"Bis auf Zähne bewaffnet!"

Ex-ÖSV-Ass auf Gaza-Flotte von Militär eingeschüchtert

Der ehemalige ÖSV-Abfahrer und Klima-Aktivist Julian Schütter berichtet auf seiner Überfahrt zum Gazastreifen von einem Zwischenfall.
Sebastian Klein
01.10.2025, 11:51
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Der österreichische Ex-Skifahrer und Klima-Aktivist Julian Schütter befindet sich mit der internationalen "Global Sumud Flotilla" weiterhin auf Kurs Richtung Gazastreifen – und damit in akuter Gefahr. Am Mittwochmorgen kam es in internationalen Gewässern zu einer direkten Konfrontation mit der israelischen Marine. Israel will die Flotte zur Umkehr bewegen, die Aktivisten um Schütter aber pochen darauf, die Hilfsgüter selbst vor Ort auszuliefern.

Bedrohliche Nacht, dramatischer Morgen

In der Nacht auf Mittwoch sprach Schütter in einem Video von einer angespannten Lage: "Es ist mitten in der Nacht. Wir tuckern gerade friedlich irgendwo durchs Mittelmeer. Und es ist komisch. Weil, es kann sein, dass wir noch vor Sonnenaufgang von einem, bis auf die Zähne bewaffneten, Militär aufgehalten und entführt werden und wie Verbrecher behandelt werden, obwohl wir nichts Verbotenes machen und nur Hilfsmittel an Hungernde liefern. Gleichzeitig, die, die uns wie Verbrecher behandeln wollen, sind verantwortlich für das größte Verbrechen unserer Zeit: einen absolut offensichtlichen Genozid."

Kurz danach kam es tatsächlich zur Begegnung. "Wir haben eine schlaflose Nacht hinter uns. Wir haben Besuch bekommen. Sie waren mit einem großen Militärschiff da und kleineren Motorbooten. Sie sind sehr nah an unsere Boote gefahren, haben teilweise unsere Kommunikationstechnologie lahmgelegt, sind dann aber wieder verschwunden." Wenig später zeigte sich Schütter kämpferisch: "Jetzt ist endlich die Sonne wieder aufgegangen und wir fahren weiter: direkt nach Gaza."

Vom Ski-Star zum Klima-Kleber

Der 26-jährige Steirer hat eine ungewöhnliche Laufbahn hinter sich. Noch vor zwei Jahren stand Schütter im Rampenlicht des alpinen Ski-Weltcups – mit starken Fahrten in Wengen und Kitzbühel, ehe ihn Verletzungen stoppten. Parallel engagierte er sich immer stärker als Klima-Aktivist: Auftritte bei ServusTV, Debatten mit Ex-ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel, vegane Ernährung, öffentliche Selbstkritik als "Täter im patriarchalen System". Die teils harten Reaktionen auf seine Aussagen führten zu einem Rückzug aus der Öffentlichkeit – nun meldet er sich spektakulär zurück.

Bereits im Jänner 2024 sagte er im großen "Heute"-Interview, noch vor seinem Rücktritt als Aktiver: "Ohne den Aktivisten gäbe es keinen Rennfahrer Julian Schütter mehr. Ich stehe auf der richtigen Seite der Geschichte."

Mit Greta Thunberg auf Mission

Am 18. September brach Schütter sein monatelanges Schweigen und ging im spanischen Burriana an Bord der "Global Sumud Flotilla", einem Projekt des Netzwerks "Global Movement to Gaza". Ziel: den von Israel blockierten Küstenstreifen direkt mit Hilfsgütern zu erreichen. An seiner Seite: Klima-Aktivistin Greta Thunberg.

Wie wurde Schütter zum Aktivisten?

Julian Schütter ist Mitglied der Klimaschutz-Bewegung "Protect Our Winters". Der 25-jährige Schladminger hat sich auch der Bewegung "Letzte Generation" angeschlossen, die durch ihre Blockaden ("Klima-Kleber") und Störaktionen Aufmerksamkeit auf die Klimakrise und ihre Auswirkungen lenken.

Schütter setzte sich schon als Jugendlicher intensiv mit der Klimakrise auseinander. "Heute" verriet er, dass er mit den hohen Reisetätigkeiten und dem damit verbundenen, überdurchschnittlichen CO2-Fußabdruck als Skisportler haderte, seine Leistungen darunter litten. "Ich hatte bereits den Entschluss gefasst, aufzuhören. Als ich mir schon sicher war, dass ich aus dem Kader fliege, gab mir der ÖSV noch eine Chance. Es kam mir dann falsch vor, diese auszuschlagen. Ich musste an alle denken, die mit mir gemeinsam mit dem Skifahren angefangen haben und es nicht in den Weltcup schafften, diese Chance nicht bekamen."

Mit einer Sportpsychologin schmiedete er den Plan, den Sport als Bühne zu nützen, so vor einem möglichst großen Publikum über die Klimakrise sprechen zu können. "Sonst hätte ich es mir gegenüber nicht rechtfertigen können."

Die internationale Flotte war Anfang September in Barcelona gestartet, ursprünglich mit rund 300 Aktivisten. Bereits kurz nach dem Ablegen sorgten Berichte über Angriffe für Schlagzeilen: Ein Schiff sei in tunesischen Gewässern von einer Drohne getroffen worden, hieß es. Offizielle Stellen in Tunis sprachen von einem Brand durch eine defekte Rettungsweste.

In Österreich hätte auch Millionenerbin Marlene Engelhorn Teil der Delegation sein sollen. Sie verzichtete kurzfristig: "Damit nicht noch eine weiße, privilegierte Person mit Reichweite dabei ist."

Humanitäre Mission mit hohem Risiko

Für Thunberg ist es bereits der zweite Versuch, den Gazastreifen per Schiff zu erreichen. Dass die Flotte von Israel nicht willkommen ist, war den Aktivisten von Anfang an bewusst. Die Ereignisse der vergangenen Stunden zeigt, wie ernst die Lage ist.

Der Rennfahrer Schütter

Julian Schütter wurde 2022 österreichischer Staatsmeister im Super-G. Im Europacup konnte er einen Podestplatz erringen. Der Speedathlet gehört dem B-Kader des österreichischen Skiverbands an.

Letzten Jänner zeigte der Steirer mit starken Leistungen bei den Weltcup-Klassikern in Wengen und Kitzbühel auf. Der Kreuzbandriss warf ihn zurück. Rückenprobleme bremsen Schütter bisher im Ski-Winter 2023/24

Im Nachwuchs zeigte der Wahl-Innsbrucker mit Siegen bei Österreichischen Jugendmeisterschaften im Super-G (2016/17) und in der Abfahrt (2017/18) auf, errang 2018/19 den Vize-Juniorenweltmeister-Titel in der Abfahrt.

Schütter selbst erhebt schwere Vorwürfe: "Wir fahren friedlich, mit Hilfsgütern für Menschen, die hungern. Es ist Israel, das hier internationales Recht bricht und uns daran hindern will, Notleidende zu versorgen."

{title && {title} } sek, {title && {title} } 01.10.2025, 11:51
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