Österreich

Handgranaten-Mord: "Plan war, zu erschießen"

Heute Redaktion
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Der Hauptangeklagte im Wiener Handgranatenmord hat am Montag sein Schweigen gebrochen. "Der Plan war, grundsätzlich zu erschießen", stellte Kristijan H. klar. Er glaubt, dass ihm die beiden Mitangeklagten den Mord nicht zugetraut haben. Vier Zeugen, es handelt sich um Häftlinge, entlasten die beiden. Der Prozess wurde auf 11. Februar vertagt.

Der Hauptangeklagte im Wiener Handgranatenmord hat am Montag sein Schweigen gebrochen. "Der Plan war, grundsätzlich zu erschießen", stellte Kristijan H. klar. Er glaubt, dass ihm die beiden Mitangeklagten den Mord nicht zugetraut haben. Vier Zeugen, es handelt sich um Häftlinge, entlasten die beiden. Der Prozess wurde auf 11. Februar vertagt.

Am Montag stand die Frage im Mittelpunkt, ob Renata H., die Schwester des geständigen Hauptangeklagten und dessen Freund Dejan V. am Mord beteiligt waren. Die beiden stellen eine wissentliche Beteiligung in Abrede, sind im Ermittlungsverfahren vom 35-Jährigen aber belastet worden.
Vier Knackis entlasteten Mitangeklagte

Da Kristijan H. in der am 12. November eröffneten Hauptverhandlung von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat, wurden vier Insassen der Justizanstalt Josefstadt in den Zeugenstand gebeten. Einer dieser Zeugen will vernommen haben, wie Kristijan H. vor kurzem beim Spaziergang im Innenhof der Justizanstalt über eine Mauer hinweg gerufen habe, die beiden hätten keine Ahnung von seinen verbrecherischen Plänen gehabt.

Er sei in den vergangenen Tagen witterungsbedingt ein einziges Mal spazieren gegangen, meldete sich der Hauptangeklagte nach dieser Aussage von der Anklagebank aus zu Wort. Außerdem stünde im Gefängnis Bewegung im Freien grundsätzlich nicht - wie vom Zeugen behauptet - um 7.30 Uhr am Programm: "Das können Sie jeden Beamten fragen. Der Zeuge hat einen sehr eigenartigen Zugang zur Wahrheit."

Drei weitere Häftlinge der Justizanstalt Josefstadt versicherten als Zeugen unter Wahrheitspflicht ebenfalls, die Mitangeklagten wären "nicht schuldig". Einer will mitangehört haben, wie Kristijan H. sagte "Der Dejan hat nichts gewusst, auch meine Schwester nicht". Ein Zellengenosse von Dejan V. beschrieb diesen als "netten und herzlichen Menschen", der zu so etwas gar nicht fähig sei. Der vierte Häftling behauptete schließlich, vor zwei Monaten mit Kristijan J. gesprochen zu haben. Dieser habe ihm anvertraut, Dejan V. sei "unschuldig". Mittlerweile teile er mit diesem eine Zelle.

"Glaube, dass es mir die beiden nicht zugetraut haben"

Als einer der Häftlinge erklärte, Kristijan H. habe angekündigt, dessen Verteidiger werde in seinem Schlussplädoyer verkünden, dass Dejan V. und Renata H. "unschuldig" seien, unterbrach der Hauptangeklagte sein Schweigen und gab ein längeres Statement zu Protokoll. Er widersprach dieser Darstellung, räumte jedoch ein: "Ich glaube schon, dass es mir die beiden nicht zugetraut haben."

"Der Plan war, grundsätzlich zu erschießen", stellte Kristijan H. klar. Die Handgranate einzusetzen, habe er nicht beabsichtigt. Nach den Schüssen auf Zlatko N. hatte der Revolver allerdings eine Hemmung, sodass Kristijan H. laut Anklage die Granate zündete und diese Horst Waldemar W. auf den Schoß warf. Auf die Frage, ob Dejan V. damit rechnen hätte können, dass es zu einem Doppelmord kommen wird, meinte Kristijan H. ausweichend: "Womit er rechnen kann, sind Mutmaßungen."

Schwester: "Hab's für mich versucht zu verdrängen"

An Renata H., die Schwester des Hauptangeklagten, hatten mehrere Geschworene Fragen. Diese hatte die beiden Männer zum Tatort chauffiert und will nach dem Verbrechen bis zu ihrer Festnahme mit ihrem Bruder nicht mehr über jene Nacht gesprochen haben. Das fand eine Laienrichterin schwer nachvollziehbar. "Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Ich hab's für mich versucht zu verdrängen", erklärte ihr die 43-Jährige.

Sie habe sich bemüht, "so normal wie möglich" mit ihrem Bruder umzugehen, obwohl in den Zeitungen groß über den Doppelmord berichtet wurde. Sie habe ihm dessen ungeachtet "das nicht zugetraut, weil wie hätte ich denn weiterleben sollen?" "Sie haben das Thema also totgeschwiegen", bemerkte die Geschworene. Renata H. bejahte dies: "Ich hab's einfach totgeschwiegen und hab's vergessen. Ich habe versucht, so gut als möglich zu funktionieren und meinen Alltag zu bewältigen."

Zeuge fehlte, Prozess vertagt

Nach der Zeugeneinvernahme wurde der Prozess um den sogenannten Handgranatenmord vertagt. Grund: Ein weiterer, von der Verteidigung als Entlastungszeuge nominierter Mann konnte krankheitsbedingt seiner Ladung nicht nachkommen. Diese Befragung wird am 11. Februar nachgeholt. Die drei Angeklagten bleiben bis dahin in U-Haft.

Seite 2: Das geschah in der Nacht auf 11. Jänner

In der Nacht auf den 11. Jänner 2014 waren der Transportunternehmer Zlatko N. (45) und der zeitweise von ihm als Fahrer beschäftigte Horst Waldemar W. (57) auf spektakuläre Weise in der Odoakergasse in Wien-Ottakring gewaltsam ums Leben gebracht worden. Der eine wurde mit drei Schüssen getötet, der andere starb an inneren Verletzungen, nachdem in seiner Hand eine Handgranate explodiert war.

Die beiden hatten mit dem 35-jährigen Kristijan H. einträgliche Geschäfte mit importiertem Diesel gemacht, der ohne Abfuhr der Mineralölsteuer im Sommer 2013 direkt an Tankstellen verkauft wurde. Dieser Mann soll die beiden getötet haben, weil er befürchtete, sie könnten ihn auffliegen lassen. Als Beitragstäter zum inkriminierten Doppelmord sind die 43-jährige Schwester von Kristijan H. sowie ein 35-jähriger Freund des Mannes angeklagt.

Dem Trio drohen bei Schuldsprüchen zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Freiheitsstrafen.

Das war der Live-Ticker des ersten Prozesstags: