Spieletests

"Final Fantasy XVI" im Test – coole Action, düstere Sto

Lange haben Fans gewartet, nun werden sie belohnt: "Final Fantasy XVI" ist ein episches Action-Rollenspiel mit neuem Kampfsystem und Überraschungen.

Rene Findenig
"Final Fantasy XVI" tritt eine neue Ära an – und bleibt doch irgendwie ein echtes "Final Fantasy".
"Final Fantasy XVI" tritt eine neue Ära an – und bleibt doch irgendwie ein echtes "Final Fantasy".
Square Enix

"Final Fantasy XVI" (für PlayStation 5) ist nicht nur ein neuer Teil der legendären Rollenspiel-Serie, sondern hat auch gleich selbst einige Neuerungen im Gepäck – vor allem bei den Kämpfen, der Darstellung und der Handlung. So darf nun erstmals wirklich in Echtzeit gekämpft werden, wobei überraschenderweise sogar Blut herumspritzt und manchmal Körperteile herumfliegen, während die Story sich gern auch mal an einer Portion Horror bedient. Endgültig vorbei ist es mit den süßen Animelook-Zeiten, und kein "Final Fantasy" zuvor hat sich so viel bei Gewalt, Nacktheit und Schimpfwörtern getraut. Doch keine Sorge, das Game aus dem Hause Square Enix vergisst nicht auf seine Wurzeln und bietet wieder eine epische Story.

So episch, dass man sich anfangs etwas schwertut mit der Handlung. Bevor man sich nämlich überhaupt die Namen und Gesichter der Haupt-Akteure wirklich gemerkt hat, ist man schon mittendrin in einem Trommelfeuer aus politischen Geschehnissen, dunklen Bedrohungen, machthungrigen Gesellen und brisanten Intrigen. Wem das alles zu schnell geht, kann die Geschehnisse am Bildschirm jederzeit mit einer Orts- und Figurenangabe detailliert im Active Time Lore System, dem Kompendium, nachlesen. Dieses ruft man per DualSense-Touchpad auf und kriegt die entsprechende Infos, während das Spielgeschehen pausiert. Zu Beginn hätte "Final Fantasy XVI" aber dennoch vor allem für Neulinge etwas abbremsen dürfen.

Epische Geschichte rund um rachegetriebenen Helden

Entsprechend kurz wollen wir uns wegen der an allen Ecken und Enden lauernden Spoiler-Gefahr in Sachen Story halten. Wie in einem "Final Fantasy" gewohnt geht es auch im 16. Hauptspiel der Reihe darum, dass mehrere Fraktionen eines Landes im Clinch liegen. Im Fall des aktuellen Teils handelt es sich um das Land Valisthea und der Grund für die Streitigkeiten sind die Mutterkristalle. Diese Gebilde machen es möglich, dass die Menschen, die sie kontrollieren, magische Fähigkeiten zu nutzen. Das wollen sich natürlich weder das Großherzogtum Rosaria, noch das Heilige Kaiserreich Sanbrèque, das Königreich von Waluth, die Republik Dhalmekia, das Eiserne Königreich und das Kristalldominium den jeweils anderen Königreichen gönnen.

1/10
Gehe zur Galerie
    "Final Fantasy XVI" (für PlayStation 5) ist nicht nur ein neuer Teil der legendären Rollenspiel-Serie, sondern hat auch gleich selbst einige Neuerungen im Gepäck...
    "Final Fantasy XVI" (für PlayStation 5) ist nicht nur ein neuer Teil der legendären Rollenspiel-Serie, sondern hat auch gleich selbst einige Neuerungen im Gepäck...
    Square Enix

    Eine Besonderheit dieser gigantischen Mutterkristalle ist auch, dass sie sich jeweils einen sogenannten Dominus wählen. Diese oder dieser tragen die Macht in sich, ein vom Kristall bestimmtes Wesen, die Esper, zu beschwören, um den Kristall zu schützen. Diese übermächtigen Wesen bergen aber auch eine riesige Gefahr: Beschwört sie ein Dominus zu oft, versteinert er mit der Zeit immer mehr. Spieler selbst schlüpfen allerdings nicht in die Haut eines Dominus, sondern in die von Clive Rosfield, der als Sohn des Erzherzogs von Rosaria den eigentlichen Dominus, seinen Bruder Joshua und Träger des Espers Phönix, beschützen sollte. Seit einer Tragödie in jungen Jahren sinnt Protagonist Clive auf Rache für seine verlorene Heimat.

