Wirtschaft

Händler wollen, dass Kunden auf Pump kaufen

Kleider, Kaffeemaschine oder Fahrrad: In etlichen Läden können Konsumenten auf Rechnung einkaufen. Dahinter steckt Kalkül der Händler.

Heute Redaktion
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Bei H&M können Konsumenten neuerdings auf Rechnung shoppen. Dazu müssen sie Teil des Treueprogramms des Kleiderhändlers sein. Auch andere Detailhändler, darunter Manor, Media-Markt und PKZ bieten diese Zahlungsmethode an. In Geschäften von Coop-Töchtern wie Bau+Hobby, Pronto, Interdiscount und Fust ist die Zahlung auf Rechnung mit der sogenannten Paycard möglich.

Hinter dem Angebot steckt Kalkül: "Der Kauf auf Rechnung fühlt sich für manche Konsumenten im ersten Moment wie gratis an – auch wenn man eigentlich weiß, dass es nicht so ist", sagt Tilman Slembeck, Wirtschaftsprofessor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) gegenüber dem Schweizer Nachrichtenportal "20 Minuten". Die Händler würden sich darum mehr Verkäufe an weniger liquide Kunden versprechen. Dazu kommt, dass die Zahlungsart ein Anreiz für die Konsumenten sei, am Kundenbindungsprogramm der Händler teilzunehmen.

Bonitätsprüfung bei Kunden

Doch das Shoppen auf Rechnung birgt Gefahren: Wie Konsumentenschützerin Sara Stalder sagt, besteht die Gefahr, dass es die Kunden in die Schuldenfalle treiben könnte.

H&M winkt ab: Für die Bezahlmöglichkeit mit Rechnung habe man sich mit dem schwedischen Zahlungsanbieter Klarna zusammengetan. "Damit Verbraucher Klarna nutzen können, führt Klarna in ihrem eigenen Interesse, aber vor allem im Sinne der Verbraucher Bonitätsprüfungen durch", teilt H&M mit. Eine entsprechende Bonität sei die Voraussetzung für das Einkaufen auf Rechnung. So erwartet H&M auch keine hohe Zahl an Pfändungen.

Ein Teil der Rechnungen bleibt unbezahlt

Slembeck von der ZHAW glaubt hingegen, die Detailhändler müssten schon davon ausgehen, dass ein gewisser Prozentsatz der Rechnungen nicht bezahlt werde: "Wenn die Händler das Geld sofort in der Kasse haben, ist das Risiko natürlich gleich null." Aber die Firmen würden damit rechnen, dass sich dieses Risiko dank der zusätzlichen Verkäufe auszahlt.

Der Kauf auf Rechnung ist faktisch ein Kredit über die Rechnungsdauer, wie Slembeck erklärt. Die Zinslage macht den Händlern die Zahlungsart besonders schmackhaft: Die Zinsen seien derzeit so niedrig, dass es praktisch gratis sei, jemandem Geld auszuleihen, so der Wirtschaftsprofessor: "Detailhändler mutieren immer mehr zu Banken."

Individuelle Limits beim Einkauf

Bei H&M können nur Mitglieder des Treueprogramms den Kauf auf Rechnung aktivieren und diese Zahlungsmöglichkeit sowohl online als auch im Laden nutzen. Das Mindestalter liegt bei 18 Jahren. Die Rechnungen sind innerhalb von 30 Tagen zu begleichen – ohne Gebühren und Zinsen. "Kunden haben die Möglichkeit, ihre Zahlfrist bei Klarna zu verlängern", erklärt H&M. Der Zahlungsanbieter lege zudem auf der Grundlage der Bonitätsprüfung fest, für welchen Geldbetrag jeder einzelne Kunde auf Rechnung einkaufen dürfe.

Die europäischen Händler dürften bezüglich Einkauf auf Rechnung bei ausländischen Anbietern abgeschaut haben: In den USA ist diese Zahlungsart auch im stationären Handel längst weit verbreitet.