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Liedgut-Experte findet Gabalier-Hit "gefährlich"

Heute Redaktion
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Der "Volks-Rock'n'Roller" Andreas Gabalier sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, "rechtsnationales" Gedankengut zu verbreiten. Nun legt ein Experte für NS-Musik nach.

Regelmäßig füllt Andreas Gabalier Stadien und landet an der Spitze der Charts. Doch genau so oft sorgt er auch mit Kontroversen für Schlagzeilen. So war seine Auszeichnung mit dem Karl-Valentin-Orden von lautem Protest begleitet. Kritiker warfen dem "Volks-Rock'n'Roller" "rechtsnationales, frauenfeindliches und homophobes Gedankengut" vor.

Kurz darauf wurde darüber diskutiert, ob in einer Pose Gabaliers auf einem Album-Cover ein Hakenkreuz zu sehen sei. Rechte Kreise befeuerten die Debatte, indem sie im Netz zur "Gabalier-Kreuz-Challenge" aufriefen.

Gabalier reagierte, indem er zu einer eigenen Challenge aufrief. Zu den Rechtspopulismus-Vorwürfen sagt er: "Es wäre schön, wenn sich manche Kritiker intensiver mit mir beschäftigen würden. Dann wüssten sie, dass an den Vorwürfen aber so gar nichts dran ist."

Das deutsche Online-Portal "Bento" hat nun einen Experten gebeten, die Lieder des Schlagersängers zu analysieren. Michael Fischer ist geschäftsführender Direktor des Zentrums für Populäre Kultur und Musik der Uni Freiburg. Er forscht zu volkstümlichen Liedern aus der NS-Zeit bis heute.

"Was Andreas Gabalier besingt, ist reaktionärer Kitsch und schon nahe an der Selbstparodie volkstümlicher Musik"

Über Gabaliers Hits hat Fischer nicht viel Gutes zu sagen: "Was Andreas Gabalier besingt, ist reaktionärer Kitsch und schon nahe an der Selbstparodie volkstümlicher Musik", so der Forscher.

Manche Passagen seien "gefährlich", warnt Fischer. Von dem ganzen "Hulapalu" dürfte man sich nicht einlullen lassen. Und weiter: Die Lieder trügen fragwürdige Botschaften in sich.

Fischer analysiert für "Bento" konkrete Stellen. So nutze Gabalier im Song "Mein Bergkamerad" "bewusst Begriffe aus einem rechtspopulistischen Umfeld". Die dazugehörige Liedzeile:

"Kameraden halten zusammen ein Leben lang,

Eine Freundschaft, die ein Männerleben prägt

Wie ein eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht

Und selbst dem allerstärksten Sturmwind widersteht"

Fischer dazu: "Wenn er von einem eisernen Kreuz auf einem Gipfel singt, dann ist das eine gewollte Provokation. Das kann kein Zufall sein, soviel Naivität kann man Gabalier kaum unterstellen." Der Historiker ist überzeugt davon, dass der "Volks-Rock'n'Roller" in der Passage auf den Kriegsorden der NS-Zeit anspielen möchte.

Auch in "Kleine steile heile Welt" findet Fischer fragwürdige Zeilen:

"I glaub an den Petrus an der Himmelstür

Der sagt, komm her zu mir, Buab I muss reden mit dir

Vaterunser beten, Holzscheitelknien"

Diese Passage empfindet der Historiker als "geradezu skandalös". Er habe eine friedliche Vorstellung vom Christentum. Dass man in die selbe Zeile eine "Foltermethode" reinpackt, müsse seiner Ansicht nach jeden "religiös empfindenden Menschen" empören.

Auch veraltete Rollenbilder entdeckt Fischer in einigen Zeilen. So auch zum Beispiel in "Mein Großvater hat gesagt". Da singt Gabalier:

"Es schmeichelt uns sehr, doch es macht uns net an

Warum muss denn a Dirndl heut sein wie a Mann

Völlig verbissen, schon fast verkrampft emanzipiert

So dass man die ganze Freud am Knuspern verliert

Aber jeder von uns steht halt net auf an Mann

Wir beißen viel lieber an am echten Dirndl an"

Für den Historiker ist klar, dass in dem Text mitschwingt, dass die Frauen die Emanzipation sein lassen und viel lieber "ihr Dekolleté zeigen" sollen. Allerdings bleibe Gabalier dabei bewusst vage. Seiner Ansicht nach klares Kalkül des "Volks-Rock'n'Rollers": "Gabalier muss so vage bleiben, sonst würde er viele weibliche Fans verlieren."

Der Historiker betont, dass Gabalier volles Recht darauf habe, sein Weltbild in seinen Liedern zu besingen. "Auch der Schlager ist von der Kunstfreiheit geschützt", so Fischer. Jedoch verweist er darauf, dass er kein "Lausbube" sei. Man müsse sich im Klaren sein, welche Botschaften der Sänger hier verbreiten möchte.

Fischer vergleicht Gabalier mit rechtspopulistischen Politikern, die ebenfalls ein "Spiel mit den Begriffen" betreiben würden. Man wolle provozieren, aber in den gewollten Kreisen eine Wirkung erzielen. Komme es zur Kritik, werde zurückgerudert. (slo)