Coronavirus

Virologe: "Eine Maske ist auch im Büro ein Muss"

Klimaanlagen sollen Viren in Räumen zu verteilen. Der Schweizer Infektiologe Christian Garzoni hofft deshalb auf eine Maskenpflicht für Büros.

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Ein Schweizer Infektiologe hofft auf eine Maskenpflicht für Büros
Ein Schweizer Infektiologe hofft auf eine Maskenpflicht für Büros
istock

Wenn ein Corona-Infizierter hustet oder niest, schleudert er Tröpfchen und damit die Viren bis zu acht Meter weit. Es entstehen sogenannte Aerosole – auch nur schon beim Atmen –, weniger als fünf Mikrometer kleine Tröpfchen, die als Wolke in der Luft hängen bleiben. Diese Erkenntnis beunruhigt die Wissenschaft: So richteten jüngst 239 Forscher weltweit einen Appell an die WHO, die Gefahr der Übertragung durch Aerosole anzugehen.

Virenschleudern Klimaanlagen?

Klimaanlagen können die Aerosole in der Luft noch weiter verteilen. Das eindrücklichste Beispiel bisher: Im chinesischen Guangzhou steckte ein asymptomatischer Patient in einem Restaurant fünf Personen an Nebentischen an – wohl weil die Klimaanlage die Viren in deren Richtung blies. Auch im Fall des deutschen Schlachtbetriebs Tönnies, wo sich über 1.500 Arbeiter angesteckt hatten, war die Luft nicht mit ausreichend Frischluft angereichert worden.

Die Übertragung von Coronaviren über die Klimaanlagen in geschlossenen Räumen erhält nun auch in der Schweiz vermehrt Aufmerksamkeit – nicht zuletzt, weil die Temperaturen steigen. Christian Garzoni, Klinikleiter des Spitals Moncucco, Schweizer Infektiologe und Mitglied der Eidgenössischen Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung, warnt vor Coronavirus-Übertragungen über Klimaanlagen. "Diese könnten das Coronavirus in einem Büro verteilen, indem sie die Luft im Raum bewegen oder diese nur rezyklieren statt austauschen", sagt Garzoni zu "20 Minuten".

Maskenpflicht für Büros gefordert

Er nennt ein Beispiel, weshalb durch Klimaanlagen auch die Abstandsregel von 1,5 Meter nicht mehr wirkt: "Wenn jemand drei Meter neben mir sitzt, kann die Klimaanlage die Viruswolke an meinen Arbeitsplatz befördern." Zudem sei es problematisch, wenn zu wenig Frischluft in die Räume gelange, die die Virusbelastung reduzieren könne. Für Garzoni ist deshalb klar:

"Auch im Büro ist Maskentragen ein Muss."

 Er appelliert an die Firmen, diese Empfehlung in ihre Schutzkonzepte aufzunehmen. Gleichzeitig hofft er, dass das BAG sowie die Behörden sich in den nächsten Tagen für eine Maskenpflicht im Büro, in Geschäften und für Ansammlungen entscheiden.

Auch die wissenschaftliche Taskforce des Bundes hat sich mit der Übertragung durch Aerosole in geschlossenen Räumen beschäftigt. In einer Minute lauten Sprechens könne ein Infizierter rund 1000 Tröpfchen mit Viren verbreiten, die acht Minuten in der Luft blieben, schreiben die Forscher. "Auch wenn der Hauptübertragungsweg direkter Kontakt ist, zeigen Studien, dass Sars-CoV-2 via Aerosole übertragen werden kann, besonders in schlecht belüfteten Räumen."

Daneben rät die Taskforce, geschlossene Räume regelmässig zu lüften. Auch sie empfiehlt das Tragen einer Maske in schlecht belüfteten Räumen, wo der Abstand nicht eingehalten und das Contact-Tracing nicht garantiert werden könne.