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"God of War Ragnarök" im Test – göttlich grandios

Das Abenteuer von Kratos und Atreus geht in "God of War Ragnarök" weiter. Es lässt zwar große Neuerungen vermissen, spielt sich aber bombastisch.

Rene Findenig
"God of War Ragnarök" im Test: Die Fortsetzung der Story von Kratos und Atreus setzt vorwiegend auf bekannte Stärken.
"God of War Ragnarök" im Test: Die Fortsetzung der Story von Kratos und Atreus setzt vorwiegend auf bekannte Stärken.
PlayStation

Angezockt hatten wir es bereits, jetzt folgt der finale Test von "God of War Ragnarök"! Vor vier Jahren und noch auf der PlayStation 4 zeigte sich Kratos im neuen Serien-Auftakt "God of War" nicht nur im mythischen Norden und als Vater, sondern auch ganz anders als der immer wütende Kriegsgott auf Rachefeldzug. Nun geht auf der PlayStation 5 die Geschichte um den Krieger auf der Suche nach Frieden und hin zu einem verantwortungsbewussten Vater weiter. Nach den Geschehnissen des Vorgängers samt bombastischen Enthüllungen am Ende des Games freuen sich da Spieler auf ein neues Action-Feuerwerk ebenso wie auf eine tiefgründige Geschichte und neue Einblicke in eine ihre Lieblingsfiguren.

Mit seinem Sohn Atreus wartet in "God of War Ragnarök" der titelgebende drohende Untergang der Welt. Schon vor dem Release am 9, November darf "Heute" erneut in die Rolle des Gespanns schlüpfen und das neue Game der Santa Monica Studios nun auch bewerten. Über weite Teile bekommt man da Gewohntes aus dem Vorgänger geliefert, und das ist eine ausgezeichnete Nachricht. Aber auch die eine oder andere Neuerung wartet auf die Spieler. Diese sind besonders im Kampf präsent, bei der Handlung wiederum stehen wieder Kratos und Atreus sowie ihre Beziehung zueinander im Mittelpunkt. Da wir nichts spoilern wollen, verraten wir in unserem ausführlichen Bericht so gut wie nichts aus der Handlung des Games.

Auf der Suche nach Antworten beginnt ein neues Abenteuer

Was bekannt ist: "Gof of War Ragnarök" setzt nicht direkt nach "Gof of War" an, sondern ließ einige Jahre des eisigen Fimbulwinters ins Land ziehen. In der nordischen Mythologie kündigt dieser das Kommen von Ragnarök und den Untergang der Welt an. In diesen frostigen Zeiten hielten sich Kratos und Atreus bedeckt und versuchten, sich vor den Göttern des Nordens zu verstecken und sich auf das Kommende vorzubereiten. Das sowohl in familiärer, als auch in kämpferischer Hinsicht. Während aus dem Kind Atreus ein Jugendlicher geworden ist, wuchs das Gespann zwar zu einer Familie zusammen, so richtig harmonisch geht es aber immer noch nicht zu. Schuld daran ist nicht nur die Pubertät des Sohns.

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    Kratos und Atreus müssen in "God of War Ragnarök" jede der neun Welten der...
    Kratos und Atreus müssen in "God of War Ragnarök" jede der neun Welten der...
    PlayStation

    Auch magische Kräfte sind in Atreus erwacht, und weder hat er die volle Kontrolle darüber, noch kann sich sein Vater die Magie wirklich erklären. Schnell wird dem Vater-Sohn-Gespann zu Beginn klar: Sie brauchen Antworten von Experten, und als solcher soll der nordische Gott Tyr befragt werden. Um ihn zu finden, startet eine neue und gefährliche Reise, die dieses Mal durch alle der neun Welten der nordischen Mythologie führen soll. Dabei darf man gleich zu Beginn staunen, denn wir betreten direkt nach dem Auftakt mit Svartalfheim die bisher unbekannte Welt der Zwerge. Dabei fällt auch gleich die noch schönere Grafik auf, die Technik der PlayStation 5 sorgt für ein Detailfeuerwerk mit beeindruckenden Licht-Effekten.

