Oberösterreich

"Glaube, dass wir relativ rasch aus Krise rauskommen"

Wie kommen die Unternehmen wieder aus der Krise? Und wann gibt es wieder Normalität? Das haben wir WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer gefragt.

Peter Reidinger
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WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer spricht im "Heute"-Interview über den Weg aus der Krise.
WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer spricht im "Heute"-Interview über den Weg aus der Krise.
WKOÖ

„Heute“: Die Corona-Pandemie ist die schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Wie kommen wir da wieder raus? 
WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer:
Wir stecken noch immer mitten in dieser Corona-Krise. Jedes zweite Unternehmen in OÖ ist stark betroffen. Das Positive: Das Ende ist in Sicht. Es war immer klar: Wenn wir das Gesundheitsproblem im Griff haben, wird auch die Wirtschaft nachziehen. Wie kommen wir raus? Die Wirtschaftshilfen müssen so lange greifen, bis Impf- und Teststrategie wirken, zu Gamechangern werden, eine grundlegende Veränderung bringen.

Werden die Unternehmen noch länger Hilfen brauchen? 
Ich glaube, dass wir relativ rasch wieder aus dieser Krise rauskommen. Manche Branchen haben zwischen den Lockdowns schon starke Nachholeffekte gehabt. Ein Beispiel: Der Tourismus im Sommer, der hat super funktioniert. Aber auch Baumärkte oder z.B. Einrichtungshäuser haben sehr schnell wieder nachgezogen. Auch der Export läuft auch jetzt schon sehr gut wieder an. Nicht vergessen darf man natürlich Branchen, die jetzt ein Jahr lang gar nicht arbeiten durften. Veranstalter, Messebetreiber, Fotografen etc. Die müssen wir natürlich entsprechend unterstützen.

Was ist abseits der Unterstützungszahlungen am wichtigsten?
Neben unbürokratischen Wirtschaftshilfen wünschen wir uns schnelles Impfen. Damit wir dort, wo wir arbeiten können, sicher arbeiten können. Umso besser das Impfen läuft, umso schneller werden wir aus der Krise rauskommen.

WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer (r.) vor der Corona-Teststation beim WIFI Linz.
WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer (r.) vor der Corona-Teststation beim WIFI Linz.
WKOÖ

OÖ ist sehr exportstark. Ist für uns deshalb impfen noch wichtiger? Stichwort Geschäftsreisen. 
Da sitzen wir sicher mit den Tourismusgebieten in einem Boot. Derzeit vergeht bei mir kein Tag, wo nicht eine Unternehmerin oder ein Unternehmer anruft und sagt: Ich organisiere das Impfen selber im Betrieb, bitte schaut nur, dass wir die Impfstoffe bekommen. Der große Wunsch ist, dass Face-to-Face-Kontakte angstfrei stattfinden können, dass die Unternehmen wieder rauskommen, um ihre Produkte anbieten zu können. Dass der Verkauf, der Vertrieb, die Montage wieder laufen.

"Lasse mich zum erstmöglichen Zeitpunkt impfen"

Lassen Sie sich selbst impfen?
Ja, zum erstmöglichen Zeitpunkt!

Auch das Testen übernehmen Firmen in Eigeninitiative. Was müsste da noch getan werden von öffentlicher Seite?
Dass die Schnelltests den Firmen zur Verfügung gestellt werden, das wäre für die nächsten zwei Monate noch eine große Hilfe.

Wie sehen Sie die derzeitigen Schulschließungen. Was heißt das für die Wirtschaft?
Als Mutter eines Volksschülers sind wir in unserer Familie genauso gefordert wie viele andere. Ich erlebe es in meinem Unternehmen auch jeden Tag, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier wahnsinnig unter Druck stehen, alles unter einen Hut zu bekommen. Das verursacht psychisch natürlich Stress. Die Kinder verlieren jetzt fast ein Jahr. Das bereitet mir Sorge. Für jene Kinder und Jugendliche, die daheim nicht fünf Zimmer haben, wo man sich zum Arbeiten aufteilen kann, muss man zusätzliche Angebote schaffen, um die entstandenen Lücken zu schließen.

Könnten diese Lücken den Fachkräftemangel irgendwann verschärfen?
Ich glaube nicht, dass das aufgrund dieser Schulthematik passiert. Aber es gibt ja schon den Fachkräftemangel. Es fehlen Mitarbeiter, auch mitten in der Krise. Und auf der anderen Seite gibt es Menschen, die schon sehr lange arbeitslos sind. Diese zwei Dinge zusammenzubringen, das wird eine der ganz großen Herausforderungen der nächsten Wochen und Monate. Der Fachkräftemangel war die Wirtschaftsbremse Nummer eins in den vergangenen Jahren.

"Es braucht Solidarität"

Wie sehen Sie aus Sicht der Wirtschaft Menschen, die sich nicht an die Maßnahmen halten?
Das ist ärgerlich. Es ist eine Frage der Solidarität, nicht der persönlichen Überzeugung. Das ist ein Leugnen der Auswirkungen der Krise. Da geht’s nicht immer um einen selbst, sondern um die Frage: was bewirke ich mit meinem Verhalten? Da würde ich mir mehr Solidarität wünschen. Jeder darf seine Überzeugungen haben, ob er impfen geht oder nicht, ob man Maßnahmen sinnvoll hält. Aber wir leben in einem Rechtsstaat und in einem Sozialstatt, da braucht es Solidarität.

Gastronomen sorgten mit Aktionen für Aufsehen. Wie sehen Sie die Lage der Wirte? 
Ich habe volles Verständnis für Touristiker, Gastronomen, die teilweise wirklich verzweifelt sind. Wir haben aber auch in der Gastro auch Betriebe, die z.B. durch Abholservices gut durch die Lockdown-Phasen gekommen sind. Uns war es ein Anliegen, die Betriebe durch Kurzarbeit, durch Umsatzersatz, Senkung der Umsatzsteuer und den Umsatzbonus gut aufzufangen. Das ist in vielen Betrieben gut gelungen. Ich verstehe die persönliche Betroffenheit und die schwierige Situation. Es ist aber nicht zu tolerieren und zu akzeptieren, dass sich Einzelne nicht an die Maßnahmen halten.

Wann rechnen Sie denn mit Normalität für die Unternehmer? 
Sobald wir es geschafft haben, alle gefährdeten Gruppen zu impfen, ist das eine riesige Entlastung für die Spitäler. Damit kommen wir einen großen Schritt in Richtung Normalität, weil  wir dann keine Lockdowns mehr brauchen. Ich gehe davon aus, dass das bis Ostern tatsächlich der Fall ist. Es gibt zwei wichtige Dinge: Punkt eins ist es, sicherzustellen, dass die Menschen nicht sterben. Punkt zwei ist, dass es gute Versorgung in den Spitälern gibt. Wenn wir alle Alten- und Pflegeheime sowie die ältere Bevölkerung und Risikogruppen durchgeimpft haben, haben wir einen großen Teil geschützt.

"Wunsch der Konsumenten nach regionalen Produkten"

Was wird von der Krise bleiben? 
Wir werden viel von der Krise mitnehmen. Die Digitalisierung hat Fahrt aufgenommen, viele Firmen nutzen sie als Chance. Es wird notwendig sein, dass wir Betriebe mit mehr Eigenkapital ausstatten lassen. Liquidität macht krisenfest!

Werden die Menschen regionaler kaufen?
Das genaue Hinterfragen der eigenen Zuliefersysteme wird bleiben. Es wird viel kritischer hinterfragt werden, wie Zulieferstrukturen im Ernstfall aussehen. Wir haben gesehen, dass es den Wunsch der Konsumenten nach regionalen Produkten gibt. Ich hoffe, dass dieser Wert weiter bestehen wird. Dass jeder einzelne mit seinen Kaufentscheidungen dazu beiträgt, dass Arbeitsplätze gesichert werden, dass Lebensqualität im Ort bleibt. Das ist eine wichtige Lektion aus dieser Krise und ich glaube, dass diese Krise die Unternehmen in der Region und die Kunden näher zusammengebracht hat.