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Erdogan soll Waise (15) geschlagen haben

Heute Redaktion
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Zuerst trat Erdogans Berater Yerkel einen Demonstranten, jetzt soll auch dem türkische Premier Recep Tayyip Erdogan die Hand ein paar Mal ausgerutscht sein. Ausgerechnet einen Kumpel und die 15-jährige Tochter eines toten Bergmanns soll er geschlagen haben. In Soma gingen 10.000 Demonstranten auf die Straße, die den Rücktritt der Regierung forderten. Die Polizei ging mit Tränengas, Gummigeschoßen und Wasserwerfern gegen die Protestierenden vor. In der Mine brach am Samstag erneut ein Brand aus.

, jetzt soll auch dem türkische Premier Recep Tayyip Erdogan die Hand ausgerutscht sein. Ausgerechnet die 15-jährige Tochter eines toten Bergmanns soll er geschlagen haben, ebenso wie einen Protestteilnehmer, wie ein Video zeigt. In Soma gingen 10.000 Demonstranten auf die Straße, die den Rücktritt der Regierung forderten. Die Polizei ging mit Tränengas, Gummigeschoßen und Wasserwerfern gegen die Protestierenden vor. In der Mine brach am Samstag erneut ein Brand aus.

Nach dem schweren Bergwerksunglück in der Türkei versucht die Regierung in Ankara, die wachsenden Proteste mit Gewalt zu unterdrücken. Die Demonstranten in Soma weigerten sich trotz Aufforderung der Polizei, sich zurückzuziehen, und antworteten mit Steinwürfen auf den Tränengaseinsatz. Mindestens fünf Menschen wurden verletzt. Die Menge rief Parolen wie "Rücktritt der Regierung" oder "Soma, schlaf nicht, vergiss die Kumpel nicht."

Vermutlich bei dem tragischen Grubenunglück. Premier Erdogan reiste in die Krisenregion und brachte prompt viele Bewohner gegen sich auf. "So etwas passiert eben", sagte er über die angebliche Unvermeidbarkeit von Bergwerksunfällen. Wütende Demonstranten attackieren daraufhin Erdogans Wagenkolonne.

Watsche für Waise: Erdogan ohrfeigt und schimpft über "Ausgeburt Israels"

Schockierendes berichten auch die türkischen Medien: Am Freitag brannte beim Premier wohl eine Sicherung durch. Die 15-jährige Tochter eines toten Grubenarbeiters bezeichnete den Politiker als "Mörder meines Vaters", wie die türkische "Evrensel" und andere Medien berichten. Daraufhin ohrfeigte der Premier das Mädchen und beschimpfte sie als "Ausgeburt Israels", so "Hürriyet".

Ein Video zeigt außerdem, wie Erdogan mit seinen Sicherheitsleuten vor einer wütenden Menschenmenge in einen Supermarkt fliehen muss. Kurz vor dem Eingang zeigt das Video, wie Erdogan mit der Hand einem Mann auf den Kopf schlägt. Auch hier sollen wieder antisemitische Aussagen gefallen sein. So soll Erdogan zu dem Mann gesagt haben: "Warum rennst du weg, du israelische Brut?", berichten "Spiegel online" und türkische Medien.

Fußtritte gegen am Boden Liegenden: "legitime Selbstverteidigung"

Ein Sprecher von Erdogans Regierungspartei AKP betonte, es gebe keine Beweise für die angebliche Ohrfeige. Ebenfalls in Soma hatte der Erdogan-Berater Yusuf Yerkel auf einen am Boden liegenden Demonstranten eingetreten. AKP-Sprecher Hüseyin Celik erklärte, bei Yerkels - von Fotografen dokumentiertem - Fußtritt habe es sich um "legitime Selbstverteidigung" gehandelt.

Deutschland: Türken fordern Rücktritt

Die Türkische Gemeinde in Deutschland forderte einen Rücktritt Erdogans, sollte sich der Vorfall tatsächlich wie geschildert zugetragen haben. "Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, müsste es Konsequenzen geben. Dann müsste Erdogan sich entschuldigen und zurücktreten", sagte Co-Vorsitzender Gökay Sofuoglu. "Ein Staatsmann muss seine Aggressionen unter Kontrolle haben. Ein Staatsmann darf nicht handgreiflich werden. Das geht nicht."

Noch 18 Vermisste: Neuer Brand in der Mine

Rund 500 Rettungskräfte versuchten am Freitag in Soma die letzten verschütteten Bergleute aus der Kohlegrube zu bergen. Laut Energieminister Taner Yildiz wurden noch maximal 18 Kumpel vermisst, für die es praktisch keine Überlebenschance mehr gab. Die endgültige Opferzahl des Unglücks werde vermutlich bei 302 liegen. Vier Tage nach dem schweren Bergwerk-Unglück hat am Samstag ein weiterer Brand die Bergungsarbeiten behindert. Energieminister Taner Yildiz sagte vor Journalisten, in Teilen der Grube sei ein Feuer ausgebrochen. Dort befänden sich noch drei vermisste Bergleute. Es gilt als unwahrscheinlich, dass sie noch leben.

AKP-naher Minenboss: "Keine Fahrlässigkeit" und "schreckliche Gewissensbisse"

Der Firmenboss der Mine, Alp Gürkan, äußerte sich am Freitag erstmals zum Unglück. "Es gab keine Fahrlässigkeit von unserer Seite", sagte er vor Journalisten. Zugleich beklagte er, "schreckliche Gewissensbisse" zu haben. Der regierungskritischen Zeitung "Taraf" zufolge gehört Gürkan zum Dunstkreis der Regierungspartei AKP, die er kräftig mit Spenden unterstützt habe. Auch soll er jene Gratiskohle liefern, die mit der die Regierungspartei ihre Anhänger bei der Stange hält.

Erdogan-Kandidatur für Präsidentenamt erwartet

Kritiker werfen der Regierung vor, den wirtschaftlichen Aufschwung auf Kosten der Arbeitssicherheit vorangetrieben zu haben. Das Unglück und die dadurch ausgelöste Kritik kommt für Erdogan zur Unzeit, er will in den kommenden Wochen voraussichtlich seine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl am 10. August ankündigen.

APA/red.