    Noch mehr Tiefgang, noch mehr Story, noch mehr Emotionen

    Beim Erkunden und Entdecken der Spielwelt selbst zeigt sich nicht viel Neues: Wieder darf man recht frei in einem offenen und sehr großen Hauptgebiet seine Wege selbst wählen, stößt aber durch Missionen und Nebenmissionen immer wieder an abgegrenzte Bereiche, die sich erst mit dem Fortschritt im Spiel freischalten. Innerhalb von Regionen, an denen man wieder per Boot anlegen darf, geht es dann oftmals wieder linearer zu, die Macher haben dies aber durch geschickt gesetzte, "natürliche" Begrenzungen harmonischer als noch im Vorgänger wirken lassen. Eine fantastische Arbeit liefern einmal mehr die Sprecher ab. Egal ob auf Englisch oder Deutsch, sie sorgen regelmäßig für Gänsehaut und ganz große Emotionen.

    Auch die Beziehung zwischen Atreus und Kratos wird wieder mit feiner Klinge herausgearbeitet, wobei auch hier noch mehr Tiefgang Einzug hält. Kratos, teils noch immer von Schuldgefühlen geplagt, müht sich sichtlich ab, seinem Sohn mehr Freiräume zu geben. Atreus wiederum hat gelernt, besser auf seinen Vater zu hören, will sich aber dennoch bereits als Mann beweisen und ihn stolz machen. Schon zum Spielstart zeigt sich, dass das zu erneuten Eskalationen führt. Das Spiel schafft es indes gigantisch gut, erneut die Emotionen des Spielers oder der Spielerin zu wecken und die Charaktere noch stärker an die Spieler zu binden. Erzählerisch ist "Ragnarök" mit meilenweitem Vorsprung das beste "God of War" aller Zeiten. 

    Selbst Nebenmissionen werden zu einem Star im Spiel

    Beim Gameplay selbst ist dafür in Sachen Erkunden und Herumreisen so gut wie nichts verändert worden. Jede Region verfügt über verschiedene Gegnertypen, mit denen man sich wieder nach Herzenslust prügeln darf, dazu kommen immer wieder abwechselnde lineare Gebiete und offenere Regionen, in denen das eine oder andere Geheimnis entdeckt werden kann. Auch kleinere Rätsel gibt es wieder. Sie zeigen sich erneut sehr simpel und stoßen den Spieler fast schon mit der Nase auf die jeweilige Lösung, zeigen aber dafür etwas mehr Abwechslung und Kreativität. So muss man an einer Stelle etwa getimed Heißwasser-speiende Geysire mit der Axt einfrieren, indem man das eiskalte Beil in die Fontänen schleudert.

    Eine Spur mehr Abwechslung zeigt das Game auch bei den Levelgestaltungen. Nicht mehr warten nur Dutzende Standard-Feinde auf unser Duo, bis man sich zum Boss durchgekämpft hat, auch taucht öfters mal ein Miniboss oder Hauptboss einfach hinter der nächsten Ecke auf. Und das Abbiegen vom Weg lohnt sich auch, denn die Macher haben noch mehr optionale Aufgaben und Feinde sowie Secrets als im Vorgänger versteckt. Auch Sammelgegenstände gibt es wieder jede Menge. Und: Nebenmissionen fallen nun zeitintensiver aus, erzählen aber überraschend ausführliche und gut gemachte Geschichten, zeigen sich spielerisch abwechslungsreicher und sind ein Muss statt simpler Zeitvertreib geworden.

    Bei den Bossen gibt es nun deutlich mehr Abwechslung

    Im Kern blieb auch der Kampf in der bekannten Form erhalten. Spieler dürfen wieder mit Leviathan-Axt und Chaos-Klingen zuschlagen, leichte und schwere Angriffe ausführen und Blocken sowie Ausweichen. Der vom Spieler gesteuerte Kratos wird dabei wieder von den Pfeilen seines Sohnemanns im Kampf unterstützt. Das spielt sich ausgezeichnet und flüssig wie eh und je. Neu sind aber vermehrt auch Feinde, die sich durch die Lüfte schwingen. Und: Das Block-System zeigt sich etwas ausgeklügelter. Sitzt das Timing richtig, können wir viele (nicht alle!) Attacken abwehren und den Gegner damit kurz ins Straucheln bringen, um zum Gegenangriff überzugehen. Da kommt sogar eine Prise Feeling wie von "Elden Ring" auf.

