Politik

Doskozil: "Ärzte rieten mir, Beruf zu wechseln"

Heute Redaktion
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Von dem schwierigen Eingriff an den Stimmbändern ist Hans Peter Doskozil immer noch sichtlich gezeichnet. Im ORF-"Report" gab der burgenländische Landeschef am Dienstagabend das erste TV-Interview nach seiner OP – mit starken Ansagen.

Es ist das erste TV-Interview von Hans Peter Doskozil nach seiner neuerlichen Stimmband-Operation. Am heutigen Dienstagabend stellte sich der burgenländische Landeshauptmann live im ORF-"Report" neben dem Coronavirus auch einem besonders heiklen Thema: dem Ergebnis der Mitgliederbefragung seiner Partei welches am Mittwoch, dem 6. Mai, veröffentlicht werden soll. Die Genossen hatten ja nicht nur über die inhaltliche (Neu-) Ausrichtung der SPÖ, sondern auch ganz direkt über die Zukunft der Parteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner entschieden.

Mit Pflaster am Hals erzählt Doskozil von dem "schwierigen Eingriff", dem er sich erst im März hatte unterziehen müssen. "Die Ärzte rieten mir, den Beruf zu wechseln. Zu einem, bei dem ich nicht sprechen muss", schildert der SPÖ-Grande die dramatische Situation. Dank einer komplizierten Operationsmethode konnte seine Stimme aber gerettet werden. "Alles ist gut gegangen", so Doskozil gegenüber Moderatorin Susanne Schnabl.

Obwohl alle Zeichen auf baldige Genesung stehen, strengte das Reden den Spitzen-Repräsentanten der SPÖ immer noch an. Mit heiserer Stimme ging es an die inhaltlichen Schwerpunkte des Interviews. Den Anfang machte die aktuelle Corona-Krise.

Fehlt es an "klaren Vorgaben"?

Hier appelliert der Landeschef vehement an die türkis-grüne Koalition "klare Vorgaben" auszuarbeiten. Eine zentrale Regelung würde in den weiteren Wochen dringend benötigt. "Niemand weiß, welcher Lehrer im Mai zur Verfügung stehen wird", so Doskozil anhand des Beispiels Schule. "Es kann ja nicht sein, dass es für Bundesschulen Vorgaben gibt", für Schulen in der Verwaltung der Länder aber nicht. Um ein Regelungschaos in den Bundesländern zu vermeiden, solle hier die Bundesregierung zentral Vorgaben veröffentlichen.

Hilfe durch Kriminalbeamte nicht nötig

Im Bereich der Kontaktnachverfolgung von Covid-19-Patienten wolle er im Burgenland aber nicht auf die Unterstützung durch Kriminalbeamte der Polizei zurückgreifen. Diese, vom Innenministerium angebotene Hilfeleistung geht für Doskozil "zu weit". "Die Gesundheitsbehörden sind gut ausgestattet und können diese Aufgabe alleine bewältigen."

Corona-App lehnt Doskozil ab

Auf vehementen Widerstand durch den Landeshauptmann stößt auch die "Stopp Corona"-App des Roten Kreuzes. "Damit wird die Tür geöffnet, dass in Zukunft Verhaltensweisen und der Zugang , etwa zu Konzerten, davon abhängig gemacht wird, dass man diese App installiert hat", warnt Doskozil. Er sieht darin den "ersten Schritt zu einem Überwachungsstaat". Ein solches Instrument sei "nicht verhältnismäßig".

Friedhofsvergleich bei Neusiedler-See-Debatte

Als "nicht verhältnismäßig" hätten Kritiker auch die Sperre des Neusiedler Sees bezeichnet, merkt Schnabl an. Immerhin würde das Seeufer genug Platz bieten, so die Argumentation. Doskozil kehrt diese um: "Dann ist auch die Beschränkung auf nur vier Teilnehmer bei einem Begräbnis unverhältnismäßig, auf einem Friedhof ist auch genug Platz, um den Sicherheitsabstand einzuhalten." Er habe sich bei dem Betretungsverbot an den Vorgaben der Bundesregierung orientiert. Nachsatz: "Ich bin ein Fan klarer Vorgaben."

"Befragung initiert, die niemand wollte"

Der morgige Mittwoch wird für die Sozialdemokraten zum Tag der Entscheidung. Doskozil könnte eine schlaflose Nacht bevorstehen, denn auch er selbst wisse noch nicht wie die Mitgliederbefragung ausgegangen ist. Erst um 11 Uhr wird das Ergebnis dem Parteivorstand und später der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Erst dann werden wir erfahren, ob Pamela Rendi-Wagner weiter fest im Sattel sitzt, oder abgewählt wurde.

Eine Prognose um möglichen Ergebnis und konkrete Zahlen will sich Doskozil – anders als sein Wiener Amtskollege Michael Ludwig – aber nicht festlegen. Trotzdem ist er zuversichtlich: "Ich weiß nicht, was morgen passieren wird. [...] Ich gehe aber davon aus, dass heute und morgen, unsere Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner heißt." Allerdings merkte der Spitzenfunktionär auch an, dass die Parteichefin eine Umfrage initiiert habe, "die in der Sozialdemokratie niemand wollte." Wie auch immer das Ergebnis ausfallen werde, Rendi-Wagner werde dieses akzeptieren.

Mindestlohn statt 30-Stunden-Woche

Dabei ist er mit der aktuellen Parteilinie und vor allem der geforderten 30-Stunden-Woche nicht einverstanden. Doskozil würde lieber eine Anhebung des Mindestlohns in Österreich umgesetzt sehen. Im Burgenland ist dieser für Landesbedienstete schon Realität. 2.400 Euro brutto gibt es hier beispielsweise für Reinigungskräfte – ein Erfolgskonzept, wie der Landeshauptmann bekräftigt. "Wir haben sogar Bewerbungen aus Tirol für Posten als Reinigungskraft erhalten. Da sieht man ja, wo wir hingekommen sind. Das ist ein komplett falscher Weg", ärgert sich Doskozil. Die Frage müsse auch in Zukunft lauten: Wie können die Österreicher von ihrem Einkommen überleben?

"Macht's eure Rücklagen locker!"

Auch die Wirtschaft brauche Unterstützung, "keine Frage", so der Sozialdemokrat weiter: "Aber wenn man etwas gibt, muss man etwas zurückverlangen". So könne er sich vorstellen, dass die Banken, die vor einigen Jahren mit staatlichen Geldern in Milliardenhöhe gerettet werden mussten, nun ihren Teil beitragen könnten. Allerdings sieht er da bei der derzeitigen Regierung wenig Chancen. Bei dem Thema dreht er trotz heiserer Stimmer noch einmal auf: "Glauben Sie, dass ein Bundeskanzler Kurz zu den Banken und Versicherungen geht und sagt: 'Macht's eure Rücklagen locker'?"

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