Niederösterreich

Mikl-Leitner muss jetzt vor Wahl-Anfechtung zittern

15 von 44 Abgeordneten stimmten bei Johanna Mikl-Leitners Wahl zur nö. Landeschefin ungültig. Eine Anfechtung soll daher gute Chancen haben.

Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Rahmen der Konstituierenden Sitzung des Niederösterreichischen Landtages am Donnerstag, 23. März 2023, in St. Pölten
Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Rahmen der Konstituierenden Sitzung des Niederösterreichischen Landtages am Donnerstag, 23. März 2023, in St. Pölten
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Verfassungsjurist Karl Stöger von der Uni Wien räumt laut "Standard" einer möglichen Anfechtung der Wahl von Johanna Mikl-Leitner (VP) zur niederösterreichischen Landeshauptfrau gute Chancen ein. Denn es sei rechtlich unklar, ob die gültigen Stimmen tatsächlich ausgereicht hätten.

"Frage müsste VfGH klären"

"Das wäre eine Frage, die der Verfassungsgerichtshof klären müsste", so Karl Stöger. Die nö. Landtagsdirektion verwies indes auf "APA"-Anfrage auf Bestimmungen in der Geschäftsordnung des Landtages.

Rückblick auf 23. März 2023: Nur mit den Stimmen der VPNÖ (23 Landtagssitze) und einer weiteren war die alte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner auch zur neuen Landeschefin gewählt worden. Von 41 gültigen entfielen 24 gültige auf Mikl-Leitner, 17 stimmten mit "Nein". Das Votum entspricht also der Anzahl der Mandatare der VP plus einer weiteren Stimme. 15 Abgeordnete – unter ihnen wohl die 14 der FP – wählten ungültig. FPNÖ-Landesparteichef Udo Landbauer erhielt als Landesvize 25 von 44 gültigen Stimmen.

Angelobung von Mikl-Leitner - zum Durchklicken

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    Am Freitagvormittag fand die Angelobung der ehemaligen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zur Landeshauptfrau von Niederösterreich statt.
    Am Freitagvormittag fand die Angelobung der ehemaligen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zur Landeshauptfrau von Niederösterreich statt.
    HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

    "Die Landesverfassung sieht bei der Wahl der Landesräte vor, dass leere Stimmzettel außer Betracht bleiben. Bei der Wahl zur niederösterreichischen Landeshauptfrau und ihren Stellvertretern fehlt diese Anordnung", wurde Stöger vom "Standard" zitiert. Wenn die Verfassung die ungültigen Stimmzettel bei den Landesräten ausschließt, könnte man das auch auf die Wahl der höhergestellten Regierungsmitglieder ausweiten, weil dort nichts Näheres bestimmt ist, hieß es. Die zweite Lesart sei: Weil die Verfassung diese Regelung nur bei den Landesräten explizit vorsieht, gilt sie bei der Landeshauptfrau gerade deswegen nicht.

    Karl Stöger sieht das laut "Standard" aber nicht als entscheidend an, da der entsprechende Passus in der Geschäftsordnung nur dann greife, wenn nichts anderes bestimmt ist. Das wäre aber bei einer etwaigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) der Fall, hieß es in dem Bericht.

    "Wir haben immer gesagt: Wenn eine Koalition mit einem Wortbruch beginnt, dann wird sie nicht gut enden. Der Pakt aus ÖVP und FPÖ steht in jeder Hinsicht auf wackeligen Beinen", teilte SPNÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander mit, die Roten werden nun weitere Schritte prüfen.

    Reaktionen der anderen Parteien

    "Solche Diskussionen entstehen aufgrund des undurchsichtigen Proporzsystems in Niederösterreich", meinten dazu die Grünen NÖ.

    "Der VfGH kann auch von selbst tätig werden", sagte ein Sprecher der niederösterreichischen NEOS auf Anfrage. Die NEOS würden jedenfalls Klarheit im Fall einer unklaren Regelung begrüßen.

    "Rechtslage völlig eindeutig"

    "Die Rechtslage und die Auslegung der Landtagsdirektion ist in dieser Frage völlig eindeutig“, betonte VPNÖ-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner. 

    Eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof können laut Stöger nur Mitglieder des Landtages einbringen – und zwar mindestens ein Zehntel, also sechs Mitglieder. Viel Zeit zum Überlegen bleibt somit nicht: Die Frist beträgt vier Wochen und läuft damit Mitte dieser Woche aus.

    Das sagt Landtagspräsident

    Der nö. Landtagspräsident Karl Wilfing fand am Montagabend dazu per Aussendung klare Worte: "„Das Wahlprozedere wurde einvernehmlich in der Präsidialkonferenz mit den Vertretern der Parteien vorbereitet und besprochen. Weder in der Präsidiale noch während des Wahlvorganges im Plenum gab es – etwa durch einen Ruf zur Geschäftsordnung während der Landtagssitzung am 23. März – organisatorische oder rechtliche Kritik am Wahlprozedere. Es ist schon einigermaßen verwunderlich, dass solch zentrale demokratischen Vorgänge wie Wahlen der Mitglieder der Landesregierung von den Landtagsparteien weder in der Vorbereitung noch in der konkreten Durchführung auch nur ansatzweise in Diskussion oder gar in Zweifel gezogen wurden, sondern erst knapp vier Wochen nach der Sitzung Thema werden. Die Wahl wurde von mir sowohl rechtlich als auch organisatorisch nach den Bestimmungen unserer Landesverfassung und Landtagsgeschäftsordnung vorbereitet und durchgeführt.“