Österreich

"Grippe-Virus wartet nur, dass es losbrechen kann"

Die strikten Corona-Regeln verpatzten dem Influenza-Virus die vergangene Wintersaison. Doch das Grippe-Comeback droht. Eine Virologin warnt. 

Nikolaus Pichler
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Virologin Monika Redlberger-Fritz warnt vor der Grippewelle. 
Virologin Monika Redlberger-Fritz warnt vor der Grippewelle. 
Screenshot Glomex

"Wir würden normalerweise, wenn wir keine Pandemie hätten, erwarten, dass jetzt die Grippewelle beginnt", macht Monika Redlberger-Fritz am Dienstag im Gespräch bei PULS 24 deutlich. Heuer sei das anders, so ihr Tenor. Doch seit der Corona-Krise und den damit verbundenen strikten Restriktionen sei das anders. "Das war nicht nur bei der Influenza so, sondern auch bei vielen anderen respiratorischen Viren, wo wir genau das beobachten konnten", so Redlberger-Fritz. 

Daran sollten sich die Österreicher laut der Expertin jedoch nicht gewöhnen. "Im Laufe dieses Sommers haben andere respiratorische Viren letztlich doppelt so stark zurückgeschlagen, weil sie letztes Jahr nicht stattgefunden haben." Ein solches Szenario drohe nun auch in Österreich. "Wir haben jetzt eine Situation, in der wir sehen, dass das Influenza-Virus zurückkommen kann. In ganz Europa schwelt das Influenza-Virus und wartet nur wirklich, dass es mal losbrechen kann."

Harte Corona-Regeln halten Grippe in Schach

Der einzige Grund für die Forscherin, warum die Grippe-Welle Österreich noch nicht erfasst hat? "Die Hygiene-Maßnahmen, die dagegendrücken." Weil man jedes Jahr mit dem Grippe-Virus in Kontakt komme, werde die Immunität auch stetig aufgefrischt. "Wenn einmal die Influenza-Welle ausfällt, fehlt uns dieser natürliche Booster", so die Expertise von Redlberger-Fritz. 

"Das ergibt eine Situation, die wir zuvor noch nicht hatten", erklärt sie. Wenn Influenza und SARS-CoV-2 zeitgleich zirkulieren, wären Doppelinfektionen möglich. Weil es im Vorjahr quasi Null Prozent Grippeaktivität gab, existierte diese Problematik damals nicht. Man kenne aber Fallberichte vom Beginn der Covid-19-Pandemie in China, wo Doppelinfektionen "ganz besonders schwer verlaufen sind", berichtete die Wissenschaftlerin. Für das Immunsystem wäre es wohl schwer, mit beiden Erregern gleichzeitig zurecht zu kommen. "Es kann zu einem sogenannten Zytokinsturm kommen, wo viele Botenstoffe ausgeschieden werden und es zu einer massiven Überreaktion des Immunsystems kommt." Für die Betroffenen ist dies eine akut lebensbedrohliche Situation.

Impfung verhindert Doppelimpfung

Verhindern könne man solche Doppelinfektionen durch Impfungen. "Man sollte dabei nicht nur auf SARS-CoV-2 schauen, sondern auch gegen Influenza impfen", meint sie. Bei Kindern bis 14 Jahren wäre die Influenza-Impfung heuer kostenlos, und sie ist schon ab einem Alter von sechs Monaten zugelassen.

Die aktuelle mRNA-Technologie von Moderna und BioNTech/Pfizer kommt bei den Covid-19-Impfstoffen zum Einsatz, kann aber auch zur Herstellung von Vakzinen gegen andere Atemwegserkrankungen und die saisonale Grippe verwendet werden. Pharmaunternehmen sehen auch bei der Behandlung von Krebs Fortschritte durch mRNA-Impfstoffe.