
Die Studie des Wiener Ökologen Franz Essl und der Italienerin Lisa Tedeschi beweise nun ein "Naturschutzparadoxon": Denn mit Blick auf die von invasiven Arten ausgehende Bedrohung wie auch ihrer eigenen stelle sich nun die Frage, ob nicht-heimische Vorkommen von Arten auch in ihrem neuen Zuhause geschützt werden sollten.
Bisher sei nicht bekannt gewesen, auf wie viele nicht-heimische Säugetierarten - in Mitteleuropa sind dies etwa Wanderratte und Mufflon - dieses Paradoxon zutrifft.
Derzeit sind insgesamt 230 nicht-heimische Säugetierarten weltweit von Menschen in neue Gegenden eingeführt worden und haben sich dort dauerhaft angesiedelt. Die Forscher konnten zeigen, dass - zu ihrer eigenen Überraschung - 36 dieser nicht-heimischen Säugetierarten in ihrer ursprünglichen Heimat bedroht sind.
Das trifft etwa auf den in seiner Heimat bedrohten Schopfmakaken zu, dessen Bestand in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet auf Sulawesi seit den 1970er-Jahren um 85 Prozent zurückgegangen ist, während er sich auf anderen Inseln Indonesiens ausgebreitet hat und dort stabile Populationen bildet.
Das Wildkaninchen wiederum ist in Europa bedroht, während es in anderen Weltgegenden wie in Australien sehr große eingeführte Vorkommen hat, die weitaus größer als die europäischen sind.
Nicht-heimische Populationen dieser Arten in der Gefährdungsbewertung einzurechnen, berge jedoch auch Risiken - etwa, dass weniger Augenmerk auf den Schutz der gefährdeten Vorkommen im Heimatgebiet gelegt wird.
Zudem können nicht-heimische Populationen negative Auswirkungen auf andere Arten haben. So müsse auch das Hauptaugenmerk "weiterhin auf dem Schutz von Arten im Heimatgebiet" liegen.
Es sei jedoch wahrscheinlich, dass es in Zukunft mehr Arten geben wird, die in ihren Heimatgebieten vom Aussterben bedroht sind und bessere Überlebenschancen im neuen Verbreitungsgebiet haben", so Essl. Das stelle den Naturschutz vor die schwierige Aufgabe, Chancen und Risiken abzuwägen.