Politik

Harte Kritik an türkis-blauer Pensionserhöhung

Der Nationalrat beschloss am Donnerstag die Pensionserhöhung. Die Opposition läuft Sturm, im Parlament gasb es heftige Diskussionen.

Heute Redaktion
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Vizekanzler Strache und Bundeskanzker Sebastian Kurz
Vizekanzler Strache und Bundeskanzker Sebastian Kurz
Bild: picturedesk.com

Für kleine Renten gibt es künftig 2,6 % mehr, ab 1.500 Euro 2 % und bei Höchstpensionen plus 6 Euro.

Die Abgeordneten wollen damit dem Umstand Rechnung tragen, dass Personen mit niedrigem Einkommen proportional stärker von steigenden Lebensmittelpreisen und Wohnungskosten betroffen sind als Gutverdiener. Insgesamt sollen 1,33 Millionen Pensionisten von der sozialen Staffelung profitieren. SPÖ und JETZT sind dennoch unzufrieden, ihnen geht die Erhöhung von Kleinstpensionen nicht weit genug. Auch die NEOS vermissen soziale Treffsicherheit.

Ein Abänderungsantrag der NEOS blieb in der Minderheit. Auch ein Entschließungsantrag der SPÖ, der auf Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommenssituation und der Alterssicherung von Frauen abzielt, fand keine Mehrheit.

Pensionen werden 2019 sozial gestaffelt erhöht

Im Detail sieht das Pensionsanpassungsgesetz 2019 vor: Pensionen bis 1.115 Euro um 2,6%, und damit um 0,6 Prozentpunkte über der Inflationsrate zu erhöhen. Das gilt auch für die Ausgleichszulagenrichtsätze. Danach sinkt der Anpassungsfaktor bis zu einer Pension von 1.500 € linear auf 2% ab. Wer zwischen 1.500 € und 3.402 € bezieht, erhält exakt die Inflation abgegolten. Für Ruhebezüge über der ASVG-Höchstpension ist ein Pauschalbetrag von 68 € vorgesehen. Die Anpassung von 2,6% wird darüber hinaus auch für Opferrenten, etwa nach dem Opferfürsorgegesetz, dem Verbrechensopfergesetz und dem Heimopferrentengesetz, wirksam.

Zufrieden mit der Pensionserhöhung zeigten sich ÖVP und FPÖ. Die Pensionserhöhung von 2,6% sei nominell gesehen die höchste der letzten Jahre, sagte ÖVP-Klubobmann Wöginger. Damit werde bestätigt, "dass uns die ältere Generation sehr am Herzen liegt". Eigentlich würde man allen Forderungen entsprechen, ergänzte Michael Hammer (ÖVP): Durch die Erhöhung über der Inflationsrate stärke man die Kaufkraft, die Erhöhung sei sozial gestaffelt und gleichzeitig sorge man dafür, dass das Pensionssystem finanzierbar bleibe. Wer ein Leben lang gearbeitet hat, müsse auch im Alter abgesichert sein, sprach Christoph Zarits (ÖVP) von einem richtigen Zeichen.

Die Forderung des SPÖ-Pensionistenverbandes nach einer Pensionsanpassung von 4% werteten sowohl Wöginger als auch FPÖ-Seniorensprecher Werner Neubauer als "unredlich". Die Kritik der SPÖ sei "reiner Theaterdonner und sonst nichts" kommentierte Neubauer. Sein Fraktionskollege Peter Wurm nannte die Diskussion "abenteuerlich".

SPÖ sieht "schwarzen Tag" für die PensionistInnen

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch sprach hingegen von einem "schwarzen Tag für die Pensionistinnen und Pensionisten". Angesichts der aktuellen Hochkonjunktur wäre seiner Meinung nach eine höhere Pensionsanpassung möglich gewesen. Die vorgesehene Anpassung sei der älteren Generation gegenüber jedenfalls "unwürdig". Seine Parteikollegin Gabriele Heinisch-Hosek hält die Forderung nach einem Plus von 4% für durchaus gerechtfertigt.

Muchitsch rechnete vor, dass eine Erhöhung um 2,6% für BezieherInnen einer Pension von 1.115 € ein Plus von 29 € brutto und von 21 € netto bedeute. Bei Preissteigerungen von 3,9% für den wöchentlichen Einkauf und von 4,4% für den täglichen Einkauf sei das ein enormer Kaufkraftverlust. Dem schloss sich auch Dietmar Keck (SPÖ) an, der darauf verwies, dass die 0,6-prozentige Erhöhung über der Inflationsrate den PensionistInnen umgerechnet 21 Cent pro Tag bringe. "Das ist eine halbe Semmel am Tag." Muchitsch zog auch einen Vergleich mit dem Lohnabschluss der Metaller, wo das monatliche Plus in der untersten Lohngruppe 80 € beträgt.

"Hier wird ein vorsätzlicher Verfassungsbruch gemacht", urteilte SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger unter lautem Zwischenrufen aus den Reihen der ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten. Eine derartige Änderung würde eine Gesamt-Änderung der Verfassung bedeuten und dafür brauche es nicht nur eine Zwei-Drittel-Mehrheit, sondern sogar eine Volksabstimmung, so Stöger. "Solche Schritte, die sie da machen, haben zur Auflösung des Parlaments geführt", sagte Stöger.

Die SPÖ drängte außerdem auf Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommenssituation und der Alterssicherung von Frauen. Neben einem Ausgleichszulagenrichtsatz von 1.200 € für Personen mit 40 Versicherungsjahren fordern Abgeordnete Heinisch-Hosek und ihre FraktionskollegInnen eine Abgeltung von Mehrarbeitszuschlägen nach dem Muster von Überstundenzuschlägen sowie eine volle Anrechnung der gesetzlichen Karenzzeiten nach dem Mutterschutzgesetz auf alle Rechtsansprüche, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten. Untermauert wurden die Forderungen mit einem von Markus Vogl eingebrachten Entschließungsantrag, der bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit blieb.

NEOS vermissen Regelungen für "Luxuspensionen"

Auch nach Meinung von Gerald Loacker ist die Pensionsanpassung nicht sozial treffsicher. Das zeige allein schon der Umstand, dass 1,33 Mio. Personen eine Pensionserhöhung über der Inflationsrate erhalten werden, sagte er. Damit sei klar, dass nicht nur bedürftige Personen davon profitieren, dass die gesetzliche Automatik der Inflationsanpassung von Pensionen wieder einmal ausgehebelt werde.

Loacker vermisst insbesondere eine Regelung für "Luxuspensionen". Da bei der Berechnung der Gesamtpension nicht alle Pensionen zusammengerechnet werden, würden etwa auch BezieherInnen hoher Sonderpensionen oder hoher ausländischer Renten für ihre niedrige gesetzliche Zweitpension eine überdurchschnittliche Pensionserhöhung erhalten, gab er zu bedenken. Ein von ihm eingebrachter Abänderungsantrag wurde jedoch – wie auch schon im Sozialausschuss – abgelehnt.

(red)