    In Sachen Bosse warten nun offenbar vermehrt komplett unterschiedliche Feinde statt Walküren und Trolle am laufenden Band. Und auch hier weh etwas "Souls"-Luft, denn die Bosse von einem Krokodil-Koloss bis zu einer Zentauren-Jägerin bewegen sich und attackieren uns vollkommen unterschiedlich in Hinsicht auf Tempo, Angriffsmuster und Verteidigungen. Wichtiger wird es da mehr denn je, wirklich die Muster der Feinde zu erlernen, denn je nach Können und Schwierigkeitsgrad reicht einfaches Drauflosprügeln auf höheren Schwierigkeitsgraden nicht mehr aus. Zu einem Hit macht Kämpfe übrigens auch der DualSense-Controller mit immersiven Vibrationen und dem haptischen Feedback beim Axt- und Ketten-Einsatz.

    Kleinere Verbesserungen bei den Skills und Bewegungen

    Eine kleine Neuerung wartet auch beim Bewegen zwischen den Gebieten und in den verschiedenen Arealen. So darf man sich als Kratos mit den Chaosklingen über Abgründe schleudern oder kleinere Hügel erklimmen. Das nimmt allerdings keine Formen an, in denen man förmlich durch die Landschaften fliegt. Schließlich nutzen die Entwickler die Geh- und Kletter-Passagen auch wieder dazu, Dialoge vor allem zwischen Vater und Sohn geschehen zu lassen und damit die Handlung voranzutreiben. Apropos Geschicklichkeit: "God of War Ragnarök" bietet ein ganzes Arsenal an Optionen für die Barrierefreiheit an, damit jeder Spieler Spaß haben kann. Auch ein zusätzlicher, besonders leichter Modus kommt dazu.

    In Sachen Skill-System erprügelt man sich wieder durch die Erfüllung von Bedingungen, die fast nebenher im Spielverlauf erledigt werden, sowie durch simples Besiegen von Feinden Punkte und Verbesserungen. Verbesserungen stärken wieder unsere Fähigkeiten, Punkte schalten erneut neue Fähigkeiten und Angriffe frei. Neu dabei ist, dass wir dies für Atreus und Kratos nun getrennt voneinander tun dürfen. Einmal mehr gilt aber: Mit dem ganz normalen Durchspielen schaltet man genug Skills frei, um die Skill-Trees gut, jedoch nicht voll ausfüllen zu können. Wer wirklich jede Fähigkeit freischalten will, wird wieder alle optionalen Aufgaben erfüllen und ein paar Extra-Wege im Spielverlauf gehen müssen, was kurzweilig ist.

    "God of War Ragnarök" macht Kratos stärker denn je

    Die wirklich großen Neuerungen in "God of War Ragnarök" blieben in Sachen Gameplay aus. Allerdings ist es fantastisch zu sehen, wir die losen Enden des Vorgängers in "Ragnarök" zusammengeführt werden und sich die brutalen Auswirkungen der Geschehnisse im aktuellen Game so richtig zeigen. Außerdem entfaltet "Ragnarök" seine Handlung gleich auf mehreren Ebenen. Die Vater-Sohn-Beziehung, die Suche nach Antworten, die Rache Freyas für ihren getöteten Sohn Baldur und die allgegenwärtige Bedrohung durch Thor und Odin führen den Spieler nach einem etwas langatmigen Auftakt hin zu einem explosiven Finale, das eines der besten der Videospielgeschichte darstellt und das Spiel zum PlayStation-5-Juwel macht.