    "Final Fantasy" ist nun endgültig erwachsen geworden

    Gleichzeitig entdeckt unser Protagonist eine besondere Fähigkeit: Er kann, obwohl er kein Esper-Träger ist, die Kräfte der Wesen für sich nutzen. Dass die Handlung von "Final Fantasy" nun erwachsen geworden ist, zeigt sich aber nicht nur am (im Vergleich zu den deren Teilen) etwas in die Jahre gekommenen Helden und der erwähnten Brutalität, sondern auch am Detailgrad der Erzählweise. Minutenlang bekommen wir meist politische Geschehnisse in den verschiedenen Königreichen präsentiert und werden teils ungeschönt mit harten Themen wie Sklaverei, Unterdrückung, sexueller Belästigung und Mord konfrontiert. Ein "Final Fantasy" für jüngere Spieler ist das keines mehr – dafür gibt es aber auch jede Menge Action.

    Auf seinem Weg wird Clive von der jungen Frau Jill und dem Hund Torgal begleitet – wobei das Trio herausgearbeitet wurde und mit emotionalen Momenten zu gefallen weiß. Allerdings kann man das von einigen anderen Figuren im Spiel nicht sagen, denn sie wirken weiter wie die typischen Abziehbilder von Charakteren. Bei der Fülle an Figuren und Geschehnissen nicht weiter schlimm, denn die ohnehin schon epische Erzählung würde dann wohl jeglichen Rahmen sprengen. Apropos Rahmen: Der beinhaltet wieder gigantische Kämpfe, ausführlichste Zwischensequenzen, eine mehrere Dutzend Stunden dauernde Missionsreihe und Hunderte Nebentätigkeiten vom simplen Sammeln von Materialien bis hin zu spannenden Kämpfen.

    Trotz düsterem Look ein echter Teil der Game-Serie

    Trotz neuer Präsentation, finsteren Motiven und düsterem Look ist es immer noch ein echtes "Final Fantasy" – in dem wir auf Chocobos herumflitzen dürfen oder auf Magie in allen Formen und Farben treffen. Wie das zu den blutigen Schlachten und gigantischen Bossen passt? Keine Ahnung, aber es funktioniert super! Beim Gameplay wiederum geht das Spiel ganz neue Wege – vielleicht nicht zur Freude langjähriger Fans, aber auf jeden Fall von Neulingen und Action-orientierten Spielern. Bereits viele Spieler der Demo verglichen das Gameplay mit jenem eines "Devil May Cry" und so spielt sich "Final Fantasy XVI" tatsächlich: Schnell, in Echtzeit, anfangs noch mit wenigen Möglichkeiten als Button-Masher, später mit coolen Kombos.

    Das Grundprinzip ist simpel: Anfangs stehen nur wenige Nahkampfangriffe, Sprünge, Ausweichmanöver und Magie zur Verfügung, die man schon sehr simpel miteinander verketten kann. Später schalten Missionen und Level-Ups neue Attacken frei, wobei es nicht nur komplexer wird, sondern der Kampfstil auch an den eigenen Geschmack angepasst werden kann. Ins Spiel kommen nette Besonderheiten – gut getimte Ausweichmanöver verlangsamen etwa die Zeit für Gegenschläge und wird die Willensleiste eines Feindes gebrochen, richtet man für kurze Zeit massiv Schaden an. Zudem ist es nun auch möglich, besonders starke Angriffe von Bossen zu unterbrechen oder Magie unbegrenzt zu nutzen. Und dann sind da noch die Esper.

    Mut zur Experimentierfreude wird vom Spiel belohnt

    Dadurch, dass Clive die Kräfte aller Esper aufnahmen kann, kann er sich später bis zu drei ausrüsten und fließend zwischen ihnen wechseln. Und da wird es dann richtig komplex, denn nicht nur die Esper dürfen gewählt und kombiniert werden, sondern pro Esper darf man auch zwei Skills bestimmen. So bastelt man sich selbst einen Helden zusammen, der bei seinen Spezialfähigkeiten entweder auf Nahkampf-, Fernkampf-, Flächen- oder Willenskraft-Schaden fokussiert – oder einfach einen guten Mix aus allen Schadensarten bietet. "Final Fantasy XVI" ist auch in diesem Bereich eine riesige Spielwiese, auf der sich das Ausprobieren lohnt – investierte Fertigkeitspunkte lassen sich jederzeit ohne Nachteile zurücksetzen und neu verteilen. 

