Coronavirus

"Lockerer Umgang" lässt die Corona-Zahlen explodieren

Die Corona-Zahlen steigen in Österreich massiv an, deswegen kommen neue Maßnahmen. Ein Experte erklärt, warum das eigentlich nicht notwendig wäre.

Rene Findenig
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Primar Bernd Lamprecht gilt als heimischer Corona-Experte.
Primar Bernd Lamprecht gilt als heimischer Corona-Experte.
Screenshot ORF

Oberösterreich verzeichnete am Donnerstag die höchsten Coronavirus-Neuinfektionen ganz Österreichs. Auch die Situation in den heimischen Spitälern ist kritisch: 700 Menschen befinden sich wegen Corona-Symptomen im Spital, das sind innerhalb von 24 Stunden um 36 Personen mehr. Corona-Experte Primar Bernd Lamprecht nahm am Donnerstagabend in der ORF-"ZiB 2" bei Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher zur Situation im Land Stellung.

Primar Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler-Universitätsklinikum in Linz, sieht in der "Sorglosigkeit" der Bevölkerung den Grund für die derzeit hohen Ansteckungszahlen. Im Sommer hätte man gesehen, dass die Infektionszahlen mit Maßnahmen wie der Schutzmaske und dem Sicherheitsabstand niedrig gewesen seien und man weit von einem Lockdown entfernt war. "Sorglosigkeit und lockerer Umgang führen zu hohen Zahlen, nicht nur der Herbst", so der Experte.

"Man kann alles vergleichen, auch einen Lastwagen mit einem Fahrrad"

Dass einige Menschen eine Corona-Infektion mit einer Grippe vergleichen würden, kommentierte der Primar nüchtern: "Man kann alles vergleichen, auch einen Lastwagen mit einem Fahrrad." Fakt aber sei, dass das Coronavirus Zellen im oberen Nasenbereich zwar nicht so stark wie eine Grippe schädige, sich dafür aber "rasend schnell" über die Blutbahn verbreite und Blutgefäße angreife, was auch zu schweren Verläufen mit Blutgerinnseln führen könne.

In Oberösterreich befänden sich laut Lamprecht 110 Patienten nach Corona-Infektionen im Spital, 13 müssten intensiv behandelt werden. Dies sei "noch keine Belastungsprobe, aber wir gehen davon aus, dass die Zahlen weiter steigen werden" – und vor allem ältere und gefährdete Personen befalle. "Ein Kompromiss aus Routinebetrieb und Coronavirus-Behandlung kann nur gelingen, wenn die Zahlen im moderaten, niedrigen Bereich bleiben", so der Primar.

"Auch das Meiden großer Versammlungen wäre wichtig"

Der Experte betonte auch, dass eigentlich gar keine zusätzlichen Corona-Maßnahmen notwendig wären, um gut durch den Herbst und Winter zu kommen. Nämlich, wenn sich die Österreicher einfach an die seit März bekannten Maßnahmen wie Sicherheitsabstände und Schutzmasken halten würden. "Auch das Meiden großer Versammlungen wäre wichtig", so Lamprecht, die vergangenen Winter hätten gezeigt, dass die Spitäler nämlich auch ohne Corona-Patienten ausgelastet waren.

Da nun aber auch aufgrund der Sorglosigkeit und der Nichtbeachtung der Regeln neue Maßnahmen folgen werden, hofft der Experte darauf, dass diese zielgerichtet sein werden. Sie müssten "dort greifen, wo wir das höchste Risiko haben", konkret bei älteren Menschen und in Heimen. "Daneben müssen wir das Contact-Tracing optimieren, da brauchen wir die Mithilfe der Österreicher", so der Primar, auch eine Registrierung in Lokalen und Co. könne helfen. 

"Auch Kinder können sich anstecken und eine hohe Viruskonzentration im Rachen haben"

Noch nicht restlos geklärt sei dagegen die Rolle von Kindern beim Coronavirus. "Wir gehen davon aus, dass Kinder sich nicht so häufig anstecken", so der Experte, das sehe man auch am Anteil der Kinder unter den Corona-Erkrankten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. "Aber: Auch Kinder können sich anstecken und eine hohe Viruskonzentration im Rachen haben, und sie können dann auch andere anstecken", sagte Lamprecht. 

Abschließend schätzte der Experte die Lage, wo sich die Österreicher am häufigsten anstecken würden, ein: "Die meisten Menschen stecken sich im privaten Bereich an, im eigenen Haushalt", außerdem gelegentlich auch am Arbeitsplatz, wenn dort schwierige Bedingungen wie ein enger Raum mit mehreren Personen und kühle Temperaturen vorherrschen würden, aber auch wo wegen Lärm geschrien werden müsse. 

    Vor 100 Jahren wütete die Spanische Grippe.
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