    Als coole Neuerung stellt sich übrigens die neben dem Boot neue Fortbewegungsart per Schlitten heraus. Von zwei riesigen Wölfen gezogen darf man einige sehr große Regionen erkunden und sich durch nun noch gigantischere Gebiete bewegen. Deutlich angezogen hat auch die Brutalität der Kill-Animationen. Rammt Kratos seine Fäuste in die Feinde, schnetzelt sie mit den Waffen klein und schmettert sie zu Boden, fühlt sich der Kriegsgott stärker denn je an. Durch die neue Gegner-Vielfalt steigt dabei auch die Zahl der Kampfanimationen, weswegen sich keine Begegnung mehr wie die andere spielt und jeweils andere Herangehensweisen erfordert. Und wie im Vorgänger warten im Endgame noch besonders harte Prüfungen.

    Technisch beinahe vollkommen auf die Spitze getrieben

    In Sachen Grafik und Sound war bereits der Vorgänger ein Meilenstein, weswegen es auch hier in "Ragnarök" nicht die große Offenbarung gibt. Dennoch wurde das Game in allen Bereichen noch weiter verbessert und aufpoliert, Charaktere erscheinen noch detaillierter und natürlicher animiert, Umgebungen zeigen sich nun unglaublich abwechslungsreich und beeindruckend scharf. Da ist es fast ein Frevel, dass es bisher noch keinen Fotomodus gibt, dieser könnte allerdings noch nachgeliefert werden. PS5-Spieler dürfen übrigens zwischen verschiedenen Grafik-Modi wählen, darunter 4K-Auflösung mit 30 Bildern pro Sekunde oder geringerer Auflösung mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde. Alles funktioniert dabei butterweich.

    "God of War Ragnarök" ist auf der PlayStation 5 eine Offenbarung und eines der besten Next-Gen-Spiele.
    "God of War Ragnarök" ist auf der PlayStation 5 eine Offenbarung und eines der besten Next-Gen-Spiele.
    PlayStation

    Ladezeiten gibt es trotz der aufwendigen Technik so gut wie keine. Und ergänzt wird der Eindruck von tollen Sound-Effekten, bei denen jedes Schlag blechern auf die Rüstung kracht und jeder Schritt im Schnee knirscht. Im Hintergrund gibt es dazu einen göttlich guten Soundtrack, der von orchestralen Momenten hin zu kämpferischen Fanfaren anschwillt. Wer übrigens den Vorgänger ausgelassen hat, bekommt zu Beginn eine optionale Kurzzusammenfassung spendiert, ein schönes Feature für Neulinge. Bevor man allerdings in die gut 45 bis 50 Stunden lange "Ragnarök"-Reise mit dem Duo startet, sollte man auf jeden Fall den Vorgänger gespielt haben, die emotionale Erfahrung des Spiels kann die Zusammenfassung nicht ersetzen.

    "God of War Ragnarök" zeigt, wie Next-Gen-Spiele sein müssen

    "God of War Ragnarök" liefert einen fantastischen Nachfolger ab, der zwar das Rad nicht neu erfindet, aber in allen Bereichen aufpoliert und verbessert wurde. Es ist der Vorzeigetitel für die Next-Gen-Konsolengeneration schlechthin und zeigt, dass man keine Experimente wagen muss, sondern auch Gutes und von Spielern Geliebtes einfach konsequent fortführen kann. Bewundernswert ist dabei aber auch, dass sich die Santa Monica Studios sehr wohl an den Wünschen der Fans orientiert haben, was sich vor allem im nun atemberaubenden Gegner-Design mit weit mehr Abwechslung zeigt. Außerdem wurde das Spiel für Neulinge zugänglicher, für Profis aber gleichzeitig auch noch herausfordernder gestaltet.

    Von Anfang bis Ende ist "God of War Ragnarök" ein Meisterwerk, das auf keiner PlayStation 5 fehlen darf und das nicht einen schwachen Moment zu bieten hat. Die gebotene Handlung ist atemberaubend und kinoreif, die darstellerische Leistung emotional und überzeugend, die Technik auf der Spitze der bisherigen PlayStation-5-Geschichte und die Fortsetzung der nordischen Saga rund um Kratos und Atreus eine Achterbahnfahrt aus Action, Gefühlen und denkwürdigen Momenten. Kurz: "God of War Ragnarök" ist göttlich grandios, eine wahre Perle des Gamings. Es wird das Herz jedes Kratos-Fans im Sturm erobern und auf Jahre hinaus die Messlatte sein, an denen sich Action-Adventures orientieren.