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Verschiebung wäre als letzte Konsequenz denkbar

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte sich am Freitagabend in der ZiB2 zum Brexit-Chaos, das den EU-Gipfel in Brüssel überschattet.

Heute Redaktion
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Kurz im ZiB-Interview zum Thema Brexit.
Kurz im ZiB-Interview zum Thema Brexit.
Bild: ORF

Kanzler Kurz weilt angesichts des EU-Gipfels in Brüssel. Am Nachmittag gab er gemeinsam mit Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Pressekonferenz, in der über Österreichs Ratsvorsitz Bilanz gezogen wurde. Ansonsten dominierte beim Treffen der Staats- und Regierungschefs aber ein großes Thema: der Brexit.

Am späten Abend beantwortete Kurz im ZiB2-Interview zum großen Streitthema Brexit ein paar Fragen. Die Stimmung in Brüssel ist bekanntermaßen angespannt. Das sei wenig überraschend, erklärte Kurz: "Es gibt unterschiedliche Wünsche. Die EU ist der Meinung, dass wir lange genug verhandelt haben." Jetzt gebe es nur zwei Schritte: entweder wird der Deal beschlossen, oder nicht. Das große Problem sei, dass es "unterschiedliche Grundhaltungen (gibt), die da aufeinander prallen."

Sorgen nachvollziehbar

Der "Backstop" für Nordirland (eine Notfallösung, bei der Nordirland in Zollunion und Binnenmarkt bleiben würde, Anm.) dürfe jedenfalls nicht zur dauerhaften Regelung werden, betonte Kurz.

Dass die Briten diesbezüglich Sorgen haben, "dass Nordirland anders behandelt werden würde als der Rest des britischen Gebietes", sei nachvollziehbar. Aber: "Irgendwann muss man zum Tag der Entscheidung kommen. Irgendwann wird May eine Abstimmung abhalten müssen." Das wird voraussichtlich im Jänner der Fall sein. Dann spätestens wird man sehen, "ob es gereicht hat."

Auf die Frage, ob im 585 Seiten starken Vertrag überhaupt noch Spielraum für Präzisierungen sei, meinte Kurz: "Was die politische Erklärung über die künftigen Beziehungen betrifft, gibt es da und dort noch Klärungsbedarf. Da wird es noch einen längeren Diskussionsbedarf geben." Was das Austrittsabkommen betrifft, sei alles klar – "das wurde eineinhalb Jahre lang ausverhandelt."

Vertrag muss durchs Parlament

Ob das Unterhaus zustimmen wird, könne Kurz aktuell nicht einschätzen. "Es kann leicht sein, dass es bei einer Abstimmung im Jänner scheitert. Vielleicht gibt es aber eine zweite Abstimmung, die dann gelingt." Ein Hard Brexit sollte jedenfalls vermieden werden. "Auch wenn es mühsam ist und man das Gefühl hat, dass man gewisse Dinge zum vierten oder fünften Mal diskutiert", sei das wichtig und richtig. Immerhin gehe es um eine weitreichende Entscheidung.

Verschiebung denkbar

Der 29. März wurde als Austrittsdatum ausgemacht. Ob daran noch etwas zu rütteln ist, kann Kurz nicht ausschließen. Zuvor gebe es jedenfalls noch sehr viele Schritte (etwa mehrere mögliche Abstimmungen), erst danach könnte man darüber diskutieren.

Das oberste Ziel für beide Seiten sei das Verhindern eines ungeordneten Austritts, wie Kurz nicht oft genug betonen konnte. Er gestand aber auch ein: "In letzter Konsequenz ist eine Verschiebung des Austritts denkbar."

Konsequenzen für Österreich

Kurz erklärte außerdem, dass ein Hard Brexit allen voran für in Großbritannien lebende Österreicher Konsequenzen hätte. Außerdem hätte ein ungeordneter Austritt Auswirkungen auf Zollfragen und auf den Flugverkehr. Der Kanzler versicherte aber: "Wir sind für diesen Fall vorbereitet, hoffen aber, dass er nicht eintritt." Umgekehrt sei es schlimmer. "Für Großbritannien wären aus meiner Sicht die Auswirkungen katastrophal."

(red)