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Frauen erneut im Kreuzfeuer von Gamern

Animationen in "Mass Effect: Andromeda" haben zu einer Hexenjagd auf eine Designerin geführt. Warum? Und wie wird darauf reagiert?

Heute Redaktion
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Bild: Kein Anbieter

Animationen in Mass Effect Andromeda haben zu einer Hexenjagd auf eine Designerin geführt. Warum? Und wie wird darauf reagiert?

Es war ein neuer unrühmlicher Moment für die Gamer-Community. Aufgrund etwas unglücklicher Gesichts-Animationen im Action-Adventurespiel Mass Effect Andromeda geriet eine Animatorin des Gamepublishers Electronic Arts ins Kreuzfeuer; eine amerikanische Website hat sie als Lead-Animatorin des Games identifiziert.

Darauf entwickelte sich eine regelrechte Hexenjagd auf die junge Designerin, die sich gern auch als Cosplayerin in Szene setzt. Auf ihren Social-Media-Kanälen wurde sie heftig angegriffen und mit ätzenden und frauenfeindlichen Kommentaren eingedeckt. Zu Unrecht, wie sich herausstellte: Das Entwicklerstudio Bioware ließ umgehend verlauten, dass die Betroffene fälschlicherweise als Lead-Facial-Animatorin genannt worden war, und bezog Stellung: "Individuen zu attackieren, egal, auf welche Weise sie ins Projekt involviert sind, ist nie akzeptabel."

Es ist indessen nicht das ersten Mal, dass eine Frau ins Kreuzfeuer der Gamer-Community kommt. Bereits 2014 wurden Gamedesignerinnen von männlichen Gamefans aufs Heftigste beschimpft und mit frauenfeindlichen Statements bis hin zu Morddrohungen eingedeckt – Stichwort: Gamergate.

Zu wenig Hirn

"Jugendliche männliche Gamer verstehen ein Spiel oft als ihr eigenes Reich, in dem sie ihre Kompetenz beweisen können", sagt Daniel Süss, Leiter des Psychologischen Instituts an der ZHAW. Wird dieses Reich auf unerwünschte Weise beeinträchtigt – sei es durch enttäuschte Erwartungen oder Kritik daran von außenstehenden Personen – entzündet sich die Wut. Taucht zudem eine Frau als mögliche Verursacherin auf, ist die Reaktion umso heftiger.

Eine Rolle spielt der Entwicklungsprozess des Jugendlichen: "Der Frontalkortex ist bei Jugendlichen nicht voll ausgebildet", sagt der Medien- und Jugendpsychologe. Da der Frontalkortex, also das Stirnhirn, auch für die Impulskontrolle zuständig ist, haben Adoleszente ihre Impulse noch weniger im Griff. Zusätzlich wirkt laut Süss die Enthemmung durch das Internet: "Hier fühlen sich alle auf Augenhöhe, eine Hierarchie fehlt." Innerhalb einer gleichgesinnten Community entsteht eine Eigendynamik. "Von Angesicht zu Angesicht würde der Jugendliche der Betroffenen gegenüber nicht auf diese Weise Dampf ablassen", sagt Süss.

Geld für Girls Make Games

Zu entschuldigen sind die Angriffe damit trotzdem nicht. Deshalb ließen die Gegenreaktionen nicht lange auf sich warten. Die Online-Plattform Kotaku.com, die den Fall publik machte, nahm kein Blatt vor den Mund und bezeichnete die Trolle rundheraus als "Scumbags" ("Drecksäcke"). Die Designerin Alex Neonakis von Naughty Dogs spendete aus Protest gegen die Hetzjagd 1.000 Dollar an die Plattform Girls Make Games. Die Plattform will Frauen für die Gameindustrie gewinnen.

Prompt erntete auch sie hässliche Twitter-Kommentare – und verdoppelte kurzerhand ihre Spende für Girls Make Games. Mittlerweile haben es ihr rund 20 Entwickler nachgemacht und gespendet. Uneinsichtig zeigt sich der Autor der Website. Statt sich für den Fehler zu entschuldigen, bezichtigt er mittlerweile Bioware der Lüge. Bioware hingegen hat Verbesserungen zu den Animationen in Mass Effect Andromeda angekündigt.

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