Steiermark

FPÖ wollte Täter abschieben, doch Überfall war erfunden

Die Polizei ermittelte wegen einer vermuteten Prügel-Attacke auf eine junge Frau in Knittelfeld. Ein FPÖ-Abgeordneter wollte die Täter abschieben.

Leo Stempfl
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"Ausländische Burschen" sollen die 22-Jährige in Knittelfeld (Steiermark) verprügelt haben.
"Ausländische Burschen" sollen die 22-Jährige in Knittelfeld (Steiermark) verprügelt haben.
Getty Images/iStockphoto

Eine 22-jährige Knittelfelderin ging am Donnerstag um 9.45 Uhr in eine Polizeiinspektion und erstatte Anzeige gegen Unbekannt. Mehrere Täter sollen sie zwischen 3.30 und 3.45 Uhr am Weg vom Hauptplatz zur Herrengasse überfallen, geschlagen, getreten und dadurch verletzt haben. Auf Facebook veröffentlichte sie einen Zeugenaufruf, welchem auch Bilder von ihr mit dunklen Flecken beigefügt waren. 

 Der "Kleinen Zeitung" zufolge soll sie in der Anzeige von "ausländischen Burschen" gesprochen haben.

Wenige Stunden später war der Facebook-Aufruf wieder gelöscht, doch der Vorfall hatte bereits hohe Wellen geschlagen. Der "Kleinen Zeitung" gegenüber bestätigte Pressesprecher Fritz Grundnig am Donnerstag die Anzeige: "Eine 22-jährige Frau soll von mehreren Männern angegriffen worden sein." Es gab aber weder sexuelle Hintergründe noch eine Raub-Absicht, auch war die Täterbeschreibung "äußerst vage". Das Opfer war noch nicht fertig einvernommen.

Parlamentarische Anfrage

"Wer Frauen so etwas antut, gehört ausnahmslos des Landes verwiesen", schrieb Wolfgang Zanger, der seit 2006 für die FPÖ im Nationalrat sitzt, am Donnerstagabend prompt auf Facebook. "Ich bedanke mich im Namen aller Opfer bei der SPÖ Knittelfeld, die solche Verbrechen an den eigenen Leuten durch ihre zügellose Zuwanderungspolitik erst möglich gemacht hat", so Zanger.

Das Facebook-Posting von Wolfgang Zanger ohne die beigefügten Bilder des mutmaßlichen Opfers
Das Facebook-Posting von Wolfgang Zanger ohne die beigefügten Bilder des mutmaßlichen Opfers
facebook.com/wolfgang.zanger

Der öffentliche Beitrag wurde über 100 Mal geteilt, mit dem mutmaßlichen Opfer ist er auf Facebook auch befreundet. Zanger soll zudem eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) vorbereitet haben. Es solle geklärt werden, ob die Täter Migrationshintergrund haben und wie die Sicherheit in heimischen Städten erhöht werden könne.

Alles erfunden

Wie Chefinspektor Fritz Grundnig am Freitagnachmittag mitteilte, wurde nun aber die 22-Jährige selbst angezeigt. Der Überfall soll frei erfunden gewesen sein. "Wie sich nach umfangreichen Erhebungen und Einvernahmen herausstellte, hatte die Frau den Überfall frei erfunden und sich die Verletzungen selbst zugefügt. Weiters hatte sie ein Foto von sich und ihren Verletzungen leicht manipuliert und auf einer Social-Media-Plattform veröffentlicht. Sie zeigte sich nach anfänglichem Leugnen voll geständig und gab an, private Probleme zu haben."

Die wichtigsten Nummern auf einen Blick:
Telefonseelsorge: 142
24-Stunden-Frauennotruf der Stadt Wien: 01/71719
Frauenhaus-Notruf: 05 77 22

➤ Die 22-Jährige wird nun wegen des Verdachts der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung und wegen des Verdachts der Falschaussage vor der Kriminalpolizei der Staatsanwaltschaft Leoben angezeigt.

Zweifel im Netz

Bereits unter Zangers Facebook-Post äußerte ein Nutzer Zweifel. Ob es Zuwanderer waren, könne niemand wissen, außerdem seien diese Verfärbungen nur vier Stunden nach dem Vorfall ungewöhnlich. "Irgendwas stimmt da nicht." Davon wollte der FPÖ-Abgeordnete aber nichts wissen.

"Es tut mir leid, aber es ist ganz einfach NICHT FALSCH", antwortete er dem Nutzer per Kommentar. Wenige Stunden nachdem bekannt wurde, dass der Überfall frei erfunden war, verschwand auch Zangers Posting plötzlich von seinem Profil.

Zanger war sich seiner Sache sehr sicher.
Zanger war sich seiner Sache sehr sicher.
facebook.com/wolfgang.zanger
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