Welt

Geiselnahme in Sydney blutig beendet

Heute Redaktion
14.09.2021, 14:46

Nach einer 16-stündigen Geiselnahme in Sydney haben Sicherheitskräfte ein Cafe gestürmt und sich dabei heftige Gefechte mit einem mutmaßlichen Islamisten geliefert. Nach Polizeiangaben wurden drei Menschen getötet, darunter der Täter. Bei der Erstürmung des Lokals waren zahlreiche Schüsse zu hören, vier Verletzte wurden in umliegende Spitäler eingeliefert.

Vier Verletzte wurden nach dem Zugriff in der Nacht zum Dienstag (Ortszeit) von Sanitätern auf Tragen in Sicherheit gebracht. Bei dem Täter handelt es sich den Behörden zufolge um einen Flüchtling aus dem Iran, der australischen Medien zufolge etwa 50 Jahre alt sein soll. Er hatte Drohbriefe an Familien australischer Soldaten geschickt, die bei Auslandseinsätzen getötet worden waren.

20 Gäste und Mitarbeiter des Cafes hatte der Mann in seiner Gewalt. Mindestens fünf konnten während der Geiselnahme flüchten oder wurden freigelassen und von Sondereinheiten der Polizei in Empfang genommen. Sekunden vor der Stürmung des Tatorts flüchteten weitere Geiseln in die Arme der Spezialeinheit. Zuvor hielten die Geiseln mehrmals schwarz-weiße Fahnen mit dem islamischen Glaubensbekenntnis, der Shahada, in das Schaufenster.

Angestellter berichtet, wie er Geiselnahme entging

Diese Flagge wird oft von der Extremistenmiliz Islamischer Staat benutzt, die weite Teile Syriens und des Iraks unter ihre Kontrolle gebracht und viele Zivilisten ermordet oder versklavt hat. Die Regierung in Canberra steht beim Kampf gegen die sunnitische Miliz an der Seite der USA und hat mehrfach vor Anschlägen von Islamisten gewarnt, die aus den Kriegsgebieten nach Australien zurückkehren. Die Gefahrenstufe wurde im September auf "hoch" angehoben.

"Das ist ein sehr beunruhigendes Ereignis", sagte Ministerpräsident Tony Abbott vor dem Ende der Geiselnahme. Auch in der Bevölkerung herrschte Entsetzen über die Tat, die sich mitten im Bankenviertel von Sydney ereignete. Bei dem Cafe handelt es sich um ein Geschäft, wo Schokolade und Pralinen des Schweizer Unternehmens Lindt & Sprüngli verkauft werden. Ein Angestellter berichtete dem australischen Sender ABC, als er zu dem Laden gekommen sei, hätten alle gesessen. Die Tür sei verschlossen gewesen. Ein Mann mit Mütze und Bart sei herumgelaufen. Daraufhin sei er weggegangen, sagte der Mitarbeiter.

Österreicher erlebten Geiselnahme hautnah mit 

Aus den Spitälern wurde gemeldet, dass eine Frau mit einer Schusswunde in der Schulter ins Spital eingeliefert wurde, zwei weitere Frauen mit "nicht lebensgefährlichen Verletzungen". Ein Polizist erlitt eine Wunde im Gesicht durch "Schusswaffen-Munition", hieß es weiter. Eine 35-Jährige wurde zudem vorsichtshalber ins Spital eingeliefert. Die Polizei gab schließlich offiziell bekannt, dass es sich bei den Toten um den Geiselnehmer sowie einen 34-jährigen Mann und eine 38-jährige Frau handelt.

Muslimische Gruppen riefen Bürger auf, Ruhe zu bewahren. Führende islamische Geistliche verurteilten die Geiselnahme "einhellig als Verbrechen", wie sie in einer Stellungnahme erklärten. Ein religionsübergreifender Gottesdienst in einer Moschee in Sydney ging ohne Zwischenfälle zu Ende. Während der Geiselnahme befanden sich am Montag mehrere Österreicher rund um das Segel-Doppel-Olympiasiegerteam Roman Hagara und Hans Peter Steinacher in Sydney. Die Mitglieder des Kamerateams haben aus wenigen hundert Meter Entfernung dramatische Szenen der Geiselnahme miterlebt.

Teheran: Geiselnehmer war geistesgestört

Teheran hat die Geiselnahme scharf verurteilt und den ausgewanderten iranischen Geiselnehmer als geistesgestört bezeichnet. Der Iran habe die australischen Behörden mehrmals über den gestörten mentalen Zustand des iranischen Predigers informiert, sagte Außenamtssprecherin Marzieh Afkham (Afcham) am Montag in einer Presseerklärung. Der Mann sei schon vor fast 20 Jahren nach Australien ausgewandert und habe dort Asyl beantragt, so die Sprecherin.

Fernsehbilder zeigten noch in der Nacht, wie sich bewaffnete Polizisten in voller Schutzmontur Zugang zu dem Cafe des Schweizer Schokoladenherstellers Lindt verschafften. Ein Spezialroboter zum Entschärfen von Sprengsätzen wurde in das Cafe gesteuert. Laut Polizei wurde kein Sprengsatz gefunden. Der Polizeikommissar Andrew Scipione sagte auf einer Pressekonferenz, bei der "Konfrontation" mit dem Geiselnehmer seien "Schüsse gefallen". "Es war die Tat eines Einzelnen", sagte Scipione. "Dies sollte niemals unsere Art zu leben verändern oder zerstören."

Auf Seite 2: Der Live-Ticker zu den Geschehnissen zum Nachlesen

 

 

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