Politik

"Freiwilligkeitsgarantie ist größter Fake im Gesetz"

Heute Redaktion
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ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und Gewerkschaftsvorsitzende traten am Samstag gemeinsam gegen den 12-Stunden-Tag auf. "Es ist ein schlechtes Gesetz."

Mit dem 1. September treten die neuen Gesetze zur Arbeitszeit in Kraft. Der ÖGB und die Gewerkschaften lehnen den generellen 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche weiter ab und bündeln ihre Kräfte für neue, bessere Regeln für die Arbeitszeit.

Am Samstagvormittag gab der ÖGB in der Zentrale Catamaran am Johann-Böhm-Platz eine Pressekonferenz. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian erklärte: "Es ist ein schlechter Tag für Arbeitnehmer. Es ist ein schlechtes Gesetz. Der Himmel weint in einem Ausmaß, wie er es lange zuvor schon nicht mehr gemacht hat."

Ohne Begutachtung in Nacht- und Nebelaktion umgesetzt

Das "Husch-Pfusch-Gesetz", das in einer "Nacht- und Nebelaktion" vom Nationalrat mit den Stimmen der ÖVP, FPÖ und den Neos ohne Begutachtung durch Sozialpartner umgesetzt wurde, wird laut Katzian Auswirkungen auf die Gesundheit und die Freizeit von Arbeitnehmern haben. Eine aktuelle Umfrage würde belegen, dass Zweidrittel der Arbeitnehmer das Gesetz und rund 80 Prozent die Vorgehensweise der Regierung bei der Umsetzung ablehnen würden. "Unsere Kritik bleibt aufrecht. Der ÖGB war niemals gegen flexiblere Arbeitszeiten. Aber jetzt erleben wir ein einseitiges Diktat zu Gunsten der Arbeitgeber und zu Lasten der Arbeitnehmer."

Katzian legte noch nach: "Die Behauptung 'niemand muss länger arbeiten' ist schlichtweg falsch. Es ist ein Mehrarbeitsgesetz, das heute in Kraft tritt."

"Freiwilligkeit ist klassischer Häkel"

Über die im Gesetz verankerte Freiwilligkeitsbasis meinte der ÖGB-Boss verärgert: "Die Freiwilligkeitsgarantie in diesem Gesetz ist der größte Fake." Da es in Österreich keinen generellen Kündigungsschutz gibt, ist es Arbeitgebern jederzeit möglich, ihren Mitarbeitern ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Auch die Kürzung der Ruhezeiten im Tourismus bzw. der Gastronomie auf acht Stunden kritisiert Katzian scharf. "Zu all dem kommt noch, dass die Wochenend- und Feiertagsruhe beschnitten wird."

Zwar gebe es auch jetzt schon Branchen, in denen regelmäßig zwölf Stunden am Tag gearbeitet wird, aber dort seien auch "ganz klare und mit Sozialpartnern verhandelte Regeln" vereinbart worden. Es gibt entsprechende Abgeltungen und vereinbarte Freizeitblöcke. "Alle das ist im neues Gesetz nun aber nicht klar. Es bringt ausschließlich Verbesserungen für Arbeitgeber. Über Arbeitnehmer wurde im wahrsten Sinne des Wortes drübergefahren", ärgert sich der Gewerkschaftschef.

(Quelle: Video3)

"Zahltag" im Herbst

Zum weiteren Vorgehen der Gewerkschaften ließ Katzian wissen, dass mehrere Aktionen geplant seien. Demnach wird es am 18. September erstmals eine gemeinsame Sitzung aller Kollektivvertrags-Verhandler geben. Danach soll es zudem eine Sonderkollektiv-Vertragsrunde geben, im Rahmen derer die negativen Auswirkungen auf Arbeitnehmer ausgeglichen werden sollen. "Der Preis für das Gesetz wird gemeinsam festgelegt, im Herbst in Zahltag. Wir werden Branche für Branche für Gerechtigkeit sorgen."

Neben diesen Vorhaben soll zudem eines neues, modernes Arbeitszeitrecht unter Einbeziehung der Arbeitnehmer ausgearbeitet werden. Details dazu wollte Katzian nicht verraten, Eckpunkte dazu würden ebenfalls am 18. September präsentiert.

Abschließend richtete Katzian noch einen Appell an Arbeitnehmer: "Bitte unterschreiben Sie nicht, wenn Ihnen am Montag eine neue Vereinbarung oder ein neuer Vertrag vorgelegt wird. Lassen Sie das unbedingt überprüfen."

Das neue Gesetz erlaubt es 60 Stunden in der Woche bzw. zwölf Stunden am Tag zu arbeiten. Die sogenannte Arbeitszeitflexibilisierung wurde im Juli im Nationalrat beschlossen. Bisher galt: Auch inklusive Überstunden durften Arbeitnehmer nicht verpflichtet werden, mehr als zehn Stunden am Tag bzw. 50 Wochenstunden zu arbeiten. Jetzt sind es 60 Wochen- bzw. zwölf Tagesstunden. Gewerkschaft und SPÖ sieht die Regelungen zu Lasten der Arbeitnehmer.

Lesen Sie hier: 10 Fragen und Antworten zur 60-Stunden-Woche >>>

(red)