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Heikle Mission: Bures leitet ab heute BVT-Ausschuss

Heute Redaktion
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Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures
Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures
Bild: picturedesk.com/APA

Heute startet der U-Ausschuss zur Affäre ums Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. "Heute" sprach mit der Vorsitzenden Doris Bures.

18 Sitzungstage, 33 Zeugen, 138.000 Seiten Akten, davon viele von „eingeschränkt" bis „streng geheim" klassifiziert: Heute um 10 Uhr beginnt die parlamentarische Aufarbeitung der Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämmpfung (BVT). Gleich drei BVT-Beamte werden befragt, müssen erklären, wie die umstrittenen Razzien im BVT abgelaufen sind.

Den Ausschuss leitet die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SP). Das ist unüblich, kommt normalerweise doch der Erste Präsident zum Zug. Aber Wolfgang Sobotka (VP) war früher als Innenminister selbst fürs BVT zuständig, gab den Vorsitz daher an Bures ab.

„Heute" sprach mit Bures, wie sie ihre Rolle sieht:

"Heute": Heute beginnt der Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen im BVT, Sie leiten ihn. Wie legen Sie die Leitung an?

Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures: "Meine Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass der Untersuchungsausschuss seinen Aufklärungsauftrag im Rahmen der gesetzlichen Spielregeln erfüllen kann. Ich werde – wie auch in der Vergangenheit – den Vorsitz objektiv führen und mich bemühen, soweit wie möglich Einvernehmen mit allen Parteien, die im Parlament vertreten sind, herbeizuführen."

Was macht den U-Ausschuss zum BVT aus?

Bures: "Die Causa BVT ist thematisch klarer umrissen und eingeschränkter als vorangegangene U-Ausschüsse wie etwa jener zur Hypo. Allerdings ist der Fall BVT sehr heikel, es geht schließlich um Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Diese Einrichtung darf kein politischer Spielball werden. Man muss außer Streit stellen, dass sie die Aufgaben, die sie hat, auch zu 100 Prozent erfüllen kann."



"Streng geheim"

Von den 138.000 Seiten Unterlagen sind viele klassifiziert. Wie schwierig sind diese Geheimhaltungsstufen für die Durchführung eines U-Ausschusses?

Bures: "Die Klassifizierung der Dokumente, die dem Parlament zur Verfügung gestellt werden, legt grundsätzlich immer die Behörde fest, die uns diese Dokumente zur Verfügung stellt. Im Fall BVT geht es hauptsächlich um das Innen- und das Justizministerium. Sie sind dazu verpflichtet, uns alle Unterlagen zukommen zu lassen. Sie können ohne speziellen Schutz oder in einer von vier verschiedenen Klassifizierungsstufen übermittelt werden: eingeschränkt, vertraulich, geheim und streng geheim. Das Parlament hat dann die Möglichkeit zu sagen: ,Wir teilen diese Einschätzung, sprich die Klassifizierung, nicht.' Teilweise hat das bereits dazu geführt, dass Unterlagen herabgestuft wurden.

Werden höher klassifizierte Unterlagen verwendet, ist die Öffentlichkeit nach dem Gesetz automatisch auszuschließen.

Mein Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die Arbeit des Ausschusses dennoch soweit wie möglich transparent ist. Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht zu erfahren, welche möglichen Antworten der Untersuchungsausschuss auf die im Raum stehende Fragen findet. Nur im Ausnahmefall und nach eingehender Prüfung soll die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden."



Wo zum Beispiel?

Bures: "Etwa, wenn es um den Schutz der Identität geht. Bei einem verdeckten Ermittler des Verfassungsschutzes muss beispielsweise sichergestellt sein, dass seine Identität geschützt bleibt. Aber, das muss immer im Einzelfall geklärt werden. Und das werde ich in Abstimmung mit dem Verfahrensrichter tun. Es geht darum, zu entscheiden, ob konkret überwiegende schutzwürdige Interessen vorhanden sind. Ansonsten gilt: Das öffentliche Interesse an der Aufklärungsarbeit geht vor."



