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Die kuriose Angst vor Ventilatoren in der Nacht

Viele Südkoreaner sind davon überzeugt, Ventilatoren seien für den Tod zahlreicher Menschen verantwortlich. Das steckt dahinter.

Heute Redaktion
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Dass man vor Spinnen Angst hat, beim Anblick von Schlangen Reißaus nimmt oder sich lieber auf den Boden wirft, als sich in die Höhe zu begeben: Das ist alles irgendwie nachvollziehbar.

Schwieriger ist es, Verständnis für die Angst vor in der Nacht laufenden Ventilatoren zu haben. Doch in Südkorea ist sie allgegenwärtig. Das ungute Gefühl ist so verbreitet, dass Elektrofach-Geschäfte die Geräte zwar im Angebot haben, aber gleichzeitig vor ihnen warnen.

Wieso die Warnungen?

Die Geräte, die durch Rotation für Wind sorgen, sollen gleich in mehrfacher Hinsicht gefährlich sein. So sollen sie krank machen und im schlimmsten Fall sogar zum Tod sich im Raum befindlicher Personen führen, wenn man sie denn nachts und bei geschlossenem Fenster laufen lässt.

Konkret befürchten die an den Mythos glaubenden Südkoreaner, dass der Wind aus der Steckdose ihnen die Luft zum Atmen nimmt – wahlweise weil Ventilatoren ein Vakuum erzeugen oder weil sie den Sauerstoff in der Luft verbrauchen, während sie gleichzeitig giftiges Kohlendioxid (C02) erzeugen.

Des Weiteren sind die Anhänger der sogenannten Fan-Death-Theorie davon überzeugt, Ventilatoren könnten die Temperatur im Raum so weit reduzieren, dass den darin schlafenden Menschen der Tod durch Unterkühlung droht. Und tatsächlich: Im Sommer werden in Südkorea immer wieder Todesfälle durch Ventilatoren gemeldet.

Nur bei Tag und geöffnetem Fenster sind Ventilatoren laut Südkoreanern unproblematisch. (Bild: iStock)

Gibt es Beweise?

Um herauszufinden, wie realistisch die den Ventilatoren zugeschriebenen Schreckensszenarien sind, wurden bereits zahlreiche Studien durchgeführt. Doch Beweise, die für den Mythos sprechen, förderten sie nicht zutage.

Auch Rim Chun-Paek vom Korean Advanced Insitute of Science and Technology (Kaist) in Daejeon fand keine Belege, obwohl er für seine Nachforschungen sogar seine Tochter eingespannt hat. Laut Welt.de ließ die zu jenem Zeitpunkt 13-Jährige ihre Werte im Schlaflabor beurteilen – einmal mit laufendem und einmal mit ausgeschaltetem Ventilator. Doch die Unterschiede waren so minimal, dass sie kaum messbar waren.

Einzig eine Auffälligkeit konnte Rim Chun-Paek feststellen: "Ich habe die Energieersparnis errechnet. Die liegt in einigen Haushalten bei bis zu drei Prozent im Jahr."

Auch am renommierten Kaist-Institut beschäftigte man sich mit dem Thema Fan-Death. (Bild: Wikimedia Commons/Revi/CC BY 2.0 KR)

Woher stammt der Irrglaube?

Wo der Mythos seinen Ursprung hat, ist unklar. Fest steht nur, dass Medien, Behörden und natürlich auch die Menschen selbst dafür sorgen, dass der Glaube daran nicht aufgegeben wird. Selbst die Regierung soll ihren Teil dazu beigetragen haben, indem sie während der Energiekrise in den 1970er-Jahren die Nutzer vom Kauf der Luftverwirbler abhalten wollte.

Möglicherweise hat das Gerücht seinen Ursprung in den 1970er-Jahren. (Bild: Pexels/Laurie Shaw/PD)

Was erklärt dann die Todesfälle im Sommer?

Es gibt zwei wissenschaftliche Erklärungsansätze. In dem einen wird der Nocebo-Effekt, also das Gegenstück zum Placebo-Effekt, angeführt. Demnach kann etwas Ungefährliches negative Auswirkungen haben, wenn die damit konfrontierte Person nur fest genug daran glaubt.

Die andere Erklärung berücksichtigt, dass die Ventilatortode vor allem im Sommer gemeldet werden. Sie geht davon aus, dass die Todesfälle in Wahrheit auf zu große Hitze und daraus resultierende Gesundheitsprobleme zurückgehen.

Ist zu große Hitze das Problem und gar nicht der Ventilator? (Bild: iStock)

Ein Leben ohne Ventilatoren?

Ganz auf Ventilatoren wollen auch die Menschen in Südkorea nicht verzichten. Deshalb benutzen sie die Luftverwirbler nur tagsüber oder bei offenem Fenster. Zudem gibt es in Korea spezielle Ventilatoren, die mit einem Timer ausgestattet sind und sich nach einiger Zeit selbstständig ausschalten. Den Kunden wird empfohlen, diesen zu nutzen, wenn sie schlafen gehen, während der Ventilator läuft.

Südkoreanische Ventilatoren haben spezielle Schalter. (Bild: Wikimedia Commons/PD)

Sind Ventilatoren also harmlos?

Für sie gilt, was für jedes andere Elektrogerät auch gilt: Es gibt immer ein Risiko. Kommt es zum Kurzschluss oder Kabelbrand ober brennt das Plastikgehäuse, können die Geräte Menschen im Schlaf töten. Ansonsten gelten sie als sicher.

Kabelbrand in einer Klemmdose. (Bild: Wikimedia Commons/Sumpfchiller/CC BY-SA 3.0) (fee/20 Minuten)