Coronavirus

"Gefährlich" – Expertin warnt im ORF vor Verschärfungen

Um die psychische Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen steht es nicht gut. Kommen neue Corona-Maßnahmen, könnte das fatale Folgen haben.

Roman Palman
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Kathrin Sevecke, Leiterin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Innsbruck, in der ZIB2 am 16. Juli 2021.
Kathrin Sevecke, Leiterin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Innsbruck, in der ZIB2 am 16. Juli 2021.
Screenshot ORF

50.000 junge Menschen hätten in fünf Wochen am Frequency wieder abfeiern sollen. Trotz grünem Licht von der Bundesregierung schiebt jetzt die Stadt St. Pölten dem zügellosen Treiben aber jetzt einen Riegel vor. Das bekannte Festival musste überraschend abgesagt werden. Ein herber Dämpfer für die Jugend, die in den vergangenen Monaten viele solcher Rückschläge hatte wegstecken müssen.

In der ORF ZIB2 schildert Kathrin Sevecke, Leiterin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Innsbruck, dass sich die psychische Gesundheit vieler junger Menschen in Österreich durch die Pandemie in einer bedrohlichen Situation befindet. 

Schwere psychische Probleme

Die Maßnahmen der Regierung im Kampf gegen das Coronavirus, besonders die dadurch erzwungene Isolation, sei für viele zur Belastungsprobe geworden. Die Expertin berichtet, dass viele junge Menschen dadurch bereits vor einem psychischen Abgrund stehen.

Das äußert sich in Schlaf- und Essstörungen und auch Suizidgedanken. Kommt es jetzt zu neuen Einschränkungen, könnte für viele mehr klinische Behandlung notwendig werden.

Kathrin Sevecke in der ZIB2 am 16. Juli 2021.
Kathrin Sevecke in der ZIB2 am 16. Juli 2021.
Screenshot ORF

"Wir brauchen eine gewisse Zeit der Normalität", plädiert die Psychiaterin, die einen anstrengenden Herbst erwartet. Eine mögliche Schulschließung könnte den psychischen Gesundheitszustand unter der jungen Generation drastisch verschlechtern. "Davor kann ich nur warnen."

Kapazitäten überlastet

Schon jetzt kämpfe man mit einer Überbelastung der verfügbaren Bettenkapazitäten. Diese sei bereits vor der Krise zu gering gewesen, die Pandemie habe das Problem noch massiv verschärft. 

Sevecke bekräftigt, dass alle, die eine Behandlung brauchen, auch eine bekommen, jedoch müsse arbeite man mit "Kompromisslösungen".

Patienten, die stationäre Behandlung benötigten, bekämen etwa nur alle zwei Wochen einen ambulanten Termin bekommen. 

"Die Konsequenz: die Heilungserfolge verzögern sich weiter nach hinten, dass sich der psychische Zustand unserer Kinder und Jugendlichen nicht verbessern wird."

Zwar sei man im Dialog mit der Regierung, konkrete Hilfsmaßnahmen von staatlicher Seite habe es aber noch nicht gegeben. "Da wünschen wir uns, dass Taten und Fakten folgen."

15 bis 24-Jährige stecken sich derzeit am häufigsten an.
15 bis 24-Jährige stecken sich derzeit am häufigsten an.
Screenshot ORF

Impfen lassen: Ja oder Nein?

Aktuell appelliert die Regierung geschlossen und eindringlich an alle Jugendlichen, sich impfen zu lassen. Nur so sei man geschützt. Die Expertin schildert aber, dass die Wahrnehmung der Jungen davon derzeit "gespalten" sei. Auch viele Eltern wären "verwirrt", weil es so viele unterschiedliche Informationen aus zahlreichen Richtungen gebe.

Der Rat der Medizinern, die selbst Mutter ist: die Fakten neutral und sachlich mit den Kindern diskutieren. Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung sei dann natürlich eine ganz persönliche.

Moderiert wurde die Sendung von Margit Laufer.
Moderiert wurde die Sendung von Margit Laufer.
Screenshot ORF

Langer Weg zur Normalität

Selbst wenn sich morgen alle impfen lassen würden, ist eines klar: der Weg zur Normalität und psychischen Gesundung wird ein langer und harter.

"Wenn jetzt keine weiteren Einschränkungen kommen sollten, gehe ich davon aus, dass wir noch sechs bis neun Monate damit zu tun haben, die psychische Situation der Kinder- und Jugendlichen aufzufangen", erklärt die Tiroler Klinik-Direktorin. Sie spricht von einer "gefährlichen Gesamtsituation".

Suizidgedanken? Holen dir Hilfe, es gibt sie.

Wenn du unter Selbstmord-Gedanken, oder Depressionen leidest, dann kontaktiere die Telefonseelsorge unter der Nummer 142 – täglich 0-24 Uhr.