Politik
Forscherin begrüßt radikale Aktionen der Klima-Kleber
Viele Themen reißen einen tiefen Spalt durch die Gesellschaft. Julia Ebner forschte genau zu diesem Thema und sprach darüber am Sonntag in der ZIB2.
Was bisher an den Rändern war, haben der Ukraine-Krieg, die Pandemie und der Klimawandel in die Mitte der Gesellschaft geführt. Scheinbar einfache Erklärungen für die komplexen Krisen unserer Zeit führen immer öfter zu Extrempositionen. Diesem Thema widmete sich am Sonntag die ZIB2, die zu diesen Thema Radikalisierungs- und Extremismusforscherin Julia Ebner in die Sendung einlud. Die Expertin war aus London zugeschaltet.
Im Gespräch mit Martin Thür erklärte Ebner, dass wir in den vergangenen Jahren alle anfälliger für Verschwörungstheorien und Mythen geworden seien. Beim Sturm auf das Kapitol in den USA etwa sei auch der "Durchschnitt der US-Gesellschaft" beteiligt gewesen. Gleich sei allen Verschwörungstheorien eine zugrunde liegende starke Frustration und Ärger gegenüber dem Status quo.
Radikalisierung als Prozess
Die Radikalisierung, die in den vergangenen Monaten zu beobachten gewesen ist, sei ein Prozess, der sich in unterschiedlichen Spektren darstelle. Bei den Anti-Covid-Demonstrationen seien verschiedene Stufen der Radikalisierung vertreten gewesen. Neben wirklichen Extrem-Positionen seien auch Familien mitmarschiert, die vielleicht nur impfskeptisch waren. Ein Problem sei allerdings gewesen, dass durch die Anwesenheit der verschiedenen Personen auch die Extrempositionen schneller geteilt und verbreitet werden konnten.
Besonders anfällig für Verschwörungstheorien sei man als Gesellschaft bei Themen, die unsere Identität prägen oder den Alltag der Betroffenen beeinträchtigen. Oftmals sei auch Wissenschaftsfeindlichkeit als Merkmal zu Tage getreten. Den von Bundeskanzler Karl Nehammer angekündigten Versöhnungsprozess, begrüßt die Expertin. Sie sei grundsätzlich dafür, den Dialog herzustellen. Würde man das Gespräch mit der Gegenseite nicht mehr führen, bestehe die Gefahr, dass man komplett in Extrempositionen hineinrutsche.
Mit einer Aussage über die Klima-Kleber überraschte Ebner gegen Ende des Interviews. So erklärte sie, dass radikale Aktionen durchaus hilfreich seien, um ein Thema in die Gesellschaft zu bringen. Schon in der Vergangenheit habe man gesehen, dass provokante Aktionen viel bewirken könnten. Es brauche vielleicht sogar radikale Aktionen – freilich aber nur bis zu einem gewissen Grad. Gewalttätig dürfe es natürlich nicht werden.