Politik

Kickl glaubt, dass viele Ibiza-Videos existieren

In einem Interview schießt Herbert Kickl scharf gegen die ÖVP. Er wittert zahlreiche Verschwörungen in Österreich.

Heute Redaktion
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"Offensichtlich hat er die Wucht der Sprengladung unterschätzt." Die Formulierung benutzt Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in einem Video-Interview mit der "Presse" gleich zwei Mal.

Das erste Mal bezieht er sich auf Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Dieser habe "das Innenministerium aus dem blauen Bereich heraussprengen" wollen – und dabei offensichtlich zu viel Dynamit erwischt.

Das zweite Mal geht es um mehr, um die Hintermänner des Ibiza-Videos. Zwar sei weiterhin unklar, wer das Video bezahlt habe – wer der Auftraggeber sei und wer es nun zum Einsatz gebracht habe, so Kickl. Man müsse sich aber fragen, wem ein solches Video nütze. Und da komme er zum Schluss: "Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist immer noch die Gerade."

Kickl sieht Muster hinter Polit-Rücktritten

Für ihn sei klar, dass das Video vor allem der ÖVP genützt habe. Auf den Einwand des "Presse"-Chefredakteurs Rainer Nowak, die Ibiza-Affäre habe ja auch die ÖVP-Regierung zu Fall gebracht, wiederholt Kickl: "Es kann ja manchmal sein, dass eine Sprengladung etwas zu stark dimensioniert ist." Jedenfalls sei nach dem Zusammenbruch der Regierung verdächtig schnell eine Expertenregierung aus dem Hut gezaubert worden, dies rieche nach einem "Plan B".

Es ist nicht die einzige Verschwörungstheorie, die Kickl im halbstündigen Gespräch anklingen lässt. So vermutet der Ex-Innenminister, dass mehr als nur ein kompromittierendes Video à la Ibiza hergestellt wurde. So fragt er den Journalisten: "Herr Nowak, können Sie ausschließen, dass andere Leute in dieser Republik vielleicht mit ähnlichen Methoden bearbeitet wurden, erpresst wurden, unter Druck gesetzt wurden?"

Und verweist vielsagend auf andere Polit-Rücktritte in der jüngeren Vergangenheit. "Es gibt Leute, die plötzlich und überfallsartig die Politik verlassen haben, die ihnen doch immer alles bedeutet hat." Wer diesen Ereignissen nicht nachgehe, dem fehle die nötige Sensibilität. Auch hier erwähnt er Kurz namentlich.

"Was ist in dem Land denn eigentlich nicht schwarz?"

Aber auch abseits der Ibiza-Thematik teilt Kickl kräftig aus. So frage er sich langsam: "Was ist in dem Land denn eigentlich nicht schwarz?" Wenn sich das Innenministerium 17 Jahre lang in denselben Händen befindet, dann sei klar, dass sich Strukturen entwickelten, die "der Demokratie abträglich" seien, dass da "Machtmissbrauch" beginne. Er verweist etwa auf mehrere Fonds, bei denen seiner Meinung nach nicht alles mit rechten Dingen zu- und hergegangen ist.

Der BVT-Skandal schließlich sei in Wahrheit "ein Kriminalfall, nichts anderes". Allerdings habe eine "ideologisch getriebene Opposition" jede Woche versucht, dem Fall eine neue Wendung zu geben, "unterstützt von ein paar willfährigen Journalisten".

Als Minister ungeeignet?

Interviewer Nowak verarbeitet das Gespräch in einem Leitartikel mit dem Titel: "Die Kickl-Verschwörung auf Netflix?"

"Der Robespierre der FPÖ wittert überall Verschwörungen und wäre als Korruptionsstaatsanwalt eine bessere Wahl", bilanziert der "Presse"-Chefredakteur nach dem Gespräch. Und weiter: "Man muss nicht Alexander Van der Bellen heißen, um der tiefen Überzeugung zu sein, dass dieser Mann besser kein Ministerium führen sollte." Die anderen Parteien ruft er zu weniger Emotion und mehr Sachlichkeit auf: Es gehe um "die künftige Regierung unseres Landes, nicht um eine Netflix-Serie".

Apropos: Auch wenn die ÖVP eine Neuauflage der schwarz-blauen Koalition mit Kickl explizit ausschließt, hat der Ex-Innenminister seine Comeback-Pläne noch nicht begraben: "Meine Güte, Sebastian Kurz hat schon des Öfteren seine Meinung diametral geändert", so Kickl. Es würde ihn nicht wundern, wenn sich dies bei den Ausschließungsgründen gegenüber seiner Person genauso verhielte.

Hier begründete Ex-Kanzler Kurz, warum Kickl nach dem Ibiza-Skandal gehen musste:

(jbu)