Gesundheit

Erste Long Covid-Patientin beantragt Sterbehilfe

Eine Kanadierin kann mit ihrer Long Covid-Erkrankung nicht mehr weiterleben und hat assistierten Suizid beantragt. Dabei will sie gar nicht sterben.

Sabine Primes
Sterbehilfe ist ein heiß diskutiertes Thema. In Österreich sind 80 Prozent dafür.
Sterbehilfe ist ein heiß diskutiertes Thema. In Österreich sind 80 Prozent dafür.
Getty Images/iStockphoto

Long Covid ist eine heimtückische Langzeit-Nebenwirkung einer Corona-Infektion. Nicht jeder muss es bekommen, aber manche trifft es leider – ob jung oder alt. Heimtückisch deshalb, weil Long Covid bis zu 200 Symptome umfasst. Während sich einige nur mäßig eingeschränkt fühlen, sind andere nicht mehr fähig, ihrem (Berufs-)Alltag nachzugehen. Manche Patienten sind sogar so verzweifelt, dass sie Tausende Euro für Therapien bezahlen, die ein Ende es Leides versprechen.

Bei einer kanadischen Patientin ist der Leidensdruck mittlerweile so groß, dass sie erwägt, ihr Leben zu beenden. Sie könne nicht länger mit den Symptomen leben und habe ärztlich assistierten Suizid beantragt. Die 50-jährige Tracey Thompson ist seit etwas mehr als zwei Jahren arbeitslos, nachdem sie zu Beginn der Pandemie an Corona erkrankte. Laut "7News" leidet die ehemalige Köchin aus Toronto unter "verschwommenem Sehen, Schwierigkeiten bei der Verdauung, Atembeschwerden, einem veränderten Geschmacks- und Geruchssinn und Narben an ihrem Herzen, die durch die Myokarditis (Herzmuskelentzündung) geschwollen sind".

Assistierter Suizid beschreibt die Hilfe zur Selbsttötung. Im Zentrum steht, ein selbst bestimmtes Sterben in Würde zu ermöglichen und den Betroffenen – sowohl der sterbewilligen Person als auch Hilfe leistenden Personen – Rechtssicherheit zu bieten. In Österreich wurde dafür das Instrument der Sterbeverfügung geschaffen.
Eine sogenannte Sterbeverfügung kann unter strengen Voraussetzungen errichtet werden, mit der man Zugang zu einem letalen Präparat erhält. Die aktive Sterbehilfe, bei der ein Patient ausdrücklich nach seiner Tötung verlangt, wird es nach wie vor nicht geben.
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Tracey will nicht sterben, aber...

Für Tracey ist es so entkräftend, dass sie beschlossen hat, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu beenden. Früher habe sie viele Stunden in einem körperlich anstrengenden Job gearbeitet, aber könne jetzt nur schwer aufstehen, um sich ein Glas Wasser zu holen. "Ich kann nicht mehr arbeiten und bin ans Bett gefesselt", erklärte sie gegenüber CTV. "Ich kann im Durchschnitt 20 Stunden und länger nicht aufstehen. Ich habe kaum die Möglichkeit, mich körperlich, geistig und emotional zu verausgaben, also versuche ich, die ganze Zeit zu Hause zu bleiben." Sie beklagt den Mangel an finanzieller Unterstützung für Menschen in ihrer Situation. Das Tragische: Tracey will eigentlich nicht sterben, aber sie hat sich mit dem Gedanken abgefunden, dass ihr keine andere Wahl bleibt, wenn sie nicht die Unterstützung bekommt, die sie so dringend braucht. Ihre derzeitige Erwerbsunfähigkeitspension würde gerade einmal ihre Miete abdecken und ihr kein Geld für Lebensmittel, Rechnungen oder ihren Lebensstil übriglassen, so die Patientin.

"Ich genieße das Leben immer noch", sagte sie dem kanadischen Sender. "Das Zwitschern der Vögel, die kleinen Dinge, die einen Tag ausmachen, sind immer noch erfreulich für mich. "Es gibt viel zu genießen im Leben, auch wenn es nur kleine Dinge sind. Aber ich habe keine Lust, monatelang zu leiden, nur um am Ende zu sterben"

Assistierter Suizid in Kanada legal

Tracey besitzt durchaus das Recht, ärztlich assistierten Suizid zu beantragen – auch, wenn sie nicht an einer unmittelbar tödlichen Krankheit leidet. Assistierter Suizid wurde in Kanada 2016 legal, allerdings nur für Menschen mit einer unheilbaren Krankheit, deren natürlicher Tod vorhersehbar war. Dieses Erfordernis wurde jedoch letztes Jahr in einem Euthanasie-Gesetz namens Bill C-7 aufgehoben und durch die Bedingung ersetzt, dass eine Krankheit "nicht unter Bedingungen gelindert werden kann, die Sie für akzeptabel halten".

"Ich bin sehr krank. Es gibt keine Behandlung. Es gibt keine Heilung. Ich habe die Wahl zwischen einem langsamen und schmerzhaften oder einem schnellen Tod. Das sind die Optionen, die mir bleiben." Tracey hat bereits die Genehmigung eines Arztes für den assistierten Suizid eingeholt und braucht noch einen weiteren, um ihn legal zu machen.

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