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Gamer suchen nach außerirdischem Leben

Spieler von "Eve Online" schauen über das virtuelle Weltall hinaus: Bei einem Projekt helfen sie, reale Exoplaneten zu suchen.

Heute Redaktion
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Vom Weltall geht eine magische Faszination aus und viele dürften sich fragen, wie es wohl wäre, zu den Sternen zu reisen. Vor allem aber möchten wir wissen, ob da draußen noch anderes Leben existiert. Mit Teleskopen, Raumsonden und Satelliten wird das All abgesucht, erste Exoplaneten (Planeten außerhalb unseres Sonnensystems) wurden bereits entdeckt. Und weil auch die Fantasie mitreisen will, nehmen uns Sci-Fi-Romane, Filme, aber auch Games wie "Elite Dangerous" und "Eve Online" in die unendlichen Weiten mit.

Für "Eve Online"-Spieler beginnen sich das Fantasy-All und der reale Weltraum nun zu vermischen. Zusammen mit dem Observatorium Genf, den Universitäten Bern, Genf und Reykjavik sowie dem Walliser Start-up MMOS hat das isländische Entwicklerstudio CCP das wissenschaftliche "Project Discovery" gestartet. Darin begeben sich "Eve Online"-Gamer auf die Suche nach realen Exoplaneten, die bis zu 500 Lichtjahre außerhalb unseres Sonnensystems liegen. Während Zwischensequenzen im Spiel analysieren sie astronomische Daten, die vom CoroT-Teleskop geliefert wurden, und suchen nach Abweichungen in Lichtkurven von Sternen: Wandert ein Planet nämlich vor einem Stern durch, entsteht ein Lichtabfall.

1,5 Millionen Analysen

Das Zauberwort heißt Crowdsourcing: Je mehr Spieler Lichtanomalien entdecken, umso größer die Chance, dass es sich um einen Planeten handelt. "Wir verfügen über Daten von etwa 170.000 Sternen", sagt Pierre Bratschi, Astronom am Observatorium Genf. Rund 500.000 Gamer spielen "Eve Online", täglich sind rund 30.000 online. "Finden tausend Spieler die gleiche Anomalie, wird es interessant", sagt Bratschi. Dann würden die Wissenschaftler genauer hinschauen. Belohnt werden die Spieler mit neuen Schiffen, Spielfiguren und Skins.

Eigentlich sei die erste Phase mit dem CoroT-Teleskop ein Test, wie gut es mit dem Crowdsourcing funktioniere, sagt Bratschi. Doch das Interesse der Spieler sei überwältigend: "Am ersten Tag trafen bereits 1,5 Millionen Analysen sein, weit mehr, als wir vermutet hatten." Wirklich spannend werde es, wenn nächstes Jahr der US-Satellit TESS ins All geschickt werde und massiv mehr Daten liefere. "Es wäre eine Sensation, falls wir so einen Exoplanet entdecken", sagt Bratschi.

"Eve Online"

Bei "Eve Online" handelt es sich um ein Massively Multiplayer Online Role-Playing Game, das in einem virtuellen Weltall spielt. Spieler entwickeln darin ihre Figur, lassen sie Handel betreiben, Ressourcen abbauen oder sich Fraktionen anschließen, um in Schlachten zu ziehen. Das Spiel enthält fast 8.000 Sternensystem, die besucht werden können.

» Eveonline.com
» Project Discovery

Substanzielle Unterstützung

Es ist nicht das erste wissenschaftliche Projekt, an dem "Eve Online"-Spieler teilnehmen. Auch unter dem Namen "Project Discovery" hatten Spieler bereits Bilder von menschlichen Zellen untersucht und so zur Klassifizierung von Proteinen für den "Human Protein Atlas" beigetragen – über 20 Millionen Daten wurden analysiert. Der Erfolg dürfte mit dazu beigetragen haben, dass das aktuelle Exoplaneten-Projekt substanzielle Unterstützung erhält: Der Bund beteiligt sich über das Programm Nationale Forschungsschwerpunkte während den kommenden vier Jahren mit 16 Millionen Euro, die Unis Bern und Genf tragen ebenfalls je rund sieben Millionen Euro bei.

"Falls das Projekt erfolgreich ist, wird es danach vier weitere Jahre mit demselben Betrag getragen", sagt Bratschi. Es gehe beim "Project Discovery" aber nicht nur um die Entdeckung von Exoplaneten und möglichem außerirdischem Leben, sagt er abschließend: Ein wichtiger Aspekt sei auch, mehr Menschen für wissenschaftliche Themen zu interessieren. Die "Eve Online"-Gamer haben diesbezüglich ihr Engagement bereits bewiesen.

Vorstellung von "Project Discovery" am EVE Fanfest 2017

(Quelle: EveOnline/Youtube.com)

(Jan Graber)