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Facebook führt zu mehr Gewalt an Flüchtlingen

Forscher zeigen, dass Attacken an Immigranten mit der Aktivität auf Facebook zusammenhängen: Mehr Anti-Ausländer-Posts führen zu mehr Gewalt.

Heute Redaktion
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Die vermehrte Nutzung eines sozialen Netzwerks kann zu gesteigertem asozialem Verhalten führen. Das zeigt eine Studie von Karsten Müller und Carlo Schwarz der Universität Warwick aus England.

Ihre Theorie: Wenn landesweite Wellen von rechter Hetze und eine Anti-Flüchtlings-Stimmung tatsächliche Gewalttaten mit sich ziehen, schlägt sich diese Hetze auch in TV, Mundpropaganda, Radio und sozialen Medien nieder. Wenn sich die Anti-Haltung gegenüber Immigranten und Flüchtlingen wirklich über Social Media verbreitet, heißt das also, dass in der Folge auch mehr Gewalttaten zu erwarten sind?

Nutella versus AfD

Um diese Theorie zu testen, haben sich Müller und Schwarz die Aktivitäten zweier Haupt-Facebookseiten aus Deutschland genauer angesehen. So wollten sie die generelle Social-Media-Nutzung mit jener von rechtsextremen Gruppen vergleichen. Als Messlatte für die reguläre Facebooknutzung galt die Seite @nutelladeutschland (31 Millionen "Gefällt mir"-Angaben), jene für die Rechtsextreme war die Seite @alternativefuerde (414.000 "Gefällt mir"-Angaben).

Hundertausende Posts und Kommentare wurden analysiert. So war es den Forschern möglich, allgemeine Muster der Nutzung sozialer Medien zu identifizieren und diejenigen zu isolieren, die sich gegen Flüchtlinge richten.

Deutschland bestätigt Theorie

Mit ihren Messungen konnten Müller und Schwarz feststellen, dass in Gebieten mit einer höheren Facebook-Nutzung einer besonders hohen Anti-Flüchtlingsstimmung im Internet die Anzahl von Anti-Flüchtlings- und Hassverbrechen überproportional anstiegen. Besonders ausgeprägt sei der Effekt bei Gewalttaten wie Brandstiftung und Körperverletzung.

Auf den Nenner gebracht weist dies darauf hin, dass die sozialen Medien eine Rolle in der Verbreitung einer deutschlandweiten Flüchtlingsfeindlichkeit spielen, so die Forscher.

Social Media als Propagandainstrument

Die Wissenschaftler sagen jedoch keinesfalls, dass soziale Medien selbst Gewalt und Verbrechen an Flüchtlingen und Immigranten hervorrufen. Sie wissen um die vielen Einflussfaktoren, die zu Hasstaten motivieren können, Bescheid. Lokale Unterschiede in der fremdenfeindlichen Ideologie oder eine höhere Sichtbarkeit von Einwanderern sind nur zwei Beispiele davon.

Ihr Argument ist vielmehr, dass soziale Medien als Propagandainstrumente dienen können und so hasserfüllte Gefühle provozieren und schüren können. Quasi zufällige Stimmungsänderungen in der lokalen Bevölkerung aufgrund von genau solchen Stimmungsänderungen in sozialen Medien können einen Einfluss auf die Anzahl Attacken auf Flüchtlinge haben.

Richtigstellung der Sachlage

Doch sind dies wirklich Ursache und Wirkung? Gibt es bei solch komplexen Vorgängen wie der Meinungsbildung und Gewaltakten nicht weitaus mehr zu beachten? Die Studienautoren haben diesen Einwand vorausgesehen und waren äußerst vorsichtig, die Social-Media-Nutzung mit den Angriffen in Verbindung zu setzen.

Doch die Verbindung scheint klar zu sein. Dort, wo hasserfüllte Inhalte, die via Facebook verbreitet werden, am meisten Gehör finden, dort findet sich laut den Forschern die höchste Gewaltrate gegenüber Flüchtlingen und Immigranten. (vhu)