    Hat man sich erstmal auf einen Spielstil festgelegt und diesen verinnerlicht, sieht das am Bildschirm extrem cool aus. Clive mag zwar in Ritterrüstung auftreten – in Kämpfen schleudert er aber flink wie ein Ninja Feinde in die Luft, wirft einen geblockten Angriff auf sie zurück, setzt blitzschnell mit Feuermagie nach und beendet die Sache dann mit Schwerthieben und Kicks. Und ja, das Tempo in den Kämpfen ist schneller, als man das von der Serie bisher gewohnt war – und die Kämpfe sehen wie ein wilder Mix aus "Devil May Cry"-Kombos und "Street Fighter"-Spezialattacken aus. Reicht anfangs simples Button-Mashing aus, muss man später aber zwingend durch die Skills wechseln und die Lebensleiste im Auge behalten.

    Das Game hat einen eingebauten, speziellen "Easy"-Modus

    Und ja, "Final Fantasy XVI" kann schnell fordernd und bei manchen Bossen überfordernd wirken. Spieler bekommen aber nicht nur die typischen Schwierigkeitsgrade zur Auswahl, sondern im Spiel selbst eine weitere Möglichkeit, es sich leichter oder schwerer zu machen. Das in Form von fünf Ringen, von denen man sich bis zu drei gleichzeitig ausrüsten kann. Und die haben es in sich, denn mit einem verlangsamt sich die Zeit bei gegnerischen Angriffen, bei einem anderen greift einer unserer Begleiter ein, wenn es ein Feind auf Clive abgesehen hat. Etwas zu leicht für unseren Fan-Geschmack machen es die Ringe, die Angriffen automatisch ausweichen oder Kombos nur mit einer Taste auslösen. Aber man muss die Ringe ja nicht nutzen.

    Umgekehrt können jene, die eine Herausforderung suchen, die Ausrüstungs-Slots mit anderen Items belegen, die Schwierigkeits-Stufe raufdrehen – und sich auf das "Neue Spiel+" nach dem Ende der Story freuen. Alle Errungenschaften bleiben in dem neuen Spieldurchlauf erhalten, mit dem neuen "Schwierigkeitsgrad "Final Fantasy" gibt es dann aber stärkere Feinde, die auch oft an ganz anderen Orten als ursprünglich auftauchen. Für Wiederspielwert ist also gesorgt. Ungewohnt für ein "Final Fantasy" ist es, wie wenig Einfluss wir auf die KI-Kameraden haben. Ihnen dürfen wir Befehle geben, gesteuert wird von uns aber nur der Protagonist. Zumindest die KI funktioniert – unsere Begleiter sind zur Stelle, wenn man sie braucht.

    "Final Fantasy XVI" im Test – coole Action, düstere Story

    Etwas knapp fällt dagegen das Ausrüstungsmanagement aus. Einige Items lassen sich kombinieren und aufwerten, ansonsten aber nutzt man einfach immer die stärkste Waffe und Rüstung im Inventar. Ein witziges Highlight erwartet euch übrigens, wenn zwei Esper im Kampf aufeinandertreffen. Die Begegnungen sind zwar kämpferisch kaum fordernd, aber ein irre gigantisch inszenierter Clinch im Stile eines Godzilla gegen King Kong. Es sind aber auch die wenigen Momente des Spiels, in denen die sonst so superflüssige Bildrate etwas ins Straucheln kommt. Ansonsten macht die Technik einen tollen Eindruck, vor allem grafisch ist das Game gewaltig. Schade: Einige Bereiche der wunderschönen Spielwelt sind recht dunkel.

    Zudem kann das Spiel nicht ganz darüber hinwegtäuschen, dass es keine offene Spielwelt gibt. Einige Areale zeigen sich riesig und frei erkundbar, andere sind einfach abgegrenzte, schlauchartige Übergänge zum nächsten Ziel. Bei den Optionen wiederum gibt es Altbekanntes: keine freie Tastenbelegung (aber vorgefertigte Muster), Wahl zwischen Qualitäts- und Performance-Modus (Auflösung oder Bildrate) und einige Text-Anpassungen sind die wichtigsten davon. "Final Fantasy XVI" tritt mit einer dunklen Story, rasanten Echtzeit-Kämpfen und einem erwachsenen Helden eine neue Ära an – bleibt aber dank der epischen Inszenierung, berührenden Momenten und gigantischen Bossen ein echtes und hervorragendes "Final Fantasy".