Wien

"Frechheit" – Arbeitslose sauer über neue AMS-Regelung

Die Regierung lässt das AMS die Zumutbarkeits-Regeln für Arbeitslose nun verschärft kontrollieren. Die Wiener Arbeitssuchenden sind sauer.

Roman Palman
Teilen
Wer beim AMS gemeldet ist, muss "zumutbare" Job-Vermittlungen akzeptieren
Wer beim AMS gemeldet ist, muss "zumutbare" Job-Vermittlungen akzeptieren
Michael Gruber / EXPA / picturedesk.com; "Heute"-Montage

Unwillige Arbeitslose sollen mit Sanktionen "motiviert" werden, so zumindest der Plan von Arbeitsminister Martin Kocher. Er verkündete am Sonntag überraschend, dass das AMS die Zumutbarkeitsbestimmungen ab sofort verschärft kontrollieren werde.

Wer sich nicht bei vorgeschlagenen Stellen bewirbt, oder Schulungen spritzt, dem kann das Arbeitslosengeld temporär gestrichen werden. Bereits im vergangenen Jahr trafen diese Sanktionen zehntausende Menschen – jetzt wird noch strenger kontrolliert. 

Die Kunden des AMS sind darüber wenig begeistert, wie ein Lokalaugenschein von Reportern des ORF-Radios Ö1 an der AMS-Zweigstelle Redergasse im 5. Wiener Gemeindebezirk (Margareten) zeigt.

Auf AMS-Geld angewiesen

"Jetzt streicht mir das AMS das Geld, anscheinend weil ich mich bei einer Stelle nicht beworben habe", beklagt ein junger Wiener. "Ich weiß nicht, welche gemeint ist. Alle, die mir zugeschickt wurden, hab ich mich eigentlich beworben und zurückgemeldet."

Er ist Baumaschinen- & KFZ-Techniker mit Erfahrung im IT-Bereich und seit Monaten arbeitslos. Das AMS sei bei der Stellensuche aber wenig hilfreich: "Ich krieg eher vom AMS Stellen zugeschickt, für die ich nicht gedacht bin. Also für die ich keine Qualifikation habe", so der Mann weiter. Er sieht die Regelverschärfung kritisch.

"Es gibt Leute, die nutzen das aus, das weiß ich. Aber es gibt andere, die sind darauf angewiesen. Ich bekomme jetzt weniger als die Hälfte als ich mit meinem normalen Gehalt bekommen habe. Damit muss ich auskommen."

Verschärfung eine "Frechheit"

Eine gelernte Masseurin aus Wien sieht das ähnlich. Seit Jahren arbeitet sie geringfügig als Kellnerin. Sie empfindet die Ankündigung des Arbeitsministers als eine "Frechheit". Sie wünscht sich, dass das AMS mehr auf seine Kunden eingeht:

"Ich kann nicht einen, der was weiß ich was gelernt hat, dann zum Kloputzen schicken. Das finde ich ein bisschen hart."

Dass Gastrobetriebe derzeit unter Mitarbeitermangel leiden, begründet die Wienerin so: "Das liegt auch daran, dass viele wollen, dass du 20 Jahre alt bist – und 20 Jahre Berufserfahrung sollst haben."

Minister Martin Kocher will Arbeitsunwillige schärfer sanktionieren.
Minister Martin Kocher will Arbeitsunwillige schärfer sanktionieren.
Michael Indra / SEPA.Media / picturedesk.com

"Das finde ich nicht okay"

Ein anderer Arbeitsloser würde hingegen (fast) jede Stelle nehmen: der 46-jährige Syrer war in seinem Heimatland Englisch-Lehrer, jetzt bewirbt er sich als Barista, Kellner und dergleichen. Trotz vieler ausgeschickter Bewerbungen bisher vergeblich. Er ist überzeugt: "In Wien braucht man Beziehungen", um einen Job zu finden.

Auch er sieht die Verschärfung kritisch: "Manchmal ist es eine gute Idee, denn viele wollen nicht arbeiten und wollen einfach das Geld kriegen. Ich glaube, man muss einen Mechanismus finden, ob der Grund fair ist."

Obwohl er sich in alle Richtungen nach einer Stelle umsieht, schließt er eine Position für sich völlig aus. Aus moralischen Gründen wolle er nicht als Rezeptionist arbeiten, erklärt der Mann: "Es gibt auch Leute, die kaufen Frauen. Sie handeln an der Rezeption: Wie viel zahle ich? – und dann muss ich lächeln und ihnen den Schlüssel geben. Das finde ich nicht okay."

"Wer will, findet einen Job"

Eine der wenigen, die den Ö1-Reportern lachend aus dem AMS entgegen kam, ist eine zweifache Mutter, die als Personalverrechnerin tätig ist: sie hat bereits einen neuen Job.

Zur strengeren Auslegung der Zumutbarkeitsregelung sagt sie. "Das können Personen machen, die keine Familie oder Kinder haben. Ich könnte mit meinen Kindern jetzt nicht nach Tirol umziehen". Sie ist überzeugt: "Wer einen Job finden will, findet auch einen – wirklich."