Politik

Regierung will Daten der Österreicher verkaufen

Heute Redaktion
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Wie Facebook will die Regierung persönliche Informationen der Österreicher an "Forschungsunternehmen" verkaufen. Geharnischte Proteste laufen bereits an.

Die türkis-blaue Regierung will persönliche Daten der Österreicher an Analyse-Unternehmen verkaufen. Unter diesen Daten sind auch sensible Informationen des Elektronischen Gesundheitsakts (ELGA). Ein entsprechendes Ermächtigungsgesetz liegt bereits im Parlament und soll nächsten Donnerstag abgesegnet werden. Versteckt wurde der Gesetzesentwurf im neuen "Forschungsorganisationsgesetz" und dessen Begleitgesetzen zur Datenschutz-Anpassung.

Kommando retour

Nach scharfen Protesten von Datenschützern ruderte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein am Mittwoch dann mit hoher Schlagzahl zurück. "Seitens des Ministeriums wird es definitiv keine Freigabe zur Weitergabe der ELGA-Daten, insbesondere für Forschungszwecke, geben. Wie Justizdaten und das Strafregister müssen ebenso ELGA-Daten im Forschungsorganisationsgesetz ausgeschlossen werden. Wir werden daher einen Abänderungsantrag einbringen, um diese hochsensiblen Gesundheitsdaten zu schützen", meldete das Büro der Ministerin.

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Eine missverständliche Formulierung im Forschungsorganisationsgesetz sei bereits in der Begutachtung strikt abgelehnt worden. Warum die Weitergabe der ELGA-Daten dennoch explizit im Gesetzesentwurf stehe, konnte das Ministerium gegenüber "Heute" nicht beantworten.

Ärztekammer entsetzt

Auch die Österreichische Ärztekammer übte scharfe Kritik an der von der Regierung geplanten Datenweitergabe. "Hier sensible Patientendaten für Forschungszwecke weiterzugeben, ohne dass klar definiert ist, was darunter überhaupt zu verstehen ist, kommt einem Missbrauch gleich", lehnte Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, das geplante Vorhaben entschieden ab. „Das ist nicht die Idee von ELGA gewesen." „Gesundheitsdaten sind wertvoller als Kreditkartendaten und gelten als sehr lukrativ. Ein Zugriff darauf ist für uns ein absolutes Tabu", betont auch Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres.

Der Stand der Dinge

Nach derzeitigem Stand ist jedenfalls folgendes geplant: Gesundheits-, Bildungs-, Sozialversicherungs- und Steuerdaten, die die Regierung von ihren Staatsbürgern erhebt, sollen künftig leicht verschlüsselt freigegeben werden können. Nur Justizdaten bleiben weiterhin geschützt. Die Namen der Betroffenen sollen durch eine Kennzahl ersetzt werden, um die namentliche Zuordnung ihrer Daten zu verhindern. Zugriff erhalten sollen ab 2019 nicht nur Universitäten, Fachhochschulen und Museen. Auch Forschungsabteilungen von Industrieunternehmen und Einzelpersonen im In- und Ausland können beim Verkehrsministerium um eine Genehmigung ansuchen.

Mißbrauch befürchtet

Laut der Datenschutzorganisation "epicenter.works" reicht aber das bloße Löschen der Namen für eine verlässliche Anonymisierung nicht aus. Direktor Thomas Lohinger warnte vor Missbrauch und erinnerte daran, dass auch Cambridge Analytica, die Skandalfirma in der aktuellen Facebook-Affäre, als Forschungsprojekt auftrat. "Hochsensible Gesundheitsdaten für globale Marktforschungszwecke zu öffnen, ist eine ganz schlechte Idee. Die Cambridge Analyticas dieser Welt können einzelne Personen leicht in den mangelhaft anonymisierten Daten wiederfinden", sagte Lohinger.

"Äußerst gelungen"

Als "äußerst gelungen" lobt dagegen die Universität Wien den Gesetzesentwurf. Zustimmung kam in der Begutachtung auch von der Med Uni-Wien und der TU Graz. Der Fachverband der Chemischen Industrie in der Wirtschaftskammer meinte laut APA, dass die Öffnung der Daten "für ein wettbewerbsfähiges Forschungsumfeld in Österreich sorgen" werde. Sonst drohe ein "Standortnachteil".

(GP)