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Frau enttarnt Geheimdienst mit Apple-Gadget um 35 Euro

Was macht eigentlich diese Behörde? Mit dieser Frage trat eine Aktivistin einen bürokratischen Krimi los und ließ damit einen Geheimdienst auffliegen.

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Bei einem Augenschein der ominösen Bundesstelle Bundesservice Telekommunikation fand sie eine ganze Reihe unmarkierter VW-Transporter.
Bei einem Augenschein der ominösen Bundesstelle Bundesservice Telekommunikation fand sie eine ganze Reihe unmarkierter VW-Transporter.
Lilith Wittmann

Apples Airtags dienen eigentlich dazu, Dinge aller Art im Auge zu behalten oder bei einem Verlust schnell zu finden. Etwa einen Rucksack, den man im Büro vergessen hat oder einen Schlüsselbund, der in den Spalt zwischen den Sofas gefallen ist. Doch gibt es auch solche, die das Apple-Gadget missbrauchen, um damit Personen zu stalken. Und dann gibt es Leute, wie die Aktivistin Lilith Wittmann, die mit dem 35 Euro teuren Gadget mal eben schnell eine Tarnbehörde des deutschen Geheimdienstes auffliegen lässt.

Was also ist genau passiert? Wie Wittmann auf ihrem Blog erklärt hat sie vor einigen Tagen die Kontaktdaten von rund 800 deutschen Bundesstellen manuell ausgewertet. "Ich entwickle Software, um das Verhalten von Behörden teilautomatisiert auszuwerten", erklärt sie das Vorgehen. Bei der Auswertung der Daten blieb sie beim Namen Bundesservice Telekommunikation hängen. "Davon sollte ich, als Person, die sich intensiv mit Verwaltungsdigitalisierung beschäftigt, doch eigentlich schon einmal gehört haben? Habe ich aber nicht", so Wittmann weiter. Also recherchierte sie weiter.

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    <em>"Heute"</em> hat sich die Apple AirTags genauer angesehen und sich mit den kleinen Trackern auf die Suche begeben.
    "Heute" hat sich die Apple AirTags genauer angesehen und sich mit den kleinen Trackern auf die Suche begeben.
    Heute

    Hinweise auf Geheimdienst

    Eine Internetrecherche zum ominösen Bundesservice Telekommunikation lieferte keine schlauen Ergebnisse. Daraufhin nahm die Aktivistin den Telefonhörer in die Hand. Am anderen Ende nahm jedoch niemand ab und auch eine Mail lief ins Leere. All das trieb die Neugier von Wittmann weiter an. Sie schrieb eine Anfrage über das Informationsfreiheitsgesetz an den Bund – und wurde abgewimmelt. Allerdings befand sich im Mail-CC der Name der Geheimschutzbeauftragten des Bundesverwaltungsamtes BVA.

    Parallel startete die Bundestagsabgeordnete Heidi Reichinnek (Die Linke) eine politische Anfrage zum Budget der Bundesstelle. Die Antwort war überraschend: In den letzten fünf Jahren hatte die Stelle keinen Cent vom Bund erhalten. "Da fragt man sich natürlich: Wie konnten die überhaupt irgendwas bezahlen?", so Wittmann auf ihrem Blog. Nach der Veröffentlichung erhielt die Aktivistin zahlreiche weitere Hinweise zur Behörde.

    Transporter in Garage

    Schließlich nahm sie auch vor Ort in Berlin-Treptow einen Augenschein. Dort sah sie, dass ein Briefkasten mit BMI, also der Abkürzung für das Bundesinnenministerium angeschrieben war. "Die Gegend ist schon auffällig unauffällig. Was aber dann doch auffällig ist, ist die Reihe VW-Transporter in der Tiefgarage. Gut gewartet und sauber", schreibt sie. VW-Transporter ohne Beschriftung seien beliebte Fahrzeuge des Verfassungsschutzes, schreibt sie weiter. Gewissheit brachte dann die Post.

    Wittmann schickte dem Bundesservice Telekommunikation einen Reiseprospekt über Norwegen. Innendrin hatte sie ein Tracking-Device von Apple, einen sogenannten Airtag versteckt. Dieser landete dann in Köln im Briefkasten des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

    "Die sind inkompetent"

    "Lieber Verfassungsschutz, den Airtag könnt ihr behalten, dann spart ihr bei der nächsten Observation die Leute und vielleicht auch die ein oder andere Endgeräteüberwachung — hab gehört, die sollen nämlich sehr teuer sein", so Wittmann zum Abschluss. Laut ihr sei die Recherche nicht sonderlich schwierig gewesen: "Ich habe eigentlich nur öffentliche Informationen strukturiert, ausgewertet und kombiniert."

    Eigentlich hat sie genau das gemacht, was der Verfassungsschutz macht. "Wenn die aber wirklich so schlecht darin sind, sich vor Methoden, die sie selbst anwenden können müssten, zu verstecken, dann lässt das für mich eigentlich nur einen Schluss zu: Die sind unglaublich inkompetent." Mittlerweile sind die Briefkastenschilder am Gebäude in Berlin verschwunden, schreibt Computerbild.de.