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Grüne stellen Strafantrag nach Mega-Hack

Nach dem Hackerangriff auf deutsche Politiker hat eine Partei erste Konsequenzen gezogen.

Heute Redaktion
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In Deutschland haben die Grünen-Fraktionschefs laut einem Medienbericht nach dem Hackerangriff auf Politiker im Namen der gesamten Fraktion einen Strafantrag gestellt. "Persönliche, nicht öffentlich zugängliche Daten der Fraktionsmitglieder wurden entwendet über den Twitter-Account @_0rbit (twitter.com/_0rbit), gegen ihren Willen und ohne ihr Wissen vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht", heißt es zur Begründung in dem Strafantrag, der der "Rheinischen Post" vom Samstag vorliegt. Dieser richtet sich gegen unbekannt. Es sei nicht auszuschließen, dass auch persönliche Daten von Fraktionsmitarbeitern betroffen seien.

Laut Recherchen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ist der Inhaber des mittlerweile gelöschten Twitter-Accounts in der YouTube-Szene kein Unbekannter. Er habe schon häufiger andere Konten gehackt, berichtete die Zeitung am Freitag und zitierte einen Betroffenen mit den Worten: "Wir haben das Spiel alle schon mal durch."

"Angriff auf Demokratie"

Die Parlamentsgeschäftsführerin der Grünen, Britta Hasselmann, bezeichnete den Hackerangriff auf Politiker, Prominente und Journalisten als "Angriff auf unsere Demokratie". Der Staat habe die Pflicht, das Grundrecht der Bürger auf Vertraulichkeit und Integrität ihrer IT-Systeme zu schützen.

"Es kann nicht sein, dass Hacker private Daten abgreifen und so für Verunsicherung bei vielen Bürgerinnen und Bürgern sorgen", sagte Hasselmann dem Blatt. "Das ist auch ein Angriff auf unsere Demokratie, unsere Bürger- und Persönlichkeitsrechte." Die Bundesregierung sei "in der Pflicht, wirksame Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit im Netz zu treffen".

Am Donnerstagabend war bekannt geworden, dass ein Unbekannter über ein Twitter-Konto im Dezember massenweise persönliche Daten veröffentlicht hat, darunter Handynummern und private Chat-Protokolle. Hunderte Politiker sind betroffen, darunter Kanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Auch Daten von Schauspielern und Journalisten wurden veröffentlicht.

Kritik an Behörde

Das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) erfuhr nach eigenen Angaben erst in der Nacht zum Freitag von der Veröffentlichung der Daten. Dies teilte die Behörde allen Bundestagsabgeordneten in einem Schreiben mit, das der Nachrichtenagentur DPA vorliegt. Dagegen war der massive Datendiebstahl dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bereits seit Wochen bekannt. BSI-Präsident Arne Schönbohm sagte am Freitag dem Sender Phoenix: "Wir haben schon sehr frühzeitig im Dezember auch schon mit einzelnen Abgeordneten, die hiervon betroffen waren, dementsprechend gesprochen."

Das BSI gerät wegen seines Vorgehens zunehmend in die Kritik. Der FDP-Digitalpolitiker Manuel Höferlin sagte der Nachrichtenagentur DPA, man müsse sich über die Informationspolitik der Behörde wundern. "Das Bundesamt muss seine Vorgehensweise darlegen und kritisch überprüfen." Auch Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch reagierte empört: "Angesichts der Dimension dieses Datenklaus ist die Nichtinformation von Partei- und Fraktionsvorsitzenden durch die Behörden völlig inakzeptabel. Gibt es etwas zu verbergen?"

Das BKA warnte die Abgeordneten in seinem Schreiben: "Es ist in Betracht zu ziehen, dass die betroffenen Personen nicht nur im direkten zeitlichen Zusammenhang Ziel beispielsweise von (anonymen) Beleidigungen und Bedrohungen oder vereinzelt Sachbeschädigungen werden können." Die Links zu den Daten seien zwar aktuell nicht mehr zugänglich. "Es ist jedoch davon auszugehen, dass bereits Kopien heruntergeladen wurden und beispielsweise über "WhatsApp" oder andere offen zugängliche Internetseiten weiter verbreitet worden sind."

Cyber-Sicherheitsrat fordert Abwehrausbau

Der Cyber-Sicherheitsrat Deutschland mahnte als Konsequenz aus dem Hackerangriff einen Ausbau der Abwehrkapazitäten an. Ziel müsse sein, Angriffe schneller zu entdecken sowie Cyberkriminelle effektiv zu identifizieren und strafrechtlich verfolgen zu können, sagte der Präsident des von der deutschen Regierung gegründeten Cyber-Abwehrzentrums, Hans-Wilhelm Dünn.

Der Vorfall zeige, wie akut und ernst die Gefahren aus dem Cyberraum seien. Nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch gegenüber politischen Systemen – insbesondere Demokratien – und der Gesellschaft könne die voranschreitende, weltweite Vernetzung für solche Kampagnen missbraucht werden und großen Schaden anrichten.

Der im August 2012 gegründete Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. ist politisch neutral und berät Unternehmen, Behörden und politische Entscheidungsträger im Bereich Cyber-Sicherheit. Dünn forderte, Betreiber von Instant-Messaging- und Mikrobloggingplattformen sowie sozialen Netzwerken müssten sich stärker für die Unterbindung derartiger schmutziger Aktionen einsetzen.

Das Digital-Telegramm 2019

(roy/sda)