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Tod von Twaroch entfacht Hass-im-Netz-Debatte neu

Das Ableben der ORF-Journalistin Eva Twaroch (55) löst tiefe Betroffenheit aus. Gleichzeitig wird erneut eine Debatte über Hasspostings geführt.

Heute Redaktion
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Die langjährige ORF-Auslandskorrespondentin Eva Twaroch, die seit 1991 das Büro in Paris geleitet hatte, ist am Sonntag unerwartet verstorben. Ein Herzinfarkt führte zum Tod der 55-Jährigen, wie erst etwas später bestätigt wurde.

Die Formulierungen "unerwartet" und "plötzlich" sorgten bei einigen Usern allerdings für wilde Spekulationen über die Umstände des Ablebens. Im Netz wurde jedenfalls bis zum Bekanntwerden der Todesursache breit diskutiert bzw. gemutmaßt – ohne Rücksicht auf die trauernden Hinterbliebenen.

Im "Standard"-Forum beispielsweise finden sich unter der Berichterstattung innerhalb weniger Stunden mehr als 350 Kommentare zum Tod der Journalistin. Der Großteil der User kondoliert und drückt die Fassungslosigkeit aus. Manche Leser aber wollten die Todesursache den bestätigten Meldungen zum Trotz besser wissen, schrieben von "Fremdverschulden" oder "Suizid". Sogar der vermeintliche Arzt von Twaroch, der die Todesursache festgestellt haben will, mischte sich dort in die Diskussion ein.

Immer mehr User sind von Hasspostings betroffen und suchen professionellen Rat und Unterstützung. Die von ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) betriebene Beratungsstelle #GegenHassimNetz hilft gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen.

Juristisch und psychosozial geschulte MitarbeiterInnen der Stelle bieten kostenlose Unterstützung für Betroffene und ZeugInnen von Hasskommentaren, Beschimpfungen, Cyber Mobbing und anderen Formen von psychischer und verbaler Gewalt im Netz an. Sie geben eine Ersteinschätzung zu hetzerischen Inhalten ab, informieren über rechtliche Grundlagen und mögliche Handlungsoptionen und unterstützen Betroffene bei möglichen rechtlichen und anderen Schritten. Darüber hinaus meldet die Stelle entsprechende Hasspostings bei den jeweiligen IT-Unternehmen, um eine Löschung zu erwirken und erstattet Anzeige bei illegalen Inhalten.

Weitere Informationen: https://zara.or.at/

Dass die Kommentare noch nicht einmal bei einer Todesnachricht kontrolliert oder die Funktion deaktiviert wird, löst Kritik aus – viele fragen sich, wieso die pietätlosen Wortmeldungen einfach stehen bleiben. (Anmerkung: Der Vollständigkeit halber wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass "Heute.at" die Kommentare bei den Beträgen zum Tod Twarochs aus gegebenen Anlass moderieren lässt.)

Kritik an Regierung

Der österreichische Herausgeber Christian Mucha nahm die Forumsdiskussion zum Anlass, gegen Hass-Poster und verantwortliche Medienschaffende auszuteilen. "Warum gehen derartige – völlig pietätlose – Postings online und werden nicht moderiert oder gelöscht. Wo bleibt da der minimale Respekt vor den Toten? Wieso lässt unsere Gesellschaft das zu?", fragt der Verleger auf Facebook und fordert Bundeskanzler Kurz gleichzeitig zum Handeln auf. "Sie haben versprochen, dass Sie dem medialen Mobben, dem anonymen Hass-Posten (...) endlich ein Ende setzen." Auch unter diesem Beitrag wurde daraufhin ein Streit entfacht.





Thema zog sich durchs ganze Jahr

Hass-Postings im Netz sind mittlerweile schon das ganze Jahr über Thema – die hasserfüllten und beleidigenden Kommentare anlässlich der Geburt des Wiener Neujahrsbabys Asel lösten zum Jahresbeginn eine erste ernsthafte Diskussion aus. Vor wenigen Monaten wurde die Debatte von der Ex-Grünen-Nationalratsabgeordneten Sigi Maurer neu entfacht – "Heute.at" berichtete ausführlich. Daraufhin wurde das Thema auch von der Politik aufgegriffen. Die Regierung hat eine eigenen Taskforce eingerichtet, die sich mit dem Thema Gewalt im Internet auseinandersetzt und einen Gipfel abgehalten.

Ein Umdenken gibt es offenbar noch nicht. Traurig, dass nun – auch zum Abschluss des Jahres – ausgerechnet ein Todesfall erneut Anlass zur Debatte gibt.

(Im Video: Wie mit Hasspostings umgehen?/ heute.at)

Immer mehr UserInnen sind von Hasspostings betroffen und suchen professionellen Rat und Unterstützung. Die von ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit betriebene Beratungsstelle #GegenHassimNetz hilft gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen.

Woher kommt eigentlich der ganze Hass im Netz? >>> (red)