Politik

Gewalt gegen Frauen: Jede Fünfte ist betroffen

NGO?s kritisieren: Die Gewalt gegen Frauen steigt wieder an, dennoch plane die Regierung bei Schutzeinrichtungen für Betroffene massive Einsparungen.

Heute Redaktion
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Anlässlich der aktuellen Budgetverhandlungen auf Bundesebene lud die Allianz "Gewaltfrei leben" am Freitag den 13ten April zu einer Pressekonferenz zum Thema Gewalt gegen Frauen. Die Allianz ist ein Zusammenschluss von über 30 verschiedenen Opferschutzeinrichtungen und setzt sich seit 2016 für eine Verbesserung des Gewaltschutzes auf europäischer Ebene. Mit dabei war, neben Maria Rösslhumer von der Allianz "Gewaltfrei leben", Lena Jäger vom Frauenvolksbegehren und Ursula Kussyk vom Verein Notruf (der sich um Vergewaltigungsopfer kümmert) auch Ulrike Lunacek. Die ehemalige grüne Spitzenpolitikerin ist Schirmherrin der Allianz "Gewaltfrei leben" und will ihre Bekanntheit jetzt dazu nutzen, um für das Thema mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu generieren.

Gewalt gegen Frauen: Problem ist aktueller denn je

Die Zahlen die im Zuge der Pressekonferenz genannt wurden, sind, gelinde gesagt, alarmierend: Jede fünfte Frau in Österreich ist laut Studien körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt. Bei sexueller Belästigung liegen die Zahlen sogar noch höher: Jede dritte Frau wird ab ihrem 15. Lebensjahr sexuell belästigt, jede siebte Frau wird ab diesem Lebensalter Opfer eines "Stalkers". Die Dunkelziffern lägen aber sogar noch höher, viele Frauen würden sich beispielsweise nach wie vor aus Angst vor gesellschaftlicher Ächtung nicht trauen, mit ihren Problemen an die Polizei oder andere Schutzinstitutionen heranzutreten. Insgesamt entstehen so in der EU, laut einer Schätzung der Union, jedes Jahr Kosten in Höhe von 226 Mrd. Euro für die Folgeschäden von Gewalt gegen Frauen.

Verein kritisiert: Regierung spart Gewaltschutz kaputt

Angesichts dieser Zahlen sei das momentan in Aussicht gestellte Budget für Gewaltschutz-Einrichtungen in Höhe von 10,17 Millionen Euro eine Zumutung, und würde nicht einmal reichen, um das momentane Niveau bei der Opfer-Betreuung weiter halten zu können. Die Allianz "Gewaltfrei leben" rechnet vor: Derzeit investiere die Regierung lediglich 1,14 Euro pro Bürger in die Gleichstellungs- und Gewaltschutzagenden, ein Budget, dass aber angesichts von 3,7 Mrd. Euro Folgeschäden alleine in Österreich kaum ausreiche, um einen wirklichen Schutz der Betroffenen garantieren zu können. Die Allianz fordert deshalb von der Regierung eine Erhöhung des Gewaltschutzbudgets auf 210 Millionen Euro, dies entspricht in etwa 5,5% der kalkulierten Folgekosten. Das Geld werde in vielen Bereichen dringend gebraucht, es fehlt beispielsweise ein nationaler Plan gegen Gewalt an Frauen, ebenso wie mehr sichere Unterkünfte, die vor allem im ländlichen Raum noch immer äußerst rar sind.

Gewalt gegen Frauen ist kein importiertes Problem

Klare Worte fand auch die ebenfalls anwesende Sprecherin des Frauenvolksbegehrens, Lena Jäger: "Wir sind sehr erschrocken darüber, dass das gesamte Gewaltproblem zunehmend zu einem Kulturproblem erklärt wird." Ähnlich wie beim Anti-Semitismus, würden auch beim Thema Gewalt gegen Frauen, gewisse Teile der Regierung versuchen den Eindruck zu erwecken, es handle sich hierbei ausschließlich um "importierte" Probleme. Aber: Jeder Mensch, der in diesem Bereich arbeite, wisse nur allzu klar, dass diese Argumentation schlichtweg falsch sei, erklärte Lena Jäger. Gewalt gegen Frauen sei auch in unserer "patriachalen" Kultur noch immer tief verwurzelt, auch deshalb fordert das Frauenvolksbegehren hier mehr Aufklärungsarbeit.

Rückschritte werden befürchtet

Grundsätzlich sehen Lunacek, Jäger und die Vertreterinnen der Opferschutzeinrichtungen den eigentlich guten Weg Österreichs beim Thema Gewaltschutz stark gefährdet. Von der ursprünglichen Vorreiterrolle, die man einst bei dem Thema auf europäischer Ebene innehatte, sei immer weniger zu spüren. Besonders klar zeige sich dies an der sogenannten Istanbul-Konvention, eines Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Österreich habe dieses Übereinkommen als eines der ersten Länder Europa unterzeichnet und auch ratifiziert, jetzt kranke es aber bei der Umsetzung der Vereinbarung. Mit dem bislang für Gewaltschutz vorgesehenen Budget sei es aber nicht möglich, die in der Konvention vereinbarten notwendigen Reformen auch tatsächlich umzusetzen. (mat)

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