Rechnen Sie damit, dass noch Unterlagen nachgeliefert werden? Auch im laufenden U-Ausschuss?

Bures: "Zum einen erfolgt das laufend. Die Opposition hat bekanntlich bereits beschlossen, dass aus ihrer Sicht Akten fehlen. Der Verfassungsgerichtshof wurde ersucht zu prüfen, ob das Innenministerium weitere Akten nachliefern muss. Die Entscheidung ist noch ausständig. Natürlich können auch im Zuge der Befragungen noch Dokumente hinzukommen. Das halte ich in diesem Untersuchungsausschuss für sehr wahrscheinlich."



"Erfolg, wenn alle offenen Fragen geklärt sind"

Was ist Ihre Erwartungshaltung an den U-Ausschuss? Lässt sich überhaupt aufdecken, was im Geheimen war?

Bures: "Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses haben auch zu geheimen Unterlagen und Dokumenten Zugang. Der Ausschuss ist dann ein Erfolg, wenn alle offenen Fragen, die im Raum stehen – von der Hausdurchsuchung bis zu den Vorgängen im BVT selbst – geklärt sind und der Verfassungsschutz wieder seine Aufgaben wahrnehmen kann."



Rechnen Sie mit gesetzlichen Änderungen nach diesem U-Ausschuss?

Bures: "Das ist heute nicht zu beantworten. Im Zuge des Hypo-Untersuchungsausschusses hat es etwa Änderungen in der Bankenaufsicht gegeben. Ob es nach dem BVT-Untersuchungsausschuss etwa wenn es um das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheits-Polizei-Gesetz oder den Datenschutz geht, Änderungen geben wird, ist heute ungewiss."



Der Ausschuss ist bis 18. September 2019 anberaumt. Wird die Zeit ausreichen?

Bures: "Das ist noch nicht zu beantworten. Diesmal gibt es keinen schier unendlichen Aktenberg wie bei der Hypo zu bearbeiten. Es können natürlich zusätzliche Aspekte zum Vorschein kommen, aber dies zu beurteilen ist zu früh."



Erwarten Sie ein parteipolitisches Hick-Hack innerhalb der Opposition, die den Ausschuss gemeinsam einberufen hat?

Bures: "Ich habe mich immer darum bemüht, dass alle im Parlament vertretenen Parteien an Aufklärung beteiligt sind. Das ist unser gemeinsames parlamentarisches Instrument. Das Parlament hat die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren. Und zwar egal, welche Partei sich gerade in der Regierung befindet. Es geht um Aufklärung und nicht um einen Konflikt zwischen den Fraktionen der Opposition und der Regierung. Ich hoffe auch, dass es nicht zu Auseinandersetzungen zwischen dem Justizministerium und dem Innenministerium kommt. Oder zwischen dem jetzigen Innenminister und seinem Vorgänger."



"Wichtig, sich diese Zeit zu nehmen"

Wie viel von Ihrer Arbeitszeit wird eigentlich vom U-Ausschuss in Anspruch genommen? Können Sie das so „nebenbei" machen?

Bures: "Eigentlich sieht die Verfahrensordnung vor, dass der Nationalratspräsident den Ausschussvorsitz führt. Nachdem Präsident Wolfgang Sobotka aber selber bis vor wenigen Monaten für das BVT zuständig war (als VP-Innenminister, Anm.), hat er mich darum gebeten, den Vorsitz zu führen. Es sind natürlich viele Sitzungstage, viele Runden mit allen Fraktionen, Fraktionsführertreffen und viele Gespräche mit dem Verfahrensrichter. Ja, diese Aufgabe nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, aber: der Untersuchungsausschuss ist das bedeutendste Kontrollorgan des Parlaments, deshalb halte ich es für sehr wichtig, sich diese Zeit zu nehmen." (uha)