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Final Fantasy XV im Test: Evolution durch Revolution

Die Rollenspielserie Final Fantasy ist der Stoff, aus dem Legenden gemacht sind. Nun gibt es Teil 15.

Heute Redaktion
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Titel um Titel wusste Final Fantasy eine tiefgründige und epische Geschichte des uralten Kampfes zwischen Gut und Böse zu erzählen, die mit vielschichtigen Charakteren und emotionalen Wendungen begeisterte. Der Druck auf Final Fantasy XV und auf Square Enix war dementsprechend im Vorfeld gigantisch. Kann ein Spiel solchen Erwartungen überhaupt gerecht werden?

Die Krieger des Lichts in einem atemberaubenden Kampf gegen das Chaos und den Weltuntergang, gepaart mit einer Geschichte, die das Beste aus Fantasy und Science Fiction vereinte. So präsentierte sich Final Fantasy im Jahr 1987. Auch wenn es bis 2003 dauerte, dass es das japanische Rollenspiel bis nach Europa schaffte, so war der Grundstein für eine legendäre Serie geschaffen, die bis heute ebenso fasziniert wie begeistert.

Gleich blieb das Grundthema der Serie bis zum nunmehrigen 15. Teil. Das "Gute", verkörpert meist von einer Gruppe Helden, die sich aus oftmals egoistischen Motiven zusammenraufen, nimmt den Kampf gegen das "Böse" auf, das die Menschheit oftmals aus ebenso undurchsichtigen Motiven zu zerstören droht. Das Setting dagegen veränderte sich über die Zeit, Final Fantasy VII stellte den Wendepunkt dar, in dem sich die Umgebung von mittelalterlichen Elementen zu futuristischen Universen änderte.

Ein neues Abenteuer wartet

Die Hauptteile der Serie bedienen sich im Gegensatz zu den Ablegern nur selten Storyelementen und Figuren aus Vorgängern - dem bleibt auch Final Fantasy XV treu. Da die Story selbst das Herz der Final-Fantasy-Games darstellt, werden wir hier behutsam vorgehen und nichts spoilern. Der Spieler schlüpft in die Rolle von Kronprinz Noctis Lucis Caelum vom Königreich Lucis. Begleitet wird er von seinen Kameraden Ignis Scientia, Gladiolus Amicitia und Prompto Argentum.

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Eigentlich könnte ja alles so friedlich sein in Lucis, doch der geplante Friedensvertrag zwischen dem Königreich und dem kriegstreibenden Imperium Niflheim wird mit Blut befleckt statt mit Tinte unterschrieben. Final Fantasy XV versteht es hier aber nicht nur, eine kalte, brutale Kriegsgeschichte zu erzählen, sondern wie seine Vorgänger die Beziehungen und Freundschaften zwischen den Figuren in den Mittelpunkt zu stellen. Manch dunkles Geheimnis soll dabei ans Licht kommen.

Eine dicht gefüllte offene Welt

Den ersten Tumulten des Spiels entflohen, erwartet uns eine offene Spielwelt, die Einsteiger möglicherweise schnell überfordert. Während in anderen Open-World-Titeln wie Metal Gear Solid V: The Phantom Pain die weiten Ebenen eben weit, aber leer sind, gibt es hier an jeder Ecke etwas zu tun. Die Bauten und Szenerien zeigen sich prächtig und verleiten dazu, sich im digitalen Sightseeing zu verlieren. Außerdem warten - zu anfangs noch kleine - Monster darauf, die eigenen Kampfkräfte an ihnen zu verbessern. Dem rundenbasierten oder sonstwie limitierten Kampfsystem sagt man endgültig Lebwohl, Kämpfe erinnern nun etwas an Japan-Titanenjagden à la Xenoblade Chronicles oder Monster Hunter.

Für Abwechslung sorgen auch zahlreiche Nebenmissionen, versteckte Schätze sowie Minispiele, die die Spielzeit hochtreiben. Apropos Spielzeit: Final Fantasy hat ein gewaltiges Ausmaß. Wer bis zum Ende gelangt und auch noch einige Nebenmissionen erfüllt, der hat dann locker 50 Stunden (mindestens!) hinter sich gebracht. Ein kleiner Hinweis ist hier angebracht: Während die Möglichkeiten zu Beginn des Spiels grenzenlos scheinen, wird der Spieler im Verlauf des Games immer mehr in einen linearen Pfad gezwungen. Wer die Entscheidungsfreiheit Anfang genossen hat, wird hier etwas verwundert sein.

Großartiges Setting begeistert

Gerade die anfängliche Freiheit ist es, was Final Fantasy XV grandios macht. Auch die Kämpfe könnten abwechslungsreicher nicht sein. Sind die ersten Riesenskorpione, die durch die Wüste krabbeln, durch unser Schwert schnell Sushi, bekommen wir es gleich zu Beginn auch mit gigantischen Nashorn-Mutationen und Spinnen-Titanen zu tun. Hier sind geschickte Ausweichmanöver ebenso wie gut getimte Angriffe gefragt - die Echtzeitkämpfe fordern, auch wenn sie nie an den Schwierigkeitsgrad anderer Final-Fantasy-Titel heranreichen. Hardcore-Spieler könnten dadurch unterfordert sein. Allein die Atmosphäre und die perfekt abgestimmten Zwischensequenzen beim ersten Treffen mit einem monströsen Behemoth entschädigen aber für vieles.

