Klimaschutz

"Fahre Bahn und Rad": Ministerin verzichtet aufs Auto

Kein Dienstwagen, aber eine Vollgas-Ansage: Ministerin Gewessler möchte, dass 2029 in Österreich 9 von 10 Plastikflaschen getrennt gesammelt werden.

Clemens Oistric
Teilen
Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne)
Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne)
Sabine Hertel

"Heute"-Redaktion in der Wiener Walfischgasse. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) fährt zum Interviewtermin nicht mit einer Dienst-Limousine vor, sondern kommt mit ihrem Mitarbeiter zu Fuß. Ihr ganze Ausrüstung (Schuhe zum Wechseln, Arbeitsunterlagen) hat sie in einem modischen Rucksack dabei. Auto? Fehlanzeige, so Gewessler: "Ich habe keinen Dienstwagen, denn mich möglichst klimafreundlich zu bewegen, ist ein Teil dessen, was ich im Alltag beitragen kann."

Öffi-Fan ohne Masken-Aversion

Wie sie bei ihren zahlreichen Terminen von A nach B gelangt? "Ich fahre mit den Öffis, mit dem Rad und wenn ich, wie nächste Woche etwa, nach Vorarlberg muss, fahre ich mit dem Nachtzug." Österreich habe laut Gewessler "das Glück, ein gutes Öffinetz zu haben – und wir arbeiten daran, dass das noch besser wird". Die Ministerin sei "leidenschaftliche Bahnfahrerin". Die nun verpflichtend vorgeschriebene FFP2-Maske belaste sie "gar nicht", die Menschen würden sich ihren Beobachtungen zufolge auch "sehr gut daran halten".

Leonore Gewessler (einst Global-2000-Chefin, seit Jänner 2020 Klimaschutzministerin) stellte erst kürzlich mit der Supermarktkette Lidl einen Einwegpfandautomaten, der von Kunden kinderleicht benützt werden kann, vor. Hintergrund, so die Expertin: "Wir haben in Österreich ein wirkliches Problem – wir sind leider ein Land der Plastikmüllberge. Es ist ein großes Problem, dass die Plastikflaschen in der Natur landen. Das geht vielen Menschen gegen den Strich und daher suchen wir eine Lösung."

"Flaschen besser recyclen"

Die Lösung heiße nun "Einwegpfand und mehr Mehrweg". Bedeutet konkret? "Wir werden auch in Zukunft noch Plastikflaschen in Österreich verwenden, aber wir werden sie länger verwenden und wir werden sie besser recyclen, weil sie bepfandet sind – das ist der Plan, an dem wir gerade arbeiten."

Umweltministerin Leonore Gewessler im Gespräch mit <em>"Heute"</em>-Herausgeberin Eva Dichand und Clemens Oistric<br>
Umweltministerin Leonore Gewessler im Gespräch mit "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand und Clemens Oistric
Sabine Hertel

"Müssen uns verdoppeln"

Der Weg in eine klimaneutrale Zukunft sei noch ein weiter, gibt Gewessler im Interview (siehe Video) zu: "Wir recyclen 25 Prozent, müssen uns auf 55 Prozent mehr als verdoppeln." Und bei den Plastikflaschen? "Da müssen wir bis 2029 neun von zehn getrennt sammeln. Derzeit sind wir bei rund sieben von zehn."

Leonore Gewessler (Die Grünen) zur Abschiebung einer Schülerin nach Georgien: "Wir haben uns hinter und vor den Kulissen dafür eingesetzt, dass wir eine menschliche Lösung finden. Das ist in dem Fall leider nicht gelungen."

Im Gespräch mit "Heute" nimmt Gewessler auch zur Abschiebung der gut integrierten Schülerin Tina, die das Koalitionsklima abgekühlt hat, Stellung. "Diese Bilder machen mich unglaublich betroffen", so die Grünen-Politikerin, die den Entscheid in der Koalition zur Kenntnis nehmen musste. "Mir tut es wirklich von Herzen leid, dass wir in diesem Fall nicht im Sinne dieses Kindes eine menschliche Lösung gefunden haben."

Gewessler will weiterkämpfen

"Wir haben uns alle nicht nur sehr, sehr deutlich geäußert, sondern auch hinter und vor den Kulissen dafür eingesetzt, dass wir eine menschliche Lösung finden. Das ist in dem Fall leider nicht gelungen, aber wir werden weiter daran arbeiten, dass wir für vergleichbare Fälle eine Lösung finden." Immerin gehe es um Kinder. "Und Kinder", so Gewessler, "können für die Entscheidungen ihrer Eltern nichts. Sie sind hier gut integriert, haben einen Freundeskreis und sehen Österreich als ihre Heimat. Das ist gelungene Integration. Um für sie eine gute Lösung zu finden, dafür werden wir weiterkämpfen – jeden Tag."