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Facebook will vorsichtige Nutzer austricksen

Was Datenschutz angeht, sind Nutzer derzeit misstrauisch gegenüber Facebook. Mit diesen Tricks will der Konzern trotzdem an ihre Daten kommen.

Heute Redaktion
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Facebook fordert Nutzer derzeit auf, ihre Dateneinstellungen zu überprüfen. Wie dieses Formular aussieht, sehen Sie im Video. Dabei geht es etwa darum, neue Nutzungsbedingungen zu akzeptieren. Tut man das nicht, muss man Facebook verlassen. "Viele Nutzer wollen heute gar nicht mehr auf Facebook verzichten", sagt Aldo Gnocchi, Unternehmensberater und Digital-Experte. Für die, die aber unsicher sind, hat sich der Konzern für das Formular einige Tricks ausgedacht:

• Positive Sprache

Facebook spricht in Bezug auf die neue EU-Datenschutzverordnung von "besonders geschützten Daten". Dazu gehören etwa Religion oder sexuelle Orientierung. Tatsächlich schützen will das Unternehmen diese Daten aber nicht: Nutzer müssen wählen, ob sie diese Informationen komplett von ihrem Profil entfernen oder auch dem Konzern zur Verfügung stellen wollen. Es ist also nicht möglich, etwa seine sexuelle Orientierung den eigenen Facebook-Freunden anzeigen zu lassen, ohne dass diese Information auch zu Werbezwecken verwendet werden könnte.

• Ablehnen ist mühsam

Die von Facebook vorgegebenen Standard-Einstellungen lassen sich mit einem Klick akzeptieren. Anders ist es, wenn man mit diesen Einstellungen nicht einverstanden ist: Wer etwa nicht will, dass Facebook seine religiösen Ansichten nutzt, um Funktionen oder Produkte zu personalisieren, muss sich durch vier Menüs klicken. Auffällig ist, dass Nutzer noch einmal explizit gefragt werden, ob sie die Informationen wirklich entfernen wollen. Umgekehrt ist keine extra Bestätigung nötig, dass man mit den Standard-Einstellungen einverstanden ist.

• Versprechen

"Wenn wir die Daten für die Auswahl von Werbung verwenden, siehst du für dich relevantere Anzeigen", verspricht Facebook seinen Nutzern in der Hoffnung, dass sie einwilligen. Denn der große Gewinner ist laut Experte Gnocchi der Konzern – auch wenn Nutzer durch relevantere Anzeigen etwas weniger genervt würden.

• Änderung kaum spürbar

Wer seine "besonders geschützten Daten" auf Facebook löscht, wird darauf hingewiesen, dass er möglicherweise trotzdem Werbung sehen wird, die etwa mit seiner sexueller Orientierung zu tun hat. Das liege an anderen Handlungen, die das Interesse an diesen Themen zeige. "Facebook weiß sowieso, ob ein Nutzer etwa homosexuell ist", sagt Gnocchi. Dank der riesigen Datenmengen, die das Unternehmen hat, müsse das gar nicht explizit angegeben werden.

• Facebook-Entzug angedroht

Der Konzern hat seine Nutzungsbedingungen, Datenrichtlinien und Cookie-Richtlinien aktualisiert. Wer auf den Link "deine Möglichkeiten" für diejenigen, die die Änderungen nicht akzeptieren wollen, klickt, wird eingeladen, sein Konto zu löschen. Das könne nach einigen Tagen nicht mehr rückgängig gemacht werden, lautet die Warnung. Subtil: Das Layout des Formulars suggeriert mit Symbolen in der rechten oberen Ecke, dass auf den Nutzer Nachrichten warten, auch wenn das in Wirklichkeit gar nicht der Fall ist. "Das könnte ein psychologischer Trick sein, um dem Nutzer einen Anreiz zu geben, die Änderungen zu akzeptieren", so Gnocchi.

• Die Zusammenfassung, die keine ist

Im Formular werden Änderungen an den Nutzungsbedingungen zwar aufgelistet, bei genauerem Hinschauen zeigt sich aber, dass es sich dabei nicht um eine richtige Zusammenfassung handelt. So steht etwa, die Veränderungen beträfen Informationen über die Datenverarbeitung. Wer wissen will, was das für Veränderungen sind, muss sich trotzdem den Nutzungsbedingungen widmen. So entsteht der Eindruck, man habe eine Kurzversion des Dokuments gelesen, auch wenn man dessen Inhalt nicht kennt. Das gebe den Nutzern vor allem ein gutes Gefühl, gerade nach dem Datenskandal um Cambridge Analytica, sagt Gnocchi dazu.

• Angst vor Identitätsdiebstahl

Um Nutzer vor Identitätsdiebstahl zu schützen, setzt Facebook auf Gesichtserkennungstechnologie. Das steht zumindest im Formular. Die Angst vor Identitätsdiebstahl dürfte ein guter Grund für die Verwendung der Technologie sein, sagt Gnocchi. Schließlich komme es oft vor, dass Datenschnüffler von Personen – auch von solchen, die nicht im öffentlichen Interesse stehen – Profile nachbauen, um so an die Daten anderer zu gelangen. Zudem weiß Gnocchi von keiner konkreten Methode, mit der Facebook derzeit die Bilddaten fürs Profiling oder zu Werbezwecken nutzt, und glaubt auch nicht, dass das Unternehmen das tun würde.

Facebook betont, dass Nutzer diese Einstellungen auch im Nachhinein jederzeit wieder ändern können.

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