Österreich

Wegen Corona: 30 % mehr Anrufe bei "Rat auf Draht"

Isolation auf engem Raum, Überforderung und Existenzängste: In immer mehr Haushalten herrscht derzeit dicke Luft.

Heute Redaktion
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Das Konfliktpotential ist derzeit besonders hoch.
Das Konfliktpotential ist derzeit besonders hoch.
Bild: iStock/Symbolbild

Wie "Heute" berichtete, rechnet Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), mit ansteigender Gewalt an Frauen und Kindern während der Coronavirus-Krise. Auch beim Kinder- und Jugend-Notruf "Rat auf Draht" stehen seit den Ausgangsbeschränkungen die Telefone nicht mehr still. Während in "normalen Zeiten" täglich bis zu 200 Beratungsgespräche geführt werden, sind die Anrufe jetzt um rund 30 Prozent gestiegen. Immer mehr Kinder und Jugendliche melden sich, weil zuhause dicke Luft herrscht oder sie vor häuslicher Gewalt Angst haben oder bereits betroffen sind. Auch Gesundheit und Schule sind wichtige Themen.

Der Notruf, der von SOS-Kinderdorf vorwiegend über Spenden finanziert wird, ist rund um die Uhr kostenlos unter der Nummer 147 erreichbar. Weil es im gemeinsamen Haushalt oft leichter ist, zu schreiben als zu telefonieren, wurde die Chat-Beratung erweitert und steht derzeit von Montag bis Freitag jeweils von 18 bis 20 Uhr zur Verfügung. Das "Rat auf Draht"-Team unterstützt bei Ängsten oder in Krisensituationen und hilft, die nächsten Schritte zu setzen. Sollte unmittelbare Gefahr von den Eltern oder Bezugspersonen ausgehen, empfehlen die Experten, die Polizei zu verständigen.

Freiräume bei Überforderung schaffen

Das Konfliktpotenzial ist in dieser herausfordernden Zeit besonders hoch, Auseinandersetzungen können schnell eskalieren. Wenn Eltern spüren, wie die Überforderung wächst, rät "Rat auf Draht"-Leiterin Birgit Satke: "Schaffen Sie auch in dieser schwierigen Situation Freiräume. Jeder braucht mal eine Pause. Beobachten Sie bewusst, wie es Ihnen geht und setzen Sie ein Stopp, wenn Sie Überforderung oder Aggression in sich spüren. Tauschen Sie sich mit Freunden telefonisch darüber aus oder holen Sie sich Hilfe – etwa bei den österreichischen Gewaltschutzzentren."

Verstärkte Achtsamkeit bei Nachbarn

Derzeit ist auch die Achtsamkeit von Mitmenschen besonders gefragt. Wenn laute Auseinandersetzungen in der Nachbarschaft auffallen, sollten diese ernst genommen werden – besonders, wenn Kinder und Jugendliche im betroffenen Haushalt leben. Bei den Nachbarn anzuläuten und zu fragen, ob alles in Ordnung ist, reicht oft schon, um eine aufgeheizte Situation etwas abzukühlen.

Bei konkretem Verdacht auf Gewalt in der Familie ist die jeweilige Kinder- und Jugendhilfe des Bundeslandes die erste Anlaufstelle. Diese klärt eine mögliche Gefährdung ab. Vermutet man eine akute Gefährdung, sollte sich niemand scheuen, die Polizei zu rufen – lieber einmal zu viel als einmal zu wenig.