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Auch die Dungeons, die optional und etwas lieblos ausgefallen sind, bieten zwar spannende Boss-Kämpfe und starke Waffen, langweilen aber wiederum mit schnell durchschaubaren Minirätseln. Gespaltener Meinung bin ich beim Kartensystem. Schon klar, dass man die gesamte Map einer Gegend aufgrund der Größe des Spiels nicht alleine durch Abmarschieren derselben aufdecken kann. Warum das aber passiert, wenn ich nur ein nettes Gespräch mit einem Mitarbeiter eines im Kartenabschnitt liegenden Lokals führe, ist für mich schwer nachvollziehbar. Eine Mischung aus Erkunden und vorgegebenen Punkten wäre wünschenswert gewesen.

Die Kämpfe machen richtig Spaß

Vom Einsteiger bis zum Meister, vom Kampfsystem wird wohl jeder FFXV-Zocker begeistert sein. In Szene gesetzt werden die größeren Gefechte von einer Mischung aus Echtzeit-Action und fließenden Cutscenes, die Steuerung ist eingängig. Das Halten der Angriffstaste führt zum Ausführen aneinandergereihter Angriffskombinationen, die Ausweichtaste bringt euch vor den Monster-Attacken in Sicherheit. Eure Begleiter sind dabei mehr als Statisten, sie wehren sich nach Leibeskräften, rufen um Hilfe, bieten diese auch an und stehen euch auch für gemeinsame Teamangriffe zur Verfügung.

Aus dem riesigen Angriffsrepertoire könnt ihr euch vier Waffen und Zauber festlegen, die sich schnell wechseln lassen. Das ist auch nötig, denn die Monster haben alle verschiedene Schwachstellen und lassen sich durch den geschickten Einsatz von Element- und Item-Kombinationen leichter bezwingen. Schade ist, dass ich mich dadurch nie wirklich unterlegen fühle, wie es in den Vorgängern der Fall war. Ist meine Waffe zu schwach, kaufe ich mir beim Händler eine neue und schneide das Monster in Stücke. So schön die Kämpfe dann auch inszeniert sind, Dark-Souls-gleiche Herausforderungen bieten sie nicht. Das Levelsystem kann sich aber sehen lassen, zehn Skill-Trees bieten jede Menge Abwechslung.

Ein etwas hektisches Finale

Wie im Text erwähnt ist es die zweite Hälfte, die etwas gewöhnungsbedürftig ist. Neben dem linearen Voranschreiten, das möglicherweise dem gewaltigen Ausmaß des Titels geschuldet ist, wird auch die Handlung und die Spielweise immer hektischer und tut der zuvor liebevoll aufgebauten Story nicht immer gut. Gleichzeitig zeigen sich plötzlich überraschende Gameplay-Elemente wie Stealth-Passagen und Kletter-Aufgaben. Warum nicht schon von Anfang an? Es wirkt, als hätten die Entwickler noch alle Ideen ins Ende verpacken und gleichzeitig die Story nicht zur unendlichen Geschichte ausarten lassen wollen. Einen Storybruch wie beim erwähnten The Phantom Pain gibt es zwar nicht, man hat aber das Gefühl, dass da von der Geschichte noch etwas anderes geplant war.

Quelle: YouTube

Wohlgemerkt: Ich kritisiere hier auf Final-Fantasy-Niveau, aber wo sonst soll man die Messlatte so hoch anlegen, als beim neuesten Teil einer Serie, das die gesamte Spielebranche geprägt hat? Und wahrlich gibt es Schlimmeres, als einem Spiel zu viele Ambitionen vorzuwerfen. Gut möglich, dass sich viele FF-Fans nur schwer an den neuen Titel gewöhnen werden, doch Veränderung gehört zum Fortschritt dazu. Erzählerisch ist Final Fantasy XV zwar nicht der beste Titel der Reihe, behält sich aber die emotionalen Grundinhalte und ist dem von vielen verachteten Final Fantasy XIII in der Story in allen Belangen überlegen.

Fazit: Evolution durch Revolution

Final Fantasy XV bricht mit vielen Konventionen der Reihe und ist genau deshalb die Auferstehung der Serie, die Final Fantasy gebraucht hat. In einen gewaltigen Soundtrack gehüllt präsentiert sich FFXV schnell, eingängig und grafisch opulent. Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Boyband-Feeling, das sich aus der Präsentation und Zusammensetzung der Heldentruppe ergibt. Neben den platten Schmähs funktioniert die emotionale Bindung zu unseren Kameraden durch die Storyline aber trotzdem. 

Letztlich muss man Square Enix dafür bewundern, ein neues Final Fantasy geschaffen zu haben, dass Serien-Fans nicht abschrecken, dafür aber viele Einsteiger in seinen Bann ziehen wird. Vielleicht bekommt man hier nicht die tränenreichen Erzählungen oder die explosiven Wendungen einiger Vorgänger geliefert, die einem lange in Erinnerung bleiben. Dadurch, dass jeder Kampf und jede Begegnung möglichst episch gestaltet wurde, sorgt Final Fantasy XV aber für ein fantastisches Gesamterlebnis. Eines ist Final Fantasy XV so oder so: Das beste Rollenspiel